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NATO after Afghanistan: What to Expect in the Next Five Years

EINE VORTRAGS- UND DISKUSSIONSVERANSTALTUNG MIT DR. KARL-HEINZ KAMP AM 18.04.2013

Wie sieht die Zukunft der NATO nach dem Einsatz in Afghanistan aus? Zu dieser Frage organisierte die Konrad-Adenauer-Stiftung in Washington D.C. am 18. April 2013 eine Vortrags- und Diskussionsveranstaltung. NATO Experte Dr. Karl-Heinz Kamp erläuterte in einem Vortrag fünf wesentliche Punkte („game changer“), welche die Zukunft der Allianz bestimmen werden.

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Kamps umfassende Expertise gründet sich u.a. auf seine Tätigkeit als Forschungsdirektor des NATO Defense College in Rom und als Advisor der NATO „Group of Experts“ zum strategischen Konzept der NATO. Zuvor war er u.a. als Leiter der Abteilung Außen- und Sicherheitspolitik im Bereich Forschung und Beratung der Konrad-Adenauer-Stiftung und im Verteidigungsministerium tätig.

An der Veranstaltung im Konferenzraum der KAS nahmen über zwanzig Sicherheitsexperten, darunter aus sicherheitspolitischen Think Tanks, Diplomaten sowie aus dem Pentagon teil.

1. Afghanistan

Der nunmehr 12-Jahre währende Afghanistaneinsatz ist die längste von Bündnispartnern unternommene Militäroperation der Gegenwart. Der Einsatz hebe wesentliche Folgen für das politische und militärische Denken innerhalb der NATO. So stehe man seit Afghanistan der Kriseninterventionsfunktion der NATO skeptischer gegenüber. Dies zeige sich etwa an der Zurückhaltung gegenüber einem Einsatz in Syrien. Ferner hätte Afghanistan zu der Erkenntnis geführt, dass eine enge Zusammenarbeit mit Nicht-NATO-Staaten stetig wichtiger werde.

Der Einsatz in Afghanistan sei laut Kamp jedoch als Erfolg in dreifacher Hinsicht zu bewerten. So sei das Primärziel erfüllt worden, al-Qaida zu vertreiben und strategischen Terrorismus zu schwächen. Überdies könne auf zahlreiche soziale, ökonomische und infrastrukturelle Erfolge zurückgeblickt werden. Drittens sei der Einsatz ein eindrucksvolles Beispiel von erfolgreicher Zusammenarbeit zwischen den Bündnispartnern, die einige Beobachter vor 2001 so nicht erwartet hätten. Dies hätte also die Wahrnehmung der NATO im Ganzen verbessert.

2. Abnahme von Terror als strategische Bedrohung

Wenn, wie in Afghanistan gelungen, terroristische Bedrohungen auf strategischer Ebene beseitigt worden seien und sie dann auf einem niedrigen, latenten Niveau fortbestünden, müsse man die Kosten-Nutzen-Bilanz vor dieser Veränderung neu berechnen, erklärte Kamp.

3. Wirtschaftliche Krisenzeiten

Aufgrund der anhaltenden ökonomischen Schwierigkeiten der Bündnisstaaten sei in sämtlichen NATO-Staaten eine Kürzung des Verteidigungsetats zu erwarten. Von Frankreich, von Kamp als „tickende Bombe“ bezeichnet, erwarte man gar drastische Einsparungen. Das Ende des Afghanistaneinsatzes werde gleichwohl zu einem Rückgang der operativen Kosten führen.

4. Energierevolution

Die Fortschritte bei der Gewinnung von Schiefergas sowie die verstärkte Nutzung alternativer Energiequellen ließen die NATO-Staaten zunehmend energieunabhängiger werden. Dies habe zur Folge, dass einerseits die Bedeutung des Nahen Ostens und Russlands unter diesem Aspekt auf lange Sicht schwinden würde. Der Nahe Osten bliebe dennoch u.a. wegen Israel und eines nach Atomwaffen greifenden Irans weiterhin politisch relevant.

5. „Burden Sharing“

Nach Ansicht von Kamp bedürfe die Diskussion um „burden sharing“, also der fairen Verteilung der Lasten, eine neue Richtung. Eine Konzentration auf Verteidigungsausgaben von zwei Prozent gemessen am BIP greift zu kurz. Vielmehr warb Kamp für ein dynamisches Verständnis von „burden sharing“. Sowohl die Europäer als auch die USA profitieren vom Bündnis. So verleihe auf der einen Seite die NATO den US-Einsätzen eine gewisse Legitimität. Umgekehrt profitiere Europa von dem direkten Schutz durch die USA und dem so gesicherten Zugang zu den Globalen Öffentlichen Gütern. Europa vermöge logistische Zentren bereitstellen, jedoch nicht, eine militärische Führungsrolle einzunehmen. Die Auseinandersetzungen am Balkan Ende der Neunziger hätten gezeigt, dass selbst bei NATO Einsätzen in Europa US-Führung essentiell sei.

Diskussion:

Im Rahmen der Diskussion wurden die genannten Punkte vertieft und weitere Themen erörtert.

So wurde herausgestellt, dass in Zukunft neue Formen der Zusammenarbeit immer wichtiger würden, darunter „Partnerschaften“. Auch China habe Interesse, mit der NATO zusammenzuarbeiten. Es gab erste Treffen auf höchster Ebene. Jedoch stünden die wiederkehrenden chinesischen Cyberattacken dieser Annäherung im Wege.

Ferner wurde die Stellung und Zukunft Europas im Rahmen des Bündnisses beleuchtet. Hier müsste über eine klarere Rollenverteilung der einzelnen europäischen Staaten nachgedacht werden.

In diesem Zusammenhang kam Kamp auch auf das aktuell unter dem Schlagwort „smart defense“ diskutierte Strategiekonzept zu sprechen.

Dieses beruht auf der Idee, Einsparung von Mitteln durch die Bündelung von Fähigkeiten zu erzielen. Kamp wies jedoch darauf hin, dass mit insgesamt weniger Mitteln auch weniger zu erreichen sei, nicht mehr.

Zum anderen fehle es innerhalb des Bündnisses am nötigen Vertrauen, um „smart defense“ effektiv zu realisieren. Weil die Bündnisstaaten jederzeit eine Möglichkeit zum „opt out“ hätten, könnten sie sich im Ernstfall nicht aufeinander verlassen. So habe insbesondere die Libyen-Entscheidung Deutschlands in den USA für Irritationen gesorgt.

In Bezug auf Afrika erwartet man, dass sich der Wettbewerb um natürliche Ressourcen zwischen China und den USA verstärken werde. Afrika sei daher immer ein potentielles Betätigungsfeld der NATO. Hier sei Europa besonders gefragt. Dies nicht zuletzt aufgrund der geographischen Nähe, wirtschaftlicher Interessen und zunehmender Migration aus Afrika nach Europa.

Zuletzt entflammte noch einmal eine kontroverse Diskussion hinsichtlich eines NATO-Einsatzes in Syrien. So wurde von einem Teilnehmer vorgetragen, dass das bedeutendste Militärbündnis irrelevant sei, wenn es nicht in einem Bürgerkrieg wie in Syrien von Nutzen wäre. Kamp erwiderte darauf, dass Syrien nicht Aufgabe der NATO sei und man kein Interesse habe, in einen Bürgerkrieg verwickelt zu werden. Zum einen verfolgten die Mitgliedsstaaten unterschiedliche Interessen. Ferner sei ohne Zynismus das statistische Argument zu bedenken, dass Bürgerkriege in Fällen militärischer Intervention länger dauerten also ohne. Und schließlich liege es nicht eindeutig auf der Hand, welche Bürgerkriegspartei militärisch zu unterstützen sei.

Die Veranstaltung hat damit eine Kernfrage des zukünftigen transatlantischen Verhältnisses angesprochen. Der Dialog hat die entscheidenden Herausforderungen offen gelegt, aber auch Ansätze für die zukünftige Zusammenarbeit aufgezeigt.

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