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Parteien in der Demokratie: Keine "Liebesgeschichte"

de Frank Priess

Prof. Hans-Joachim Veen beendet Beratungseinsatz in Mexiko

Die Demokratie als Gesellschafts- und Lebensordnung verzeichnet bei den Bürgern weltweit eine hohe Zustimmung. Die sie tragenden Parteien allerdings können von solchen positiven Werten nur träumen und befinden sich in der Defensive. Dieses Fazit lässt sich aus verschiedenen Vorträgen ziehen, die Professor Hans-Joachim Veen, Leiter der in Weimar beheimateten Stiftung Ettersberg zur Analyse und Aufarbeitung von Diktaturen, bei seinem jetzt zu Ende gegangenen Mexiko-Besuch hielt.

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"Parteien in der Demokratie, das ist keine Liebes- , sondern eher eine Problemgeschichte", so Veen etwa vor Studenten und Professoren der Universidad de las Americas in Puebla. Angesichts einer aktiveren Zivilgesellschaft, zunehmender Individualisierung und nicht zuletzt massiven Veränderungen des Mediensystems hätten die Parteien heute ihre agenda setting-Funktion weitgehend verloren, so der Politikwissenschaftler. Ihre Moderatorenrolle aber sei in der modernen Massengesellschaft nach wie vor alternativlos. Entsprechend müssten sie Visionen für ihr Land über den Tag hinaus entwickeln und intensiv in Programmarbeit investieren, anstatt auf Probleme nur zu reagieren.

Permanent und nicht nur in Wahlkampfzeiten müssten die Parteien um Vertrauen werben, so Veen auch bei einer Veranstaltung zum Thema "Wahlkämpfe und ihre legitimen Grenzen", die die KAS gemeinsam mit ihrem Partner Fundación Rafael Preciado Hernandez in der mexikanischen Hauptstadt realisierte. Im Gegensatz zu Mexiko allerdings kenne das deutsche Parteienrecht viele Beschränkungen nicht, über die hier aktuell gestritten werde. Das Bundeswahlgesetz und das Bundesparteiengesetz der Bundesrepublik Deutschland gäben einen Rahmen vor, der selten Kontroversen auslöse. Entsprechend benötige die konsolidierte Demokratie in Deutschland auch keine umfangreiche Wahlbehörde.

Das Thema Konsolidierung von Demokratien und das deutsche Beispiel standen auch im Mittelpunkt eines Vortrages im Colegio de México. "Ohne Demokraten", so Professor Veen, "sei keine Demokratie lebensfähig." Dies habe das deutsche Beispiel klar gezeigt, entsprechend eng sei die Verbindung zwischen einer konsolidierten Demokratie und einer aktiven Bürgergeslellschaft. Allerdings sei auch eine Demokratie ohne politische Parteien eine "chaotische Veranstaltung", wie schon Giovanni Sartori zu Recht festgestellt habe. Politische Bildung müsse daher eine Daueraufgabe sein, niemand werde als Demokrat geboren. Leider seien auch Rückschläge immer möglich - wenn Demokratie zerfalle, sei dies oft ein schleichender Prozess.

Zum Abschluss seines Besuchs zog Veen dann vor mexikanischen und deutschen Repräsentanten von Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft eine Bilanz von 20 Jahren deutscher Einheit. Eine Erfolgsgeschichte sei zu vermelden, auch wenn anfangs die Größe der Aufgabe von den handelnden Akteuren unterschätzt worden sei und nach wie vor große Anstrengungen unternommen werden müssten. Es sei aber auch zu fragen, wieviel Einheit eine Gesellschaft denn eigentlich erwarte und brauche. Seiner Ansicht nach, so Veen, komme es vor allem auf einen Konsens über die Werteordnung sowie über Verfahrensweisen und Spielregeln an, ebenso auf den "Willen zur Einheit". Entstanden sei mittlerweile durchaus eine veränderte Republik, die "linker, protestantischer, konfessionsloser, wirtschaftlich ärmer, aber auch bunter" geworden sei. Diese Einheit sei eng verbunden mit dem Streben nach europäischer Einheit. Hier habe Helmut Kohl als "Enkel" Adenauers dessen Traum erfüllt - Adenauer allerdings habe mit der Durchsetzung der Integration Deutschlands in die NATO und die EU die Grundlagen einer "Einheit in Freiheit" gelegt.

Zahlreiche individuelle Beratungsgespräche mit Politikern in Mexiko-Stadt, in Puebla und in León rundeten den Mexiko-Besuch von Professor Veen. Anregungen für Politikreformen sowie für solche innerhalb politischer Parteien standen dabei im Mittelpunkt.

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