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Event Reports

Medienlandschaft in den USA und Deutschland: transatlantische Gemeinsamkeiten und Unterschiede

by Sabine Murphy

Dialogprogramm der KAS für Journalistenschüler in Washington

Amerikanische Berichterstattung und Politik – was ist der große Unterschied zwischen Deutschland und den USA? In Zusammenarbeit mit der RTL-Journalistenschule hat die Konrad-Adenauer-Stiftung vom 29. März bis zum 1. April, 2016 ein Programm für deutsche Nachwuchsjournalisten in Washington organisiert. Besuche bei Think Tanks, Regierungsvertretern und Gespräche mit Reportern gaben den Jungjournalisten die Gelegenheit Antworten zu aktuellen Themen aus amerikanischer Perspektive zu sammeln. Der US-Wahlkampf und die Flüchtlingskrise in Europa standen dabei im Vordergrund.

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Diskussionen mit Journalisten gaben den deutschen Besuchern die Gelegenheit sich nicht nur über den Stil der amerikanischen Berichterstattung im Gegensatz zum deutschen Journalismus zu informieren, sondern auch Neues über Datenjournalismus und Neue Medien zu lernen.

Der amerikanische Wahlkampf war das Hauptthema im Gespräch mit einer Reporterin des US-Fernsehsender CBS. Diese hatte die Kandidatin Hillary Clinton in den letzten zwei Jahren begleitet und berichtet jetzt für CBS online über die Präsidentschaftswahl. Die Jungjournalisten erfuhren, dass vermeintlich kleine Details oft einen entscheidenden Unterschied in politischer Berichterstattung machen können: in den USA darf jede Aussage veröffentlicht werden, während in Deutschland Zitate erst freigegeben werden müssten. Doch der größte Unterschied zwischen Wahlkämpfen in den USA und Deutschland sei „Geld“. Werbespots in 50 Staaten seien sehr teuer und die Wahlkampagne dauere viel länger. Die Journalistin schilderte das Leben eines politischen Reporters als „insular“. Wenn man mit einem Kandidaten unterwegs sei, sei man doch sehr abgeschirmt vom Rest der Welt und kleine Details werden oft zu großen Ereignissen gemacht. Obwohl die Kandidaten ständig vom Pressekorps begleitet werden, seien intime „off-the-record“ Gespräche selten, nicht zu vergleichen mit dem Zugang, den Journalisten vor mehreren Jahrzehnten genossen.

Spätestens seit der Watergate Affäre in den Siebziger Jahren, sind die USA für investigativen Journalismus bekannt. Der Film „Spotlight“, der im letzten Jahr einen Oscar gewann, zeigte die investigative Arbeit eines Reporter-Teams vom Boston Globe. Der Experte Dave Kaplan arbeitete selbst jahrzehntelang für diese renommierte Bostoner Tageszeitung und leitet jetzt das GIJN, das non-profit Global Investigative Journalism Network. Traditionelle Zeitungen sind vom Rückgang der Werbeeinnahmen hart getroffen und mussten ihre Mitarbeiterzahlen drastisch zurückschrauben. Auch der Boston Globe wurde von den Einsparungen nicht verschont. Neue Medien wie Huffington Post und Buzz Feed seien heute erfolgreich, so der Veteran. Die Jungjournalisten hörten mit Interesse, dass trotz dieser Neuorientierung der Bedarf an solidem, tiefgehendem Journalismus nach wie vor groß sei. Die Ausbildung guter Reporter müsse heutzutage neue Technologien wie 360 Grad Videos und Datenanalysen („Data Journalism“ ) beinhalten, denn diese seien aus dem digitalen Zeitalter nicht mehr wegzudenken. Die weltweite Vernetzung von Journalisten mit ihren Quellen revolutioniere die heutige Berichterstattung. Das GIJN gibt Journalisten in aller Welt Hilfestellung mit Netzwerken, vor allem in Ländern, wo Reporter nur mit Schwierigkeiten berichten können.

Das Online Magazin Politico ist ein erfolgreiches Beispiel des digitalen Journalismus der neuen Generation. Ein Redakteur der Europa-Abteilung gab den deutschen Journalisten einen Überblick über die Entwicklung des Magazins seit der Gründung 2007. Die Gruppe hörte mit großem Interesse, dass Politicos Büro in Brüssel intensiv über europäische Politik berichtet. Dort würden junge, engagierte Reporter gesucht, so der Redakteur. Politicos Washington Reporter hätten im Gegensatz zu ausländischen Korrespondenten einen guten Draht zu den Entscheidungsträgern in der Hauptstadt. In der Stadt lese jeder Politico, deshalb sei es für die Politiker von Vorteil mit den Reportern zu sprechen. Die Zielgruppe des Magazins seien alle politisch Interessierten, die stündlich auf dem neuesten Stand sein wollen.

Diskussionen mit deutschen Auslandskorrespondenten waren für die Nachwuchsjournalisten besonders wichtig. Für viele ist der Beruf des Auslandskorrespondenten eine Traumkarriere. Print- und TV Korrespondenten, die aus Washington berichten, gaben interessante Einblicke in ihre täglichen Herausforderungen. Die Korrespondenten zeigten großes Interesse an der Meinung der Jungjournalisten, wie ihre Arbeit in Deutschland gesehen werde. Die Arbeit hier in den USA sei deutlich anders als die eines politischen Reporters in Berlin. Korrespondenten blieben im Durchschnitt nur 3 Jahre und es sei nicht einfach in dieser kurzen Zeit Netzwerke zu bilden. Kontakte müssten über Jahre aufgebaut und gepflegt werden. Und US-Politiker in der Stadt hätten nur wenig zu gewinnen von Gesprächen mit ausländischen Journalisten. Im Konkurrenzkampf mit US-Journalisten für Interviews würden stets die einheimischen Reporter gewinnen.

Beim Gespräch mit Mitarbeitern der Presseabteilung der deutschen Botschaft hatte die Gruppe die Gelegenheit mehr über die Arbeit eines Diplomaten zu lernen. Die Pressestelle nutze soziale Medien in starkem Ausmaß und sei prominent auf Twitter und Facebook vertreten, so eine Mitarbeiterin. Während des Besuchs stellte die Pressestelle der Botschaft ein Bild der Jungjournalisten auf Twitter ein. Als eine der Aufgaben gab die Expertin an, deutsche Regierungspolitik in den USA bekannt zu machen.

Die Flüchtlingskrise in Europa war das Thema einer Diskussion beim Migration Policy Institute. Die Journalisten hatten die Chance, Experten zur Immigrationspolitik der USA zu befragen. Wie geht ein Reporter mit emotionalen Themen wie Flucht und Vertreibung um? Wie bleibt ein Reporter neutral und berichtet fair und ausgewogen? Werden manche Aspekte von der Presse unter den Tisch gekehrt während andere hervorgehoben werden? Diesen Fragen gingen die Jungjournalisten im Gespräch mit Experten nach. Sie teilten ihre eigenen Erfahrungen in der Berichterstattung zur Flüchtlingskrise und lernten mehr über die Arbeit in einem amerikanischen Think Tank.Eine der Aufgaben des MPI sei es Mythen über weltweite Migration aufzuklären und Daten zu analysieren, so die Expertin.

Bei der Vorbereitung und Ausführung des Programmes war die Konrad-Adenauer-Stiftung ein aktiver Partner wobei die Netzwerke der KAS in der US-Hauptstadt eine wichtige Rolle spielten. Dadurch hatten die Nachwuchsjournalisten die Gelegenheit, Einblicke in die Arbeit der US-Medien, Think Tanks und Regierungsstellen wie das State Department zu bekommen und so neue Perspektiven zu sammeln für ihre weitere Berufsentwicklung.

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