Nachhaltig leben
Am 29.08. trafen sich fünfzehn Teilnehmerinnen und Teilnehmer unter freiem Himmel und mit ausreichendem Abstand zu der zweistündigen Kieztour mit Herz „Nachhaltig leben“ am Märchenbrunnen im Volkspark Friedrichshain. Die Tour wurde von der Konrad-Adenauer-Stiftung Brandenburg in Kooperation mit dem Erzbistum Berlin – Bereich Citypastoral –, dem Caritasverband für das Erzbistum Berlin und dem Katholischen Deutschen Frauenbund (KDFB) Berlin angeboten.
Nur wenige Meter von unserem Ausgangspunkt entfernt hielt der erste Referent, Daniel Affelt vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), an und deutete auf ein paar im Gras liegende Zigarettenstummel. Leider keine Seltenheit in vielen Parks. Je länger man sich umschaut, desto mehr Müll ist zu entdecken. Die Kernfrage der Tour, wie sich der Alltag umweltfreundlicher gestalten lässt, wird unmittelbar relevant, denn ein einziger Zigarettenstummel kann 40 bis 60 Liter Grundwasser verunreinigen.
Im angrenzenden Wohngebiet war schnell ein gut gefüllter Altkleidercontainer vorzufinden. Dies sei zurzeit, nachdem viele Menschen die Zeit der Corona-Einschränkungen nutzten, um ihren Haushalt auszumisten, fast überall so, erklärte Affelt. Die Qualität der gespendeten Kleidung sei jedoch oft unzureichend. Manches könne nicht einmal mehr zu Putzlappen weiterverarbeitet geschweige denn als Second-Hand-Kleidung getragen werden.
An einem der vielfach in Berlin vorzufindenden Schnellimbisse zeigte Affelt eine Transportbox aus Styropor für Speisen. Dank der Plastikverordnung der Europäischen Union sei Einwegbesteck aus Kunststoff zwar ab dem nächsten Jahr Geschichte, jedoch kritisierte er die Fokussierung auf Plastik. Anstelle umweltfreundlicher Alternativen könnten Imbisse weiterhin Schalen aus Aluminium verwenden. Diese blieben nämlich legal, doch seien ebenso wenig umweltfreundlich. Besser seien Pfandsysteme beispielsweise für Kaffeebecher, welche zwar vereinzelt schon umgesetzt würden, jedoch noch nicht wirklich weit verbreitet seien. An anderen Stellen seien die Lösungen hingegen einfacher. So könne eine Makkaroni einen Trinkhalm aus Plastik ersetzen.
Vor einem Container für Altglas zeigte sich, dass Verunsicherung darüber bestehe, was darin entsorgt werden könne. Trinkgläser zum Beispiel könnten einen höheren Schmelzpunkt haben als Glasflaschen, was zu Problemen im Recycling-Prozess führen könne. Die Tatsache, dass in Berlin viele Container aus den Hinterhöfen abgezogen wurden, sei kontraproduktiv für den Umweltschutz. Das Flaschenpfand auf Einweg- und Mehrwegflaschen sowie Dosen führe zwar dazu, dass weniger Flaschen und Dosen die Parks verschmutzen, jedoch nicht zu einer ausreichend niedrigeren Produktion. Ohnehin sei das Berliner Trinkwasser aus dem Wasserhahn von guter Qualität, viel günstiger und spare zudem Müll ein.
Von einer ökologischen Kreislaufwirtschaft weit entfernt
Nach etwa einer Stunde erreichte die Tour das Haus der Materialisierung, in dem Frau Corinna Vosse als zweite Referentin verschiedene Projekte auf dem Gelände des ehemaligen Hauses der Statistik vorstellte. Die Soziologin und Mitbegründerin vom Kunst-Stoffe e.V. gab im Innenhof, dessen Bild von Urban Gardening geprägt ist, eine kurze Einführung in die vielfältigen Angebote des recht jungen Modellprojektes. Unter anderem gibt es ein Repair-Café, in dem nach dem Prinzip „Hilfe zur Selbsthilfe“ bei der Reparatur defekter Geräte unterstützt wird. Zudem werden verschiedene Workshops angeboten.
Mit Mund-Nasen-Bedeckungen und Abstand betraten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer anschließend den Zero-Waste-Baumarkt, in dem vor der Entsorgung gerettete Materialien wie zum Beispiel Farbe, Umzugskartons oder Teppiche weiterverkauft werden. Das Projekt soll einen Beitrag zur ökologischen Kreislaufwirtschaft leisten. Das große Angebot an Waren zeige jedoch auch, dass das aktuelle Wirtschaftssystem von einer solchen noch weit entfernt sei, erklärte Frau Vosse inmitten der gut gefüllten Regale. Vieles lande im Müll, was an anderer Stelle noch Verwendung finden könnte.
In einer Fahrrad-Reparatur-Werkstatt konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einem der vielen Engagierten Fragen zu seiner Arbeit stellen. Das Haus der Materialisierung werde öffentlich gefördert, solle jedoch langfristig auch finanziell auf eigenen Beinen stehen können, erklärte Frau Vosse. Ein Leihladen befindet sich noch im Aufbau.