Der Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung und ehemalige Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert erläuterte, wie wichtig der Lokaljournalismus gerade in diesen krisenhaften Zeiten sei; zugleich skizzierte er mit einigen Kennzahlen, in welcher Krise selbst sich Printmedien befinden: In den vergangen 20 bis 30 Jahren – spätestens durch die Digitalisierung der Informationsvermittlung – habe sich eine geradezu revolutionäre Veränderung der Rahmenbedingungen für klassische Zeitungen vollzogen; massive sinkende Auflagen und Anzeigenumsätze seien die Folge. Mit Blick auf die vier Preisträger für das Jahr 2021 betonte er: Alle Preise würden – wieder mal – an Themen vergeben, die nicht so wirklich erfreulich gewesen seien; aber gerade das mache die Bedeutung des Journalismus aus: „Wenn hauptsächlich, überwiegend oder gar nur über erfreuliche Entwicklungen zu berichten wäre, wäre es verkraftbar, wenn es diese Berichterstattung nicht oder nur oberflächlich gäbe. Aber wenn über die Fehlentwicklungen, die Verirrungen, die Verrohungen nicht berichtet wird, dann macht das was an der Substanz einer vitalen Demokratie. Deswegen sind die freien Medien wichtig.“
Auch die örtliche Bundestagsabgeordnete Christina Stumpp, zugleich stellvertretende Generalsekretärin der CDU Deutschlands, machte in ihrem Grußwort die Bedeutung des Lokaljournalismus deutlich: „Zum journalistischen Handwerkszeug gehören Verantwortung, Sachverstand, Sorgfalt und Fairness; Leidenschaft, Mut, Engagement für die Sache; den Leser jeden Tag aufs Neue zu begeistern – diese Mischung macht den klassischen und beliebten Qualitätsjournalismus vor Ort aus.“ Lokaljournalistinnen und -journalisten moderierten das Gespräch in der Region und dienten somit der Gesellschaft und der Demokratie. Der Bezug zum Namensgeben der Stiftung erinnere daran, dass Konrad Adenauer stets der Kommunalpolitik eng verbunden gewesen sei.
Die Festrede hielt in diesem Jahr der Antisemitismusbeauftragte der Landesregierung Baden-Württemberg, Dr. Michael Blume. Er selbst ist – ähnlich wie Alexander Roth vom Zeitungsverlag Waiblingen, der mit dem 1. Preis ausgezeichnet werden sollte – mit Hass und Hetze durch die Querdenker-Szene, Corona-Leugner und Demokratie-Feinde konfrontiert, bekommt regelmäßig Anfeindungen, Beschimpfungen, Verleumdungen und Bedrohungen zu spüren. Dennoch gelang es ihm, in seinem Vortrag den Ernst der Lage mit einer positiven Grundstimmung zu verbinden. Er spann einen weiten Bogen von der Sicht der Querdenker-Bewegung auf die Welt, ihren Anknüpfungspunkten zum Antisemitismus bis hin zur Bedeutung der Erinnerungs- und Bildungsarbeit und der Rolle der Medien: „Beim Blättern finden wir Ausblicke auf die Welt, auf Kultur, Wissenschaft und andere Länder. Anstatt in der größten Ich-kann-ja-doch-nichts-ändern-Lüge zu verbleiben, können wir uns so zu einem reflektieren Monismus vorantasten. Doch wo das nicht gelingt, können wir auch in einen feindseligen Dualismus stürzen, nach dem die Welt angeblich von bösen, verschwörerischen Mächten beherrscht werde, die wiederum die Regierungen und ´Systemparteien´, Banken, Wissenschaften und angebliche ´Lügenpresse´ kontrollierten. Dann entwickeln wir keine positive, gestaltende Identität, sondern pflegen Reaktanz und Verschwörungsmythen gegen alles Wissen und jedes Medium, die unseren ´gefühlten Wahrheiten´ widersprechen.“ Zum Abschluss seiner Ausführungen prophezeite Michael Blume, der auch Altstipendiat der Konrad-Adenauer-Stiftung ist, dennoch hoffnungsfroh: „Es wird schwer, aber es wird sinnvoll. Und ich wage die Prognose, dass unsere Demokratie und unser Mediensystem diesmal überleben und nicht zusammenbrechen wird; diesmal nicht!“ (Eine verschriftliche Fassung der Festrede finden Sie hier.)
Im Anschluss würdigte die Sprecherin der Jury, Jana Klameth, die Preisträger des Jahres 2021. Insgesamt hatte es 348 Einsendungen gegeben, darunter 38 für den Volontärswettbewerb. Sie machte deutlich, dass auch in diesem Jahr die Entscheidung der Jury wieder ausgesprochen schwer gefallen sei – weil es „sehr viele sehr gute Bewerbungen“ gegeben habe. Sie empfehle auch einen Blick in die Shortlist, weil bei denen, die es knapp nicht auf das Siegertreppchen geschafft hätten, auch viele starke Ideen und Anregungen für Lokalredaktionen zu finden seien. (Mehr zu den Themen der Beiträge auf der Shortlist erfahren Sie hier).
Nina Breher vom Berliner Tagesspiegel erhielt für eine Reportage über einen Essenskurier in der Hauptstadt den Sonderpreis für Volontärsprojekte. Mit dem 3. Preis wurde der Bonner Generalanzeiger für seine Berichterstattung über die Flutkatastrophe im Juli 2021 ausgezeichnet. Den 2. Preis erhielt Dr. Marco Althaus für seine in der Alfelder Zeitung veröffentlichte investigative Recherche zum Hildesheimer Landrat und seinem unter dubiosen Umständen erworbenen Doktortitel. Und mit dem 1. Preis wurde schließlich Alexander Roth vom Zeitungsverlag Waiblingen (ZVW) für seine umfangreiche und fundierte Recherche zur Querdenker-Szene in der Region Stuttgart ausgezeichnet. ZVW-Chefredakteur Frank Nipkau machte im Gespräch mit dem Moderator des Abends, Michael Antwerpes, deutlich, dass es eine Verrohung der politischen Sprache schon früher gegeben habe. Die aktuellen Bedrohungen hätten aber eine neue Qualität, weil es in der Querdenker-Bewegung eine ausgeprägte Ich-Bezogenheit gäbe: „Die Gesellschaft geht da auseinander, weil das Interesse für den anderen nicht mehr da ist.“ Auch bei anderen aktuellen Themen sei dies anschlussfähig und würde weiter polarisieren – ob bei der Solidarität mit der Ukraine oder in Debatten über Inflation und Energiepreise. „Dagegen müssen wir uns stellen“, appellierte Frank Nipkau an die Anwesenden.
1. Preis: Alexander Roth vom Zeitungsverlag Waiblingen
2. Preis: Dr. Marco Althaus für Berichterstattung in der Alfelder Zeitung
3. Preis: Teamleistung des Bonner Generalanzeigers
Sonderpreis für Volontärsprojekte: Nina Breher vom Tagesspiegel