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Welche Gefahren gehen von Extremismus im Internet aus? Wie sind Extremisten im Netz zu erkennen und was kann Hass ausrichten? Ist gar unsere Demokratie in Gefahr und wie reagiert der Rechtsstaat? Diese Fragen standen im Fokus des „Politisch-Musikalischen Salons“ der Konrad-Adenauer-Stiftung in Magdeburg. Als Referenten und Gesprächspartner waren Holger Stahlknecht MdL (Minister für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt) sowie der Politikwissenschaftler, Buchautor und Internet-Blogger Dr. Stephan Eisel (Konrad-Adenauer-Stiftung) in Magdeburg zu Gast, die als Pianisten die Veranstaltung des Politischen Bildungsforums Sachsen-Anhalt zudem musikalisch umrahmten. Moderiert wurde der Abend vom Hörfunk-Journalisten Maik Scholkowsky.
Dr. Stephan Eisel nannte fünf Punkte, wie Extremisten in sozialen Medien zu erkennen seien: (1) Es gilt, einfachen Antworten mit höchster Skepsis zu begegnen sowie (2) verallgemeinernde Aussagen gegen Politik, Presse usw. grundsätzlich in Frage zu stellen. Jene medien- oder politikablehnenden Argumente finden sich oft bei jenen, die unsere Demokratie zugrunde richten wollen. (3) Extremisten schotten sich (national) ab. Teilweise finden sich hier auch Gemeinsamkeiten unterschiedlicher Extremisten: Beispielsweise agitieren sowohl Rechts- als auch Linksextremisten gegen die NATO. Als Punkt (4) führte Eisel den Wahrheitsanspruch der Extremisten an: Sätze wie „Ich habe die Wahrheit gepachtet“ oder „Die Partei hat immer Recht“ stehen hierfür symbolisch . Auch sind Extremisten nicht in der Lage zum „agree to disagree“, sondern landen stets im Freund-Feind-Schema, nicht aber im Verhältnis demokratischer Konkurrenz. (5) Extremisten wenden oft Tabubrüche an. Dabei schützt auch die Anonymität des Internets, so dass sie oft Hassmails verfassen und die Grundwerte der Gesellschaft verschieben. Vor allem stellen Extremisten die gesellschaftliche Vielfalt in Frage und reklamieren die Wahrheit für sich.
Minister Holger Stahlknecht sprach zur Wehrhaftigkeit unseres Rechtsstaates angesichts der Verbreitung von politischem Extremismus im Netz. Während entsprechende Hass-Äußerungen früher am Stammtisch geäußert wurden und damit in einem kleinen Raum blieben, sind sie heute in der virtuellen Welt verbreitet. Zudem wird extremistisches Gedankengut oft in Musik verpackt, um insbesondere junge Anhänger zu rekrutieren. Stahlknecht betonte, dass dies nicht nur für Rechts- sondern auch für Linksextremisten gilt. Im Internet finden sich Erstkontakte sowie Möglichkeiten zu deren Vertiefung. Die Nutzung ist weitgehend kostenfrei und Verfahren bei Straftaten im Netz sind international sehr schwierig. Online getroffene Aussagen bleiben oft unwidersprochen. Zudem bilden sich so genannte Echo-Kammern, in denen sich Meinungen verstärken. Möglich sind überdies kurzfristige Einladungen von Anhängern sowie bewusste Provokationen und spontane Kundgebungen. Für die Sicherheitsbehörden herrscht hier eine große Herausforderung, sich innerhalb kürzester Zeit darauf einzustellen. Umso bedeutender ist ein starker Verfassungsschutz, der Links- und Rechtsextremismus beobachtet, ebenso religiösen Radikalismus. Hierbei besteht die Gefahr der Radikalisierung eines „einsamen Wolfes“ über das Internet, wo er Hassprediger hören kann und schlimmstenfalls Anschläge vorbereitet. Der Minister stellte klar, dass Hasskriminalität im Internet eine Straftat ist, beispielsweise Beleidigung oder Bedrohung mit dem Tod. Zum Auffinden extremistischer Aktivitäten im Internet hat sich in Sachsen-Anhalt eine Internet-Streife etabliert. Jedoch setzt die Wehrhaftigkeit des Rechtsstaates nicht erst bei Politik oder Polizei ein, sondern die ganze Gesellschaft ist gefordert. Letztlich geht es um die Würde, so der Minister.
Im anschließenden Gespräch sowie in der Diskussion mit dem Publikum wurde klargestellt, dass Meinungsfreiheit dort endet, wo es eine Straftat ist. Mit Blick auf die Meinungsfreiheit betonte beispielsweise Stephan Eisel, dass das Grundgesetz von Menschen geschrieben worden ist, die erlebt hatten, wie die Grundwerte der Demokratie mit Füßen getreten werden, wie es zu einer Verrohung der Sprache kam und dass dies zu Terror und Krieg führte. Das Grundgesetz und seine Werte gelten auch in der digitalen Welt. Es gilt, Respekt voreinander einzufordern und „stärker den Mund aufzumachen, für was wir selbst eintreten“. Holger Stahlknecht verwies darauf, dass Kriminelle im Internet oft Vorteile haben, zumal die Strafverfolgung erschwert sei, da sie oft über Grenzen hinweg erfolgen muss. Zudem werden für die Polizei verstärkt IT-Spezialisten benötigt. Die Referenten betonten, dass die Sicherheitsorgane gefordert sind, Extremisten im Netz zu bekämpfen, die ein anderes Staatssystem wollen. Die Bevölkerung soll dafür einstehen, die Werte der Demokratie zu verteidigen. Zwar ist unser Gesellschaftssystem nicht gefährdet, doch es gilt, weiter wachsam zu sein.