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Notas de acontecimientos

Arbeitsmarktreform dringend notwendig, aber kein Allheilmittel für strukturelle Probleme Mexikos

de Daniela Diegelmann

Forum „Bedeutung und Auswirkungen der Arbeitsmarktreform“

In Guadalajara fand jetzt im Rahmen der Cátedra Konrad Adenauer das Forum „Bedeutung und Auswirkungen der Arbeitsmarktreform“ statt. Die Jesuitenuniversität ITESO, der mexikanische Verband christlicher Unternehmer USEM, die Consulting-Agentur Productivity Systems sowie die KAS hatten hierzu Experten aus Wissenschaft, Regierung und Wirtschaft geladen. Einig waren sich diese sowohl über die Notwendigkeit einer Reform als auch über deren Grenzen bei der Lösung aktueller Probleme des Landes.

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Während der Eröffnung des Forums vor gut 150 interessierten Zuhörern forderte Jesús González de la Rosa von Productivity Systems eine Reform, die zu menschenwürdigeren Arbeitsbedingungen sowie erhöhter Produktivität und Wettbewerb führen solle. Dabei dürfe diese nicht allein eine politische Entscheidung sein, sondern eine Entscheidung für das Gemeinwohl. Als Vertreter des Landesarbeitsministers von Jalisco, Hector Alfredo Espinosa Guarro, warf Mtro. Salvador Isaac Valencia Ayón zahlreiche Frage auf, welche bei der Formulierung des Reformentwurfes berücksichtigt werden sollten. Das bestehende Arbeitsrecht aus dem Jahr 1970 sei nach über 40 Jahren nicht mehr zeitgemäß. Diesen Punkt betonte auch Jaime Zúñiga Hernández, Vertreter des Bundesministeriums für Arbeit in Jalisco. Zudem sei der Moment gekommen, politische Entscheidungen unabhängig von den bevorstehenden Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im nächsten Jahr zu treffen. Alle Parteien müssten nun gemeinsam an einem Strang ziehen.

Kontext der Reformdiskussion und Ausblick auf mögliche Auswirkungen

In einem einleitenden Vortrag setzte sich der Wirtschaftswissenschaftler Luis Ignacio Román Morales (ITESO) mit der Vorgeschichte der aktuellen Reformdiskussion auseinander und gab einen Ausblick auf mögliche Auswirkungen. Hierzu stellte er zunächst den Entstehungskontext der momentanen Gesetzgebung (1929 bis 1970) der aktuellen Situation gegenüber. War das Wirtschaftssystem früher noch auf den abgeschotteten Binnenmarkt konzentriert, ist Mexiko heute verankert in der globalisierten Welt. Ehemals am Fordismus orientierte Produktionsmodelle wurden flexibilisiert, keynesianische Entwicklungsmodelle durch die Liberalisierung überholt. Einzig die ehemals korporativistische Struktur aus PRI-Zeiten scheine in einigen Sektoren des Landes überlebt zu haben. Nach der Schuldenkrise 1982 habe man zwar mit der Deregulierung der Märkte begonnen, hierbei jedoch den Arbeitsmarkt ausgespart. Die Kontrolle über diesen Markt sei eben zu nützlich gewesen für den Machterhalt über korporativistische Strukturen. An diesen Interessen habe sich eigentlich bis heute nicht viel geändert, so Román Morales.

Im Folgenden ging der Referent auf verschiedene Aspekte der Reform ein. Die Gesetzgebung etwa dürfe sich nicht nur auf die Privatwirtschaft beschränken, sondern auch den öffentlichen Sektor umfassen. Andernfalls werde nur die Hälfte der Angestellten in festen Arbeitsverhältnissen berücksichtigt. Zudem prangerte er ungenaue Definitionen im Gesetzestext an. Dies beginne bei der Verwechslung von Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt. Häufig würden Arbeitnehmer als Nachfrager angesehen, während Arbeitgeber Stellen anböten. Dabei sei eigentlich das genaue Gegenteil der Fall. Generell stelle sich auch die Frage, ob man überhaupt von einem Markt sprechen könne, würde Arbeit an sich nicht als Ware, sondern als Recht und gesellschaftliche Pflicht verstanden. Die ellenlangen Definitionen von Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit im Gesetzesentwurf schienen dem Wirtschaftswissenschaftler eher einer Verwirrungstaktik zu entsprechen und erinnerten diesen in ihrer Unverständlichkeit an Ausführungen des in Mexiko berühmten Komikers Cantinflas. Abschließend warnte Román Morales, dass sich die aktuellen Probleme auf dem Arbeitsmarkt nicht alleine durch die geplante Reform ändern würden. Dennoch sei diese dringend notwendig, obgleich der vorliegende Entwurf sich leider durch konzeptionelle Fehler und Vieldeutigkeit auszeichne.

Auswirkungen der Arbeitsmarktreform auf Beschäftigung und Arbeitsbedingungen

Im ersten Panel diskutierten die beiden Arbeitsrechtler Arturo Alcalde Justiani und Jorge Albanes die Auswirkungen der geplanten Reform auf Beschäftigung und Arbeitsbedingungen. Alcalde Justiani kritisierte ebenfalls unsaubere Definitionen im Gesetzestext und warnte vor zu hohen Erwartungen an die Reform. Wichtiger sei der Dialog zwischen Arbeitgebern und –nehmern, eine demokratische Kultur und Transparenz seien erforderlich. Hierzu gehörten zum Beispiel auch geheime Wahlen in Arbeitgebervertretungen. Zahlreiche Aspekte verdienten eine tiefergehende Analyse, wie etwa das Thema Outsourcing oder Lohnfortzahlung im Streikfall. Die bisherige Reformdiskussion verglich er mit einem Weihnachtsbaum, der von allen Beteiligten willkürlich bestückt würde. Einen umfassenden Ansatz mit Weitblick vermisse er dabei. Auch weigerten sich laut Alcalde Justiani die entscheidenden Akteure, externe Experten aus Wissenschaft oder internationalen Organisationen wie der ILO in die Formulierung des Reformentwurfes einzubeziehen.

Die Position der Handelskammer stellte Jorge Albanes als Vertreter des Vorsitzenden Miguel Alfaro Aranguren dar. In seinen Ausführungen mahnte er vor allem, dass im Reformentwurf weiterhin Äpfel mit Birnen verglichen würden. So hätten KMUs die gleichen Auflagen zu erfüllen wir Großunternehmen, verfügten jedoch in der Regel nicht über die notwendigen Ressourcen. In der aktuellen Form könne der Gesetzesentwurf nur ein erster Schritt in die richtige Richtung sein. Diesem müssten jedoch in naher Zukunft weitere folgen.

Auswirkungen der Reform auf Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit Mexikos

Mit den zu erwartenden Auswirkungen der Reform auf Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit beschäftigten sich die Referenten des zweiten Panels: Luis Miguel González Márquez, Redaktionsleiter der renommierten Wirtschaftszeitung „El Economista“, Manuel Herrera Vega, Vorsitzender der Rats der Industriekammern in Jalisco sowie erneut Jaime Zúñiga Hernández.

Luis Miguel González Márquez bescheinigte der mexikanischen Politik ein Analyse-Defizit; den Ursachen der strukturellen Probleme insbesondere hinsichtlich der mangelnden internationalen Wettbewerbsfähigkeit werde nicht auf den Grund gegangen. An diesen könne die Arbeitsmarktreform alleine vermutlich wenig rütteln, es seien umfassende Reformen auf mehreren Gebieten erforderlich, allen voran im Hinblick auf die Steuergesetzgebung und die Nationale Sicherheit. Nur auf diese Weise könnten etwa die weitverbreitete Produktpiraterie oder Schutzgelderpressungen eingedämmt werden. Vor dem Hintergrund der gerade erfolgten Wahlen im wichtigen Bundesstaat Mexiko und den Mitte 2012 stattfindenden Präsidentschafts- und Parlamentswahlen sagte González Márquez für die nächsten anderthalb Jahre politischen Stillstand voraus.

Der Leiter der Redaktion des „El Economista“ mahnte des Weiteren davor, dass die geplante Reform in einem weiteren Aspekt zu kurz greife. Beschäftigte im Öffentlichen Dienst und deren Interessenvertretungen blieben außen vor. De facto sei eine Aufteilung in drei Arbeitswelten zu beobachten: Neben dem Privat- und dem Öffentlichen Sektor nannte González Márquez an dieser Stelle den informellen Sektor, in dem ein Großteil der wirtschaftlich aktiven Bevölkerung Mexikos tätig ist. Eine erfolgreiche Reform müsse diese drei getrennten Sphären miteinander verbinden. Das Verhalten der PRI sei in diesem Zusammenhang besonders zu kritisieren. Zwar signalisiere man Verhandlungsbereitschaft, doch werde diese an zahlreiche Bedingungen geknüpft. Tiefergehende Änderungen an der momentanen Situation seien nicht im Interesse der Partei, im Grunde halte diese am Status Quo fest. Mexiko sehe sich also keinem besonders vielversprechenden Szenario gegenüber. Die politische Klasse müsse viel stärker von der Bürgergesellschaft unter Druck gesetzt werden. Diese müsste konkrete Fortschritte fordern, stattdessen mangele es jedoch allenthalben an einer Vision für die gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Zukunft des Landes, auf die es sich hinzuarbeiten lohne.

Den folgenden Redebeitrag eröffnete Manuel Herrera Vega mit einem Querschnitt internationaler Wirtschaftsrankings, in denen Mexiko durchweg schlecht abschneidet: Produktivität, Korruption, Vertrauen, Transparenz, Brain Drain, Anteil von weiblichen Beschäftigten im nationalen Arbeitsmarkt - das Land findet sich fast immer auf den hinteren Rängen. Doch schrieb der Vorsitzende des Rats der Industriekammern in Jalisco diesen Umstand nicht alleine den Gewerkschaften, den Unternehmern oder den Mandatsträgern zu, jeder Mexikaner müsse sich fragen, was er hierzu beitrage.

Drei Forderungen vertrat Herrera Vega besonders vehement: So müsse der Arbeitsmarkt insbesondere Frauen und Jugendliche stärker integrieren, ein Augenmerk sollte hierbei auf einer professionelleren Berufsausbildung liegen. Des Weiteren forderte der Unternehmervertreter eine weitere Flexibilisierung des Humankapitals. Schließlich müsse das derzeitige System der Abfindungen bei betriebsbedingten Kündigungen modernisiert werden. Würden diese drei Aspekte nicht entschieden angegangen, könne Mexiko langfristig international nicht wettbewerbsfähig sein. In diesem Kontext müsse außerdem noch der folgende Sachverhalt zu denken geben: Mehr als die Hälfte der wirtschaftlich aktiven Bevölkerung des Landes sei im informellen Sektor aktiv. Diese Menschen müssten dringend in formelle Arbeitsverhältnisse mit sozialer Absicherung überführt werden.

Jaime Zúñiga Hernández schloss das Panel mit einem Appell an die Parteien PAN, PRD und PRI ab: Die Arbeitsmarktreform müsse noch in diesem Jahr abgeschlossen werden. Die Abgeordneten und Senatoren sollten sich in der Pflicht sehen, sich noch in diesem Jahr auf einen Gesetzestext zu einigen. Im folgenden Jahr werde das Land wie so oft angesichts von Präsidentschafts- und Parlamentswahlen erneut in politischen Stagnation verfallen.

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