Publicador de contenidos

Título individual

Präsidentschaftswahlen in Chile

de Dr. Helmut Wittelsbürger

Christdemokraten nominieren Kandidaten; Verhandlungen über gemeinsamen Concertationskandidaten gestalten sich schwierig

Publicador de contenidos

Die Nationalversammlung (Junta Nacional) des Partido Demócrata Cristiano (PDC) tagte vom 14. bis 16. Januar 2005 in Santiago. 539 stimmberechtigte Delegierte debattierten programmatische Fragen für die Präsidentschaftswahlen im Dezember 05 und entschieden sich in einer demokratischen geheimen Wahl für den PDC-Kandidaten, der innerhalb des Koalitionsblockes als Christdemokrat gegen die sozialistische Gegenkandidatin Mi-chelle Bachelet sich durchsetzen soll. Ende letzten Jahres hatte sich der ehemalige Prädent Eduardo Frei Ruiz-Tagle aus dem Kreis der PDC-Kandidaten zurückgezogen, da seine Chancen auf der Nationalversammlung der Partei gewählt zu werden, äußerst gering waren. Die 539 Delegierten mussten demnach zwischen der ehemaligen Außenministerin Soledad Alvear und dem Präsidenten der PDC Adolfo Zaldivar entscheiden.

Im Vorfeld dieser innerparteilichen Wahl haben die beiden Kandidaten sehr deutlich gemacht, welchen Weg sie als mögliche Präsidenten von Chile gehen wollen; unterschieden sich in ihren Ansichten und Zielen jedoch wenig. Während Soledad Alvear die Arbeit der jetzigen Regierung fortführen möchte und für Kontinuität der Concertationsregierung steht, hat Adolfo Zaldivar mit seinen kritischen Äußerungen gegenüber der Regierung schon in der Vergangenheit deutlich gemacht, dass er Veränderungen in der Politik anstrebt und stärker christlich demokratische Werte und Konzepte durchsetzen möchte. Dabei setzt er sich bewußt von den sozialistischen Politikkonzepten der Koalitionspartner im linken Spektrum der Concertation ab.

Am Sonnabend, dem 15. Januar 2005 vor der Abstimmung, hatten beide siegessicheren Kandidaten die Gelegenheit, ihre Strategien und Überzeugungen noch einmal kompakt den Delegierten durch Grundsatzreden darzustellen. Soledad Alvear betitelte ihr Programm mit den Worten „Unser Chile, eine Familie“ („Nuestro Chile, una familia“) und stellte vier Prioritäten von den insgesamt 20 Punkten detaillierter vor. Hauptaugenmerk möchte sie auf eine Reform des Bildungswesens, soziale Integration, Unterstützung für mittelständische Unternehmen in den Bereichen Technologie und Finanzierung sowie auf die Dezentralisierung des Landes durch Stärkung der Regionen und Gemeinden legen. Da-gegen sieht sich Adolfo Zaldivar als Korrektor der Fehlentscheidungen der jetzigen Regierung von Ricardo Lagos und fordert eine Soziale Marktwirtschaft, die den Mittelstand stärkt, soziale Mobilität fördert und Wohlstand für alle gesellschaftlichen Schichten ermöglicht. Dabei betont er besonders eine aktive Politik für kleine und mittelständische Unternehmen.

In der Nacht zum Sonntag stand die Wahl fest. Soledad Alvear hat mit 44 Stimmen mehr, sich gegen den Parteivorsitzenden durchgesetzt; ein äußerst knappes Ergebnis. Dieses Resultat wird als großer Triumph für die ehemalige Außenministerin gewertet. Die beispielhafte Karriere der Juristin findet so ihren Höhepunkt. Der berufliche Werdegang von Soledad Alvear begann an der Universidad de Chile, an der sie mit Auszeichnung in Rechtswissenschaften graduierte und anschließend einen weiteren Abschluss in internationalen Beziehungen erhielt. Ihre politische Entwicklung begann Anfang der 90er Jahre, als Präsident Patricio Aylwin sie als Ressortchefin für das Ministerium für Frauen („Servicio Nacional de la Mujer“) berief. Nach dem Regierungswechsel war sie von 1994 bis 1999 für den zweiten christlich- demokratischen Concertationspräsidenten Eduardo Frei Ruiz-Tagle als Justizministerin sehr erfolgreich tätig und konnte in dieser Zeit verschiedene tiefgrei-fende Reformen durchsetzen. Im Anschluss daran hat sich Soledad Alvear im Präsidentschaftswahlkampf von Ricardo Lagos, dem heutigen Präsidenten Chiles, als seine äußerst effiziente Wahlkampfmanagerin engagiert und konnte als Sympathieträgerin wesentlich zu dessen Sieg beitragen. Daraufhin wurde sie bis September letzten Jahres als Außenministerin für die Regierung des Sozialisten Ricardo Lagos tätig. Während dieser Zeit gelang es ihr, eine Vielzahl von internationalen Abkommen mit den USA, der Europäischen Union und verschiedenen lateinamerikanischen Staaten erfolgreich abzuschließen.

Die Ernennung Soledad Alvears als Präsidentschaftskandidatin für die PDC wurde insbesondere von den anderen Parteien des Parteienbündnisses der Concertacion und der jetzigen Regierung äußerst positiv aufgenommen. Trotz des knappen Wahlergebnisses hat sich die gesamte PDC zu ihrer demokratisch gewählten Kandidatin bekannt und deutlich gemacht, dass die gesamte Partei geschlossen hinter ihr steht und als eine Kraft in den Präsidentschaftswahlkampf gehen wird. Soledad Alvear weiß, dass eine schwere Aufgabe vor ihr liegt und es nicht einfach sein wird, den Vorsprung aufzuholen, den die gemeinsame Kandidatin des Linksblockes der Concertation (Partido por la Democracia (PPD) und der Partido Socialista (PS)) Michelle Bachelet bei den Popularitätswerten genießt. Zwischen den vier die Concertation tragenden Parteien besteht keine Einigkeit, welches Verfahren zur Bestimmung der gemeinsamen Präsidentschaftskandidatin angewendet werden soll. Während die Linksparteien eine Entscheidung durch direkte Wahl der Chileninnen und Chilenen (Primarias) fordern, lehnt der PDC dieses Auswahlkriterium ab. 1999 wurde der gemeinsame Präsidentschaftskandidat der Concertation auf diese Weise zwischen Ricardo Lagos und Andrés Zaldívar entschieden. Dies war für die Christdemokraten sehr schmerzlich und die Partei verbindet mit dieser Abstimmung schlechte Erfahrungen. Möglich wäre auch eine Wahl durch die Mitglieder der Parteien (PDC-PPD-PS). Auch ist eine Verhandlungslösung denkbar, bei der allerdings die Christdemokratie wegen der gemeinsam zwischen dem Concertationsblock auszuhandelnden Liste für die gleichzeitig mit der Präsidentschaftswahl anberaumten Parlamentswahlen (alle Abgeordneten und die Senatoren in den Regionen mit gerader Nummerierung stehen zur Wiederwahl an) auf eigene Kandidatenaufstellung verzichten müßte und einige Kandidaturen an die Koalitionsparteien abtreten müßte. Dies würde die parlamentarische Vertretung der Partei erheblich schwächen.

Aufgrund der knappen Entscheidung gegen den Parteivorsitzenden Adolfo Zaldívar und vielen Stimmen, die fordern, daß der sehr erfolgreiche Parteipräsident im Amt bleibt, hat Adolfo Zaldívar sich nach der Auszählung der Stimmen als guter Verlierer gezeigt. Er gratulierte seiner Mitbewerberin und forderte die Partei zur Geschlossenheit für die not-wendige Unterstützung von Soledad auf. Sein Mandat als Vorsitzender läuft im April 2006 aus.

Santiago im Januar 2005

Dr. Helmut Wittelsbürger

Compartir

Publicador de contenidos

comment-portlet

Publicador de contenidos