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"Europa ist spannender als ein Krimi."

Der ehemalige Landesvertreter Brandenburgs bei der EU und Vorsitzende der Europa Union Brandenburg, Wolfgang Balint, sprach beim KAS-Oberhavelforum in Oranienburg über die Relevanz der Europäischen Union für die Menschen in Brandenburg. Sein Fazit: Mehr Bewusstsein für den Wert der EU entwickeln als Antwort auf Europaskepsis und Nörgler.

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Die Europawahl 2019 gilt gemeinhin als „Schicksalswahl“ für die EU. Die Wahlbeteiligungen in den EU-Staaten werden aber wohl traditionell wieder eher gering bleiben. Demoskopische Umfragen in Deutschland zeigen zumindest, dass fünf Wochen vor der Wahl nur 12 Prozent der Befragten im Europawahlkampf ein wichtiges Thema sehen. Bei der Bundestagswahl 2017 waren dies zum gleichen Zeitpunkt fast 50 Prozent. Und in Brandenburg? Bei der Europawahl 2014 lag hier die Wahlbeteiligung bei 46,7 Prozent – 1,2 Prozentpunkte unter dem bundesweiten Mittelwert, der auch nur etwas über dem europäischen Durchschnitt lag. Und diese Zahl wurde wohl zu großen Teilen überhaupt erst erreicht, weil 2014 wie in diesem Jahr Europa- und Kommunalwahl auf den gleichen Tag fiel. 2009, als dies noch nicht der Fall war, beteiligten sich in Brandenburg nur 29 Prozent der Wahlberechtigten an der Europawahl. Diese Zahlen stehen in Diskrepanz zur generellen Zustimmung zur EU, die in Deutschland laut aktuellen Umfragen bei 70 Prozent liegt.

Die Gleichgültigkeit gegenüber den Wahlen zum Europäischen Parlament alarmiert auch Wolfgang Balint, der den diesjährigen Urnengang sehr wohl als „Schicksalswahl“ bezeichnen möchte. Vor allem, weil das Lager der EU-Kritiker nichtsdestotrotz anwachse, das seine Anhänger zudem weitaus besser zu mobilisieren wisse als pro-europäische Kräfte. Fernab von politischen Positionierungen verwies der erfahrene Bürokrat („Bürokratie ist nicht schlecht, Bürokratismus schon.“) auf den technischen Nutzen, den das Land Brandenburg aus der EU ziehe. Auch eine aktuelle Umfrage der EU-Kommission in allen 28 Mitgliedsstaaten ergab, dass das Wissen über den Einfluss der EU auf das tägliche Leben die Wahrscheinlichkeit zum Wahlgang der Bürger erhöht (Special Eurobarometer 477). Seinen Vortrag stellte Herr Balint daher unter drei Leitfragen: 1) Was hat Brandenburg von der EU?; 2) Wie kann Brandenburg Einfluss nehmen auf EU-Entscheidungen?; 3) Warum zur Europawahl gehen? Je eine Übersicht zu diesen Fragen finden Sie oben am Ende der Bildstrecke.

Der Kern der regionalen Förderung sei die Kohäsionspolitik der EU, so Balint. Diese werde stets in siebenjährigen Förderphasen geplant, aktuell von 2014 bis 2020. Brandenburg fällt hierbei in die zweite von drei Kategorien; zu den Übergangsregionen. Für diese Phase hat Brandenburg rund 2,355 Milliarden Euro an Fördermitteln von der EU erhalten; seit 1990 mehr als 10 Milliarden Euro. In zahlreichen Brandenburger Projekten beispielsweise in den Bereichen Bildung und Fachkräftesicherung oder Wirtschaftsförderung fänden sich diese Gelder wieder, betont Balint. Hinzu kämen Programme der grenzübergreifenden trans- und internationalen Zusammenarbeit. In Brandenburg beträfe das vor allem die Partnerschaft mit Polen. Als „Manko“ in Deutschland kritisierte Balint die nicht streng genug artikulierte Publikationspflicht für die EU-Beteiligung an solchen Projekten. Dies führe zu dem mangelnden Bewusstsein der Relevanz der EU auf positive regionale Entwicklungen.

Die Einteilung in die Förderkategorien erfolgt auf Basis der Bruttoinlandsprodukte der einzelnen Regionen im Vergleich zum EU-Mittelwert. In Brandenburg lag dieses zum Berechnungszeitpunkt der aktuellen Phase bei 89 Prozent. Da man ab einem BIP von 90 Prozent zur Gruppe der stärker entwickelten Regionen gehört, geht Balint davon aus, dass Brandenburg ab 2020 aufsteigen werde. Nicht immer bedeute eine Erhöhung des BIP-Wertes einen signifikanten wirtschaftlichen Aufschwung der Region. Auch im Falle Brandenburgs könne man von einem „statistischen Effekt“ sprechen, der somit eher der schlechten Werte vor allem in Osteuropa zu Grunde liegt. Für den Förderstatus habe ein Aufstieg in der Förderkategorie entscheidende Folgen. So würden die Mittel, die Brandenburg durch die EU erhält, sinken. Außerdem steige die Co-Finanzierungsrate der Region bei Projekten von 25 auf 50 Prozent an. Eine Lösung, in einigen Bereichen doch noch intensiver von der EU-Förderung zu profitieren, wäre die Beantragung von Sonderwirtschafszonen, beispielsweise in der Lausitz, wie Balint erläuterte. Ein solcher Vorgang sei aber nicht frei von Tücken. Entscheidend sei in diesen Fällen vor allem die Zusammenarbeit mit anderen Regionen, die ähnlich betroffen sind.

In einer langen Diskussion mit den Teilnehmern in Oranienburg hob Wolfgang Balint nochmals die Bedeutung der Landesvertretungen in Brüssel hervor. Diese würden als „Scharnier“ zwischen EU- und Landesregierung wirken. Außerdem dürfe die repräsentative Funktion der Vertretungen vor Parlamentariern und EU-Kommissaren nicht unterschätzt werden. In seiner Zeit als Landesvertreter Brandenburgs von 1996 bis 2001 habe in diesem Sinne vor allem die aufsehenerregende Fahrt des Finowmaßkahns „Anneliese“ aus Eberswalde als Werbebotschafter der Region nach Brüssel 1998 große Resonanz bei den Entscheidern vor Ort hervorgerufen. Wolfgang Balint war es zudem ein Anliegen, mit dem Vorurteil aufzuräumen, die EU sei ein „Bürokratiemonster“. Nur 6 Prozent des gegenwärtigen Jahreshaushaltes der EU von 145 Milliarden Euro fließe demnach in die Verwaltung. Neben ideellen Gründen, lohne sich die Teilnahme an der Europawahl also außerdem, um die Entwicklung der eigenen Regionen zu unterstützen, resümierte Balint. Über verschiedene Instrumente könne entscheidend auf die Prozesse in Brüssel Einfluss genommen werden.

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Nils Lange

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