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Notas de acontecimientos

„Schafft Cottbus das?“

Diskussion zur Flüchtlingspolitik

Über die Aufnahme und Integration von Flüchtlingen und Migranten diskutierten in Cottbus der Oberbürgermeister Holger Kelch, Dr. Klaus-Dieter Schulze MdB sowie Simone Wendler von der Lausitzer Rundschau mit über 100 Gästen.

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Nach der Begrüßung und einer Schweigeminute für die Opfer des Zugunglücks in Bayern, eröffnete die Kommunikationsberaterin Britta Sophie Weck die Diskussion mit der Feststellung, dass 81 Prozent der Deutschen laut Umfragen nicht der Ansicht seien, die Bundesregierung habe die Lage im Griff. „Die Stimmung kippt“, zumal 2016 neuerlich mit einer Million Anträgen auf Asyl gerechnet werde.

Dr. Schulze verwies darauf, dass es eine derart angespannte Situation noch nie gegeben habe. Es seien viele Maßnahmen und auch Entscheidungen nötig, um die Probleme zu lösen. An erster Stelle gehe es darum, dort zu helfen, wo die Probleme entstünden, also im Nahen Osten und in Syrien. Die inzwischen zugesagten Milliarden für die weitere Versorgung der Flüchtlingslager seien deshalb ein guter Schritt in die richtige Richtung. Ohne die Europäische Union, allerdings, sei eine Bewältigung der Flüchtlingskrise nicht zu schaffen. Auch der Gesetzgeber müsse reagieren, möge das auch Umsetzungsschwierigkeiten mit sich bringen. Vor allem sei eine offene Diskussion über die Probleme nötig, sonst würden die Menschen lediglich der AfD zugetrieben.

Viele Dinge seien jetzt an die Öffentlichkeit getreten, die es offenbar bereits länger gegeben habe. Ein Beispiel sei das Phänomen der „Antänzer“, ein Begriff, der bisher kaum bekannt gewesen sei. Für den Erfolg der Integration von Hunderttausenden sei es vor allem wesentlich, eine „Ghettobildung“ zu verhindern, also Parallelgesellschaften, wie sie sich in einigen Städten Deutschlands in den vergangenen Jahren entwickelt haben. Am Beispiel der Anfang der 1990er Jahre nach Deutschland geflohenen Jugoslawen meinte Dr. Schulze, dies sei auch eine Variante für syrische Flüchtlinge. Man müsse sie hier ausbilden, damit sie dann in der Lage seien, in einigen Jahren das eigene Land wieder aufzubauen.

Der Oberbürgermeister Holger Kelch berichtete zur Situation in Cottbus, dass sich diese insgesamt vergleichsweise problemfrei darstelle. 1000 Flüchtlinge und 74 minderjährige Ausländer lebten in der Stadt und seien im Stadtbild kaum wahrnehmbar. Es sei vorsorglich Personal eingestellt worden. An einem kommunalen Integrationskonzept werde gearbeitet. Wichtig sei, dass kein „Einheimischer“ das Gefühl habe, durch die aktuelle Krise mit seinen Belangen und Anträgen bei den Behörden hintanzustehen, gar benachteiligt zu werden. Viele Fragen der Integration und der Aufnahme seien allerdings abhängig von Entscheidungen, die auf Ebene des Bundeslandes Brandenburg getroffen würden.

Integration sei ein Anspruch, dem beide Seiten gerecht werden müssten. Auch von deutscher Seite seien dazu Anstrengungen nötig. Er nannte dazu etwa, dass gerade bei Jugendlichen viel zu wenig Wissen über den Isam vorhanden sei. Das müsse viel stärker in den Schulen vermittelt werden, seine Tochter habe erst in der 6. Klasse über die vielfältigen Seiten des Islam gehört. Inzwischen würde das Thema seinem Empfinden nach allerdings verstärkt an Schulen behandelt. Ältere Ausländer seien in den Arbeitsmarkt kaum integrierbar, Erwachsene könne man auch nicht dazu zwingen, Deutsch zu lernen. Zur Frage der Aussetzung von Familiennachzug meinte der Oberbürgermeister, Einzelstehende seien schwieriger zu integrieren.

Simone Wendler von der Lausitzer Rundschau wurde zunächst grundsätzlich: Immer sei daran zu denken, dass Menschen zu uns kämen. Dahinter stehe für uns alle die grundsätzliche Frage, wie gehen wir mit anderen Menschen um? Nehmen wir sie als Menschen wahr? Dem stellte sie die Ansicht Alexander Gaulands von der AfD gegenüber, der bekenne: „Ich will das gar nicht schaffen!“ Also müsse man es zunächst einmal schaffen wollen, so Wendler. In Cottbus habe sich durch die Asylbewerber nichts geändert, eine Hysterie sei deshalb auch völlig unangemessen. Sie stelle sich auch die Frage, ob denn die Ereignisse in Köln so abgelaufen seien, wie es dargestellt werde. Auf 1000 Personen, die sich dort aufgehalten hätten, kämen nun 1500 Anzeigen.

Sie warnte davor, Gesetzesänderungen usw. den Menschen mit zu hohen Erwartungen zu vermitteln. Das produziere dann eine desto größere Enttäuschung. Denn letztlich sei es eben nicht möglich, durch einige Änderungen etwa Abschiebungen etc. grundsätzlich anders zu gestalten. Die praktischen Probleme im Alltag müssten bewältigt werden, das sei in wenigen Wochen nicht durch Gesetze oder Verordnungen zu ändern. Die Menschen fühlten sich dann getäuscht.

Die Frage müsse lauten, wie eine europäische Lösung erreicht werden könne. Allerdings sei das Dublin-System von vornherein unsinnig gewesen, da dies die Lasten einseitig auf einige Staaten (Griechenland, Italien) verteilt habe. Klar sei, daß die guten Prognosen für die AfD die anderen Parteien beunruhigten. Die AfD sei eine Partei, in der Rassismus und rechtsradikales Gedankengut verbreitet sei. Gleichwohl diskutiere sie mit AfD-Leuten, wenn diese das wünschten.

Zur Gefahr einer „Ghettobildung“ durch Asylsuchende widersprach Frau Wendler Dr. Schulze. Man stelle sich einmal vor, selbst auf der Flucht in ein fremdes Land zu kommen. Es sei nur natürlich, dass man in dieser Lage Unterstützung bei den Angehörigen der eigenen Kultur suche. Eine „Vereinzelung“ sei deshalb nicht wünschenswert und auch nicht zu erreichen, das Entstehen einer Parallelgesellschaft müsse gleichwohl verhindert werden. Zuwanderer müssten sich an die deutschen Gesetze halten, wenn sie das nicht wollen, sollten sie das Land verlassen. Wenn sie sich daran halten, seien sie frei, ihr Leben so zu leben, wie sie es für richtig halten. Weitere Vorschriften könnten nicht gemacht werden, man müsse sich schließlich auch mit merkwürdigen deutschen Nachbarn abfinden.

Juliana Meyer von der Koordinierungsstelle Engagement von Freiwilligen in der Flüchtlingshilfe berichtete über den großen Einsatz vieler Helfer. Fragen des Publikums betrafen vor allem die Bestimmungen zur Arbeitsaufnahme durch Flüchtlinge. Außerdem wurde die aktuelle Politik grundsätzlich stark kritisiert, u.a. als „Staatsversagen“ bezeichnet und bemängelt, daß die AfD in die „rechte Ecke“ gestellt werde. Zur Situation in Cottbus wurden hingegen keine Fragen gestellt: die Lage vor Ort wird offenbar nicht als problematisch empfunden.

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