Unter Anleitung eines Journalisten entwarfen die Teilnehmer/innen Texte in unterschiedlichen journalistischen Genres, wobei die Aufgabe auch darin bestand, die eigene Betroffenheit und die persönliche Meinung mit einfließen zu lassen. Workshopleiter: Jochen Markett, Journalist

Autorin: Samuel, 16 Jahre und Ahmad, 17 Jahre, Sophie Scholl Schule

Unlösbar

Als wir vor dem LAGESO standen, haben wir eine Menschenhorde in einem Zelt gesehen. Es ist genauso, wie es in den Medien berichtet wird. Wir sind über das ganze Grundstück gelaufen und es kamen uns nur verzweifelte Gesichter entgegen. Wenn man nun diese Masse an Menschen betrachtet, fällt es uns schwer, sie als einzelne Personen zu sehen. Dabei sind sie doch alle aus unterschiedlichen Ländern sowie aus verschiedenen Gründen hier. Als wir uns etwas mehr mit den Flüchtlingen beschäftigt haben und uns einzelne Geschichten angeguckt haben, kam die Vielfalt erneut zum Vorschein. Uns wurde nach kurzer Zeit bewusst, dass man das Flüchtlingsproblem nur an der Quelle lösen kann. Außerdem muss es wegen dieser Vielseitigkeit mehrere Lösungen oder Lösungsansätze geben.

In den Medien kommt es so rüber, als handle es sich nur um syrische Flüchtlinge, dabei machen sie nur ein Viertel der Flüchtlinge aus. Natürlich sind 24 Prozent trotzdem sehr viel - und dafür müssen wir schon eine Lösung finden. Kriegseinsätze sind für uns die einzige Methode, um den Terror aufzuhalten, weil Diplomatie dort nur scheitern kann. Uns ist bewusst, dass das keine ideale Lösung ist, da Militäreinsätze möglicherweise mit unschuldigen Opfer verbunden sind. Beim tatenlosen Zusehen hätten wir aber viel mehr Menschen auf dem Gewissen.

Wie wir bereits erwähnten, gibt es nicht nur syrische Flüchtlinge, sondern auch zum Beispiel Flüchtlinge aus Eritrea, wo Leute vor dem repressiven Regime flüchten müssen. Auch hier sehen wir nur einen Lösungsansatz, der ebenfalls nicht perfekt ist. Wir würden vorschlagen, dass man den Handel mit Eritrea unterlässt. Wir sind uns jedoch im Klaren, dass diese Entscheidung wahrscheinlich nicht ausreichen würde, um dort das System zu verändern. Es ist aber eine der wenigen Möglichkeiten, ein Land zu beeinflussen.

Gibt es überhaupt optimale Lösungen für all diese Probleme?

Autorin: Aiko Kipka, 17 Jahre, Sophie-Scholl-Schule

Ich war bei der chaotischsten Behörde Deutschlands

Die Flüchtlingskrise ist das Topthema in den Nachrichten. Doch wir Deutschen bekommen kaum mit, was die Flüchtlinge hier in Deutschland jeden Tag durchmachen. Ich war vor Ort, beim Lageso, um mir ein Bild davon zu machen. Ich bin Deutscher und bin unserer Sprache mächtig, doch ich habe es nicht geschafft, dieses perfide System zu durchschauen. Wie soll das dann ein Flüchtling machen? Das Problem ist, dass keiner das System versteht, sagte mir das Sicherheitspersonal. Wo ich auch hinsah, drängten sich die Flüchtlinge, obwohl das Lageso auf einem riesigen Gelände steht. Selbst als ich das Gebäude betrat, stapelten sich schon wortwörtlich die Flüchtlinge in viel zu kleinen Wartezimmern. Hin und wieder sah ich auch Deutsche, die sich die Kostenübernahmen der Migranten anschauten, um dreisterweise mit ihren Wohnungen möglichst viel rauszuschlagen. Ich hatte das Gefühl, dass sich eine richtige Mafia gebildet hat, die die Flüchtlinge nur ausnutzt, weil sie traumatisiert sind und jede Hilfe brauchen.

Das Ziel eines jeden Migranten ist der Termin mit dem Sachbearbeiter, bei dem sie ihren Antrag auf Asyl verlängern können oder für die Übergangszeit als Flüchtling Geld erhalten. Doch als ich die Möglichkeit hatte, einen Blick auf einen dieser Terminzettel zu werfen, sah ich diverse Termine, die immer und immer wieder durchgestrichen waren. Der Grund ist klar: Das Lageso vergibt täglich 800 Termine, kann aber nur 200 bearbeiten. Warum? Das versteht keiner so genau. Noch sinnloser wurde es dann, als die Polizei mir von zwei unterschiedlichen Wartenummern berichtet hat. Sie behauptete, dass die Migranten eine Wartenummer brauchen, um eine Wartenummer zu ziehen. Kurz darauf waren die Beamten sich dann doch nicht mehr so sicher und gaben auf, mir diese unendlichen Weiten des Lageso zu erklären - was nachvollziehbar ist. Mitarbeiter gaben sogar an, dass es einen Job namens „Sucher“ gibt, dessen Aufgabe es ist, bestimmte Akten im ganzen Haus zu suchen. Ein perfektes Beispiel, wie ich finde, die Ausmaße des Chaos zu zeigen. Nicht umsonst gilt das Lageso als chaotischste Behörde Deutschlands.

Es gibt aber auch Verbesserungen, beispielsweise beheizte Zelte. In einem ist eine 24-stündige Essensausgabe mit drei verschiedenen Mahlzeiten. Außerdem sind täglich Moabit-hilft-Ehrenamtliche da, die warmen Tee und Kaffee an die Migranten verteilen. Doch als ich eine Helferin gefragt habe, wie sie die aktuelle Lage einschätzt, antwortete sie nur: „Scheiße“. Ich denke, dass das Lageso noch großen Verbesserungsbedarf hat und dass das Regristrierungsverfahren einen einfacheren Weg braucht. Aber gibt es überhaupt einen einfacheren Weg?

Christopher Eschricht, 17 Jahre, Sophie-Scholl-Schule

Flüchtlingskrise

Die Frage die ich mir am meisten stelle, ist: „Wie gehen die Flüchtlinge mit der Situation vor dem Lageso um?“ Wenn ich persönlich vor diesem Gebäude stehen müsste und nicht genau wüsste, wie es mit mir weiter gehen würde, wäre ich echt verwirrt und würde mir Sorgen machen. Immerhin stehen diese Menschen schon seit Tagen vor diesem Amt, ohne wirklich zu wissen, wie bzw. was in diesem Gebäude mit ihnen passiert. Man muss auch bedenken, dass die Flüchtlinge teilweise Tausende von Kilometern geflüchtet sind und jetzt einfach nur rumsitzen und nicht weiter kommen.

So viele Fragen:

Wie soll es mit ihnen weitergehen?

Wer hilft ihnen - und wie?

Warum unterstützt die Polizei den Sicherheitsdienst nicht?

Was hat unsere Regierung vor, um die Flüchtlingskrise unter Kontrolle zu bringen?

Ich war vor Ort beim Landesamt für Gesundheit und Soziales und habe die Ausmaße der Flüchtlingskrise gesehen. Die Menschen, die sich dort befinden, haben keine Ahnung, wie es mit ihnen weitergehen wird. Auch das Personal weiß nicht genau, wie es mit dem Ansturm umgehen soll. Ich bin unter einem Vorwand in das Gebäude reingegangen - und da merkte ich erst richtig, wie schlimm es eigentlich ist. Das Chaos, das sich draußen schon ankündigte, setzte sich auch drinnen fort!

Immer wenn neue Menschen in das Gebäude reingelassen wurden, fingen im Wartezelt alle an zu grölen und zu jubeln. Einer sagte mir, sein größter Wunsch sei es, ins Haupthaus zu kommen, obwohl ich eindeutig sehen konnte, dass es im Haus nicht besser ist.

Ich sprach auch mit einer Frau von „Moabit hilft“, und auch sie meinte, dass dort keine Organisation herrscht, da keiner weiß, wie dort irgendwas laufen soll. Es gibt beim Personal mittlerweile sogar die sogenannten Sucher, deren Aufgabe es ist, nur die Akten zu suchen, die irgendjemand gerade braucht. Viele stellen sich die Frage, wie so etwas in dem sonst immer Top organisierten Deutschland passieren kann. Selbst die Polizei ist an manchen Stellen überfordert und weiß kaum noch, wie sie der Situation gerecht werden kann.

Wenn man aber merkt, dass das Lageso in der Turmstraße so sehr überfordert ist, warum ändert man dann an dieser Lage nichts? Auch die neuen Zweigstellen haben das Chaos nicht wirklich beseitigt.

Es gibt leider noch zu viele Baustellen, an denen es Probleme gibt. Aber leider ist niemand in der Lage, etwas an der Situation zu ändern - oder der Berliner Senat will sich mit der Problematik nicht auseinandersetzen.

Man braucht sich doch nur mal die Frage stellen, was der Staat machen würde, wenn die ganzen ehrenamtlichen Helfer ausfallen würden. Dann wären die Probleme noch größer, da der Personalschüssel für Flüchtlingseinrichtungen einfach viel zu niedrig ist. Auf dreihundert Flüchtlinge kommen gerade mal zehn Sozialarbeiter und das steht nun definitiv nicht im Verhältnis.

Zum Glück gibt es aber genügend Menschen, die nicht weiter wegsehen wollen und sich mit den Problemen ehrenamtlich auseinandersetzen wollen. Dafür sollte man ihnen wirklich danken, da diese Leute sehr gute Arbeit leisten trotz der schlechten Wetterbedingungen, die momentan in Berlin herrschen und die in nächster Zeit auch nicht besser werden.

Die Flüchtlinge mussten wochenlang hier nach Deutschland reisen, um dann hier tagelang in der Kälte zu stehen. Frau Merkel sagte, WIR SCHAFFEN DAS. Aber wo bleibt die Hilfe des Staates, die so dringend benötigt wird? Es ist längst kein Geheimnis mehr, dass das Lageso vollkommen überfordert ist. Aber dennoch guckt der Staat weg und tut nichts, um die Flüchtlinge, das Personal und vor allem die freiwilligen Helfer zu unterstützen. Ich finde es sehr gut, dass die Nahrungsversorgung gesichert ist und jeder essen kann, so viel er will. Aber das ist noch längst nicht alles, was diese Menschen brauchen. Das erste, was sie brauchen, ist die Sicherheit, dass sie eine vernünftige Versorgung haben und einen strukturierten Ablauf.

Die Hauptfrage ist im Grunde: Was glaubt unsere Regierung eigentlich, wie das jetzt alles weiter gehen soll? Pro Tag kommen in Berlin 600 bis 700 Flüchtlinge an, die sich ebenfalls in der Turmstraße registrieren müssen, obwohl das Lageso jetzt schon überfordert ist?! Dafür muss schnell eine Lösung her. Es ist schade, dass alle sagen, dass die Flüchtlinge herkommen können, aber Deutschland im Grunde nicht in der Lage ist, diesen Ansturm auch zu versorgen. So wie hier in Berlin mit den Flüchtlingen umgegangen wird, ist es schon fast menschenunwürdig. Man muss auch immer vor Augen haben, dass sie von weit her kommen und viel Schlimmes auf dieser Welt gesehen haben und sehr viele von ihnen auch stark traumatisiert sind. Unter diesen Umständen ist es nicht richtig, sie mit Hunderten weiteren in ein Zelt zu sperren und sie in der Hoffnung zu lassen, dass sie heute sicher ihren Termin bekommen.

Nikolaus Leier, 16 Jahre & Emanuel Eckstein, 16 Jahre, Gymnasium Steglitz

Wisam kommt nicht weiter

Wisam Akram steht neben dem Wärmezelt des Lageso. Er ist verzweifelt. Seit Tagen versucht er mit jemandem zu reden, wegen seiner miserablen Unterkunft am Tempelhofer Feld. Er selbst ist 28 Jahre alt und seit 2 Monaten mit seinen Eltern in Berlin. Seine Geschichte ist beschwerlich und kompliziert. Er erzählt uns, dass er ursprünglich aus dem Iran stammt. Vor 13 Jahren floh er aufgrund des Irakkriegs nach Syrien und arbeitete in Damaskus als Koch. Doch es kam der Krieg - und das syrische Militär erpresste ihn und verlangte viel Geld von ihm und seiner Familie, um in Syrien bleiben zu können. Die Familie floh zuerst mit dem Boot nach Griechenland, legal für 50 Dollar pro Person, wie er uns sagt. Sie irrten durch die Balkanstaaten, Mazedonien, Ungarn, und Österreich. Überall wurden er und seine Eltern weggeschickt, in Züge und Busse gestopft oder mussten tagelang zu Fuß laufen. Schließlich kam er mit einem Bus von München nach Berlin, dachte, dass er nun Ruhe findet und sich von seinem Leiden erholen und ein neues Leben beginnen kann. Doch es ist alles ganz anders: Er ist nach Tempelhof gekommen, in eine der Hangarhallen, zusammen mit Hunderten anderen Flüchtlingen. Wisam erzählt uns von den katastrophalen Umständen: ungenügende sanitäre Ausstattung; privat ist eigentlich nur das Bett, in das jeder Einsicht hat; tagsüber weinen und schreien Kinder von überall her; nachts streiten sich frustrierte junge Männer laut, meist um Nichtigkeiten. Besonders seine Eltern leiden stark unter diesen psychischen Belastungen, beiden geht es nicht mehr gut. Wisams Englisch ist sehr gut und klar verständlich, dennoch erreicht er hier am LaGeSo nichts. Er wird von Gebäude zu Gebäude zu geschickt, ohne etwas zu erreichen.

Weshalb kommt er seit Tagen nicht voran, er wollte bereits vor Wochen mit einem Deutschkurs beginnen?

Das Lageso hat schlichtweg nicht genug Kapazitäten, um alle Flüchtlinge zuzuweisen. Es müssen weitere Ämter eröffnet werden.

Sobald die Flüchtlinge registriert worden sind, müssen sie unter humanitären Bedingungen leben können. In den Notunterkünften herrschen unmenschliche Bedingungen und man hat keinen Platz für sich allein. Eine Zwischenlösung wäre, auf dem Land mehr Containerdörfer zu errichten, damit die Flüchtlinge im Winter im Warmen sind. Doch Wisam wird wiederkommen, Tag für Tag. Und jeder Tag geht ihm ein Stück seiner Lebenszeit verloren – und seiner Hoffnung.

Jule Zimmermann, 17 Jahre, Gymnasium Steglitz

Zwei Welten

Als ich über das Lageso-Gelände gehe, fühle ich mich, als wäre ich in einer komplett anderen Welt. Ich bin dann in einer Welt, in der Menschen nichts mehr haben und komplett auf die Hilfe von anderen angewiesen sind. Hier stehen riesige beheizte Zelte, um die Menschen vor der Kälte zu schützen, und direkt daneben ein mobiles Röntgenmobil, um an Tuberkulose Erkrankte versorgen zu können. In dieser Welt ist Weihnachten nicht das Wichtigste im Dezember. Die größten Sorgen sind nicht, alle Weihnachtsgeschenke zu besorgen oder die Frage, ob man sich ein iPhone wünschen sollte oder doch lieber das erste eigene Auto. Die einzige Sorge ist, es in Haus A zu schaffen, um registriert zu werden oder Geld und eine Unterkunft zu bekommen. Vielleicht. Es ist unübersichtlich. Nicht chaotisch, aber verwirrend. Ich könnte mich nicht zurechtfinden, wäre ich ein Flüchtling. Ich hätte keine Ahnung, wo ich hinmuss und wie das System genau funktioniert. Wenn ich als Deutsche es nicht schaffe, mich im Lageso zu orientieren, wie soll ein Flüchtling das dann schaffen? Manchmal fühle ich mich, als würde ich im Weg stehen. Die Menschen laufen mit ihren wenigen Habseligkeiten relativ zielstrebig über das Gelände. Ich gehöre nicht hierhin – und das sieht man mir an. Ich fühle mich, als würde ich die Leute beobachten, als würde ich in ihre Privatsphäre eindringen. Ich rede mit keinem der Flüchtlinge. Alle wirken freundlich, wenn auch teilweise abwesend. Ich weiß nicht warum. Vielleicht weil ich mich dann verantwortlich fühlen würde. Wenn ich mich genauer mit persönlichen Schicksalen beschäftigen würde, würde mir meine eigene Hilflosigkeit vor Augen geführt werden. Niemand will sich hilflos fühlen. Aber genau das ist das Problem. Wir fühlen uns hilflos und überfordert und wenden uns dann vielleicht lieber ab, anstatt uns mit dem Problem zu beschäftigen. Wenn ich neben diesen Menschen stehe, die monatelang unterwegs waren, um hierher zu kommen, die in ihrer Heimat um ihr Leben fürchten müssen, dann komme ich mir ziemlich feige vor. Ich könnte so viel tun. Es gibt keine Ausreden und trotzdem tue ich es nicht. Bin ich einfach bequem? Immer wieder sage ich mir: Ich mache mein Abi, ich habe keine Zeit. Nach dem Abi. Dann kann ich wirklich etwas bewirken. Das ist Schwachsinn, aber ich mache trotzdem nichts anders. Um mich herum spielen Kinder. Sie wirken glücklich. Auf der Straße schenken zwei Frauen Kaffee und Tee aus. Schon das reicht, um ein Lächeln auf die Gesichter der Menschen zu zaubern. Man muss nicht viel Zeit aufwenden oder große Aktionen machen, schon kleine Dinge helfen.

Ich gehe zurück in meine Welt. Sie wirkt so einfach und unkompliziert nach diesem Besuch. Vielleicht hat dieser Besuch ja bewirkt, dass ich meine eigene Schüchternheit und meine Ängste überwinde. Vielleicht schaffe ich es, meine Ausreden zu vergessen und helfen zu gehen. Aber was ich auf jeden Fall aus dieser komplett unterschiedlichen Welt mitnehme, sind die Lebensfreude und das Durchhaltevermögen.

Luca Iriarte, 17 Jahre, Gymnasium Steglitz

Alleinreisende männliche Flüchtlinge abweisen

Europa ist angespannt. Die Anschläge in Paris in der Nacht vom 13. zum 14. November dieses Jahres haben die unglaubliche Brutalität des Terrors in den Westen verfrachtet. Und die Staaten sehen sich zu militärischen Einsätzen verpflichtet.

Die Frage nach einer Kriegsbeteiligung Deutschlands im Nahen Osten als Solidaritätsbeweis zu Frankreich wird national heftig diskutiert. Außerdem kommen große Probleme hinsichtlich der Flüchtlingskrise auf Deutschland zu – nicht nur wegen des Winters.

So viele Fragen, die Deutschland gerade bewegen: Wie gehen wir mit den Hilfesuchenden um? Wie organisieren wir eine möglichst schnelle und effektive Integration? Wie viele Flüchtlinge können wir aufnehmen? Wie kann die Regierung unsere Sicherheit gewährleisten?

Viele Bürger und auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière haben schon gefordert: „Es muss eine Obergrenze für Flüchtlinge geben.“ Außerdem steht aufgrund der wachsenden Angst vor Terroranschlägen die Frage im Raum, ob alleinreisende männliche Flüchtlinge zukünftig abgewiesen werden sollen.

Doch wäre das moralisch vertretbar – und wäre es überhaupt sinnvoll? Meiner Meinung nach: Ja.

Denn wenn man sich fragt, wie viel man eigentlich über die 'Ankommenden' weiß, wird schnell deutlich, dass eine Identität dieser Menschen in den meisten Fällen erst bei der Registrierung in Deutschland 'entsteht'. Auf der Reise verlieren Flüchtlinge häufig ihre Pässe - sofern sie diese überhaupt mitgenommen haben - oder lassen sie verschwinden, um ihre ursprüngliche Identität hinter sich zu lassen.

Letztendlich wissen wir nichts über die Vergangenheit vieler Flüchtlinge und das stellt definitiv eine Gefahr dar. Vor allem hinsichtlich Terrororganisationen wie dem Islamischen Staat, dessen Rekrutierung neuer sogenannter 'Gotteskrieger' auf Hochtouren läuft. Gerade junge Männer werden gezielt für terroristische Aktionen angeworben oder sympathisieren durch verbreitete Propaganda mit diesen Terrorgemeinschaften.

Eine mögliche Regelung wäre die seit dem 25. November in Kanada eingeführte: Es dürfen vorerst nur Frauen, Kinder und Familien einreisen – alleinreisende Männer werden nur in das Land gelassen, wenn diese nachweislich als Homosexuelle besonderen Schutz vor Verfolgung benötigen.

In den Vereinigten Staaten von Amerika haben sich alle 50 Staaten gegen eine Aufnahme von Flüchtlingen aus dem Krisengebiet Syrien ausgesprochen. Die Unterstützung in der Flüchtlingskrise lässt nach und Europa - auch Deutschland - sieht sich alleingelassen. Doch man kann nicht alle Flüchtlinge aufnehmen, speziell nicht in einem so dicht bevölkerten Staat wie der Bundesrepublik.

Denn wie wird das Asylrecht in der deutschen Menschenrechtserklärung definiert?

Das politische Asylrecht gewährt dem Menschen lediglich das Recht, Asyl in anderen Ländern zu suchen, nicht einzufordern.

Wann ist es bei uns soweit?

Ohne jeglichen Zweifel befinden sich unter den Hilfsbedürftigen auch Sympathisanten des IS oder bereits ausgebildete Terroristen. Europa ist mit der Situation überfordert und die Angst der Bürger lässt nicht nach. Ganz im Gegenteil: Die einzige Frage, die besteht, ist nicht, OB es einen Terroranschlag in Deutschland gibt, sondern WANN.

Deutschland hatte die letzten Jahre sehr viel Glück dabei, Anschläge zu vereiteln. Doch eines Tages wird es auch in Deutschland eine von Terroristen verübte Tat geben. Komplett verhindern kann man solche Attentate nicht. Es ist jedoch möglich, das Risiko aktiv zu vermindern. Dazu zählt auch, potentielle 'Gotteskrieger' zu ermitteln und das Land vor diesen zu verteidigen.

Terroristen sind eine große Gefahr für unser friedliches Leben. Wenn also der Verdacht besteht, bin ich entschlossen der Ansicht, den Staat zu schützen und Menschen die Aufnahme verwehren zu können.

Quelle: - Süddeutsche.de; 25.11.2015

- domradio.de; 1.12.2015

- menschenrechtserklaerung.de

Mattis Ernst. 18 Jahre, Gymnasium Steglitz

Was mir in der Flüchtlingskrise Sorgen macht

Die Flüchtlingskrise ist wohl die am meisten diskutierte Krise im Jahr 2015. Wahrscheinlich gibt es auch kaum ein höheres Konfliktpotenzial als in dieser Diskussion. An dieser Frage scheiden sich die Geister. Ich persönlich weiß nicht viel über Flüchtlinge. Ich hatte leider bis jetzt auch noch keinen Kontakt zu den Menschen, die in ihren Heimatländern dieses unfassbare Leid erfahren mussten. Was ich allerdings weiß ist, dass in Deutschland, genau wie in allen anderen Ländern der Europäischen Union, in Sachen Flüchtlingskrise etwas vollkommen schief läuft.

Man versetze sich einmal in die Lage eines Flüchtlings: ohne Familie und Freunde, aus seinem Heimatland vertrieben, kommt er nach Deutschland in der Hoffnung auf angemessene Hilfe und ein neues Leben. Endlich angekommen, wird er empfangen von hasserfüllten Menschen, überforderten Behörden und unübersichtlicher Bürokratie. Es gibt viele Gründe, sich über die körperlichen und psychischen Zustände der Flüchtlinge Sorgen zu machen. Allerdings sehe ich hauptsächlich der Zukunft dieses Landes und überhaupt der gesamten Wertegemeinschaft EU voller Unruhe entgegen. Wichtig für die Zukunft Deutschlands ist die Meinung der Bevölkerung über die Flüchtlingsfrage. Mit Erschrecken ist zu sehen, dass Parteien, wie zum Beispiel die eher rechte AfD, gewaltigen Zulauf an deutschen Bürgern bekommen. In Frankreich hat die rechte Partei Front National nur knapp einen Wahlsieg in den Regionen verpasst. Durch diesen Fremdenhass einzelner Bevölkerungsgruppen steigt sowohl die Gefahr für die Flüchtlinge in Form von Überfällen und Anschlägen, als auch die Gefahr eines Rechtsrucks in der deutschen und europäischen Politik. Die Stimmung in Deutschland scheint zu kippen.

Die Stimmung scheint aber auch in ganz Europa zu kippen. Das mag daran liegen, dass Deutschland von anderen EU-Staaten in der Flüchtlingsfrage alleingelassen wird. Da andere EU-Länder die Kooperation verweigern, sich regelrecht sträuben, muss man leider am Grundgedanken der Wertegemeinschaft Europäische Union zweifeln. Ursprünglich sollte die EU die europäischen Länder vereinen, was in der Vergangenheit auch gut funktioniert hat. Allerdings deutet der derzeitige Trend auf ein Auseinanderdriften der europäischen Länder hin.

Ich mache mir Sorgen um den Zustand der Flüchtlinge. Ich mache mir Sorgen um das Umkippen der politischen Stimmung in Deutschland. Am meisten aber mache ich mir Sorgen um die Zukunft der Europäischen Union. Wenn nämlich die europäische Flüchtlingspolitik funktionieren würde, also eine vernünftige Aufteilung der Flüchtlinge auf die EU-Länder gewährleistet werden könnte, müsste man nicht mehr von einer Krise sprechen. Fatal aber ist der fehlende Zusammenhalt in Europa.

Nikolaus Leier, 16 Jahre, Gymnasium Steglitz

Heimatlos

Krieg in den Straßen

Krieg in meiner Heimat

jeder Tag könnte dein letzter sein

du wirst erniedrigt, ermordet

wir sind nur froh

wenn wir uns gegenseitig umbringen können

Flucht oder Gefängnis

Freiheit oder Gefängnis

ich sehe keinen Ausweg

ich nehme Risiken auf mich

ich komme nicht vom Weg ab

habe ich nie an den Tod gedacht?

Das wäre gelogen

doch jetzt bin ich hier

so habe ich mir Freiheit nicht vorgestellt

Nichts hat sich verbessert

Arm sein ist unschön

und Deutscher bin ich auch nicht

bringt Leben noch was?

Mach ich Schluss mit dem Scheiß?

Deutschland und die Ordnung

ist das nur ein Mythos

ich bekomme eine Wartenummer

doch ich will doch nur ankommen

Gerne wäre ich wieder ein Kind,

da war Syrien noch Heimat

Pascal Wendel, 17 Jahre, Gymnasium Steglitz

Alles falsch machen? „Wir schaffen das“

Was wissen wir über Flüchtlinge? Nichts! Wir wissen nicht einmal, wo die Flüchtlinge herkommen oder wer sie sind. Wenn ein Flüchtling nach Deutschland kommt, dann kann er seine Papiere wegwerfen - und schon ist er ein neuer Mensch. Deshalb ist es völlig egal, was wir glauben, über diese Menschen zu wissen.

Ich würde gern über drei Dinge sprechen: Unterstützung in Deutschland, Beeinflussung durch Medien und die Ursachenbekämpfung

Beginnen wir mit der Unterstützung hier in Deutschland

Wir versuchen, sie unterzubringen, zu ernähren, zu unterstützen usw. Doch dabei denken wir nicht darüber nach, was wir damit anrichten. Man beschäftigt sich hauptsächlich mit den Menschen, die hier herkommen und nicht mit denen, die noch in ihren Ländern sind. Das bedeutet, dass auf Dauer das Flüchtlingsproblem nicht gelöst wird. Wenn wir anfangen würden, die Menschen in ihren Ländern zu halten, ihnen Zukunft dort zu geben und etwas gegen das Problem und nicht gegen die Folgen zu tun, dann könnten wir auch etwas erreichen.

Als Nächstes würde ich gerne etwas sehr Interessantes ansprechen: Beeinflussung

Jeder denkende Mensch weiß, dass man von eigentlich allem beeinflusst wird. Das ist bei den Flüchtlingsthemen nicht anders. Ein gutes Beispiel dafür sind manche Medien, die uns permanent Mitleid und Verständnis für die Flüchtenden einflößen wollen. Mit Geschichten von Müttern, die um ihre kranken Kinder bangen oder von Männern, die ihren Bruder auf dem Weg hierher verloren haben, wird an unser Mitgefühl appelliert, sodass wir immer mehr dulden und ertragen, um zu helfen. Der Grundgedanke ist nicht falsch, aber auch nicht richtig, da wir zwar helfen sollen, aber es unsere Entscheidung sein sollte, wie sehr. Natürlich klingt das komisch zu sagen: „Jeder soll selbst entscheiden.“ Doch was bringt es, wenn wir unser Land mit Flüchtlingen füllen und gleichzeitig Tausende Bürger damit vertreiben? Ich möchte weder in einem Land leben, das mitleidslos ist, noch in einem, das die eigenen Bürger nicht achtet.

Ich könnte noch endlose andere Probleme aufzählen, z.B. ökonomische Verlusten vieler Länder, unzureichende Programme zur Rettung von Flüchtlingen usw. , doch das bringt uns nicht weiter, genauso wenig wie Proteste oder Reportagen, denn sie sprechen die Regierung nicht an. Erst wenn eine der großen Parteien eine Erleuchtung hat und sich auch auf die Ursachen konzentriert, wird sich etwas verändern.

Damit kommen wir auch schon zum letzten Thema: die Ursachenbekämpfung

Was tun wir gegen die Bedingungen in den entsprechenden Ländern? Wir diskutieren einen Einsatz in Syrien. Doch hilft dieser wirklich? Haben wir den Ländern große finanzielle Hilfen angeboten?

Haben wir versucht, die Zustände zu verändern, die die Menschen dazu bewegen, ihr Land zu verlassen? Oder haben wir lieber das kleinere Problem genommen und irgendwie – vergeblich – versucht, diese Menschen einfach nur unterzubringen?

Krieg und Tod war nie eine Lösung für Probleme! Wenn wir in Syrien eingreifen und dort zwangsweise großen Schaden anrichten, werden dann die Flüchtlinge zurückgehen? NEIN!

Es war falsch, nicht sofort nach Lösungen für die entsprechenden Länder zu suchen, doch man kann Fehler bis zu einem gewissen Grad ausbügeln. Langsam ist die Zeit dafür gekommen.

Ich würde gerne ein Fazit ziehen: Liebe Politiker der Bundesrepublik Deutschland, die die Situation nur in den Aufnahmeländern behandeln wollen – fangen Sie endlich an, selber nachzudenken und vernünftig zu handeln. Sollten Sie dies aus Ihrer Sicht bereits tun, möchte ich Ihnen hiermit sagen: Politik ist definitiv nichts für Sie!

Benjamin Bell, 17 Jahre, Gymnasium Steglitz und Victoria Backhaus, 16 Jahre, Johann-Gottfried-Herder Gymnasium

Der Traum vom LaGeSO

„Mein Traum ist es, in dieses Gebäude zu kommen und nicht weggeschickt zu werden.“ Mohammed, 23, Kriegsflüchtling aus dem Irak, zeigt auf das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LaGeSo). Diese Anlaufstelle für sämtliche Flüchtlinge, die sich in Berlin registrieren lassen wollen, wird von Sicherheitsleuten bewacht. Und Mohammed kommt einfach nicht rein. Er zeigt uns seine Dokumente, auf denen wir sehen können, dass sein Termin bereits seit Anfang Oktober stetig verschoben wird. Nun ist es Mitte Dezember, es ist kalt, die Menschen frieren und nichts bessert sich. Trotzdem steht er uns mit einem Lächeln gegenüber, voller Hoffnung, da wahrscheinlich sogar das Frieren vor dem LaGeSo besser ist, als in seiner Heimat in der ständigen Angst vor Anschlägen und dem Tod zu leben. Zwei Wochen, eine Menge Kraft und 3000 Dollar hat ihn der Weg aus dem Irak nach Deutschland gekostet. Hier ist er nun alleine, seine Familie hat er in Bagdad zurückgelassen, die dort um ihr Leben kämpft, bis auch sie die Möglichkeit erhält, ihm zu folgen.

Nicht weit von Mohammed steht ein Sicherheitsmann, der gerade einer Flüchtlingsfamilie den Weg zu erklären versucht. Auch ihn befragen wir zu der Situation am LaGeSo. Er spricht Klartext: „Das LaGeSo hat kein System.“. Er hat keine Hoffnung und kann sich nicht vorstellen, dass sich die Situation demnächst ändern kann und wird. Diesem Statement schließen sich einige seiner Kollegen an.

Aber weshalb sind die Mitarbeiter des LaGeSo so skeptisch? Ein weiterer Sicherheitsbeauftragter nennt uns einige Gründe. Laut ihm ist die Behörde mit den 400-600 täglich ankommenden Flüchtlingen überfordert, zudem herrscht durch Stellenkürzungen in der Vergangenheit Personalmangel, was die Situation noch schwieriger gestaltet. Ein weiterer Aspekt sind die für die Flüchtlinge unverständlichen Formulare, die selbst wir als Muttersprachler schlecht überblicken können. Zudem ist der Großteil der Dokumente in lateinischen Buchstaben verfasst. Das ist für die Flüchtlinge mindestens so verwirrend wie die Terminvergabe.

Auch wir können Mohammed nicht sagen, wann sein Warten endlich ein Ende hat. Seine Dokumenten sind unübersichtlich, Termine ständig durchgestrichen und geändert.

Nachdem am 09. Dezember der bisherige Leiter des LaGeSo Franz Allert zurückgetreten ist, soll der Nachfolger die Situation verbessern. Mehr Personal; weitere Anlaufstellen für Flüchtlinge; und ein einfacherer Weg, Geld auszuzahlen – das sind die Plä ne.

„Wir schaffen das!“ Auch die Einstellung unserer Bundeskanzlerin Angela Merkel lässt uns optimistisch denken. Sie weckt den Anschein, dass mit mehr Hilfe aus der Politik die Flüchtlingsproblematik in Deutschland bewältigt werden kann. Denn gerade Deutschland, als finanziell stabiles Land, hat die Möglichkeit, etwas zu ändern und den Flüchtlingen Hoffnung zu geben. Sogar ein Flüchtling, der sich alleine in einem fremden Land, mit einer fremden Kultur und einer fremden Sprache, befindet, kann so optimistisch sein, dass er immer noch mit einem Lächeln im Gesicht fast täglich sein Glück beim LaGeSo versucht. Sollte dann nicht vielleicht jeder von uns nach seinen Möglichkeiten helfen und diesem Vertrauen der Flüchtenden in uns und unser Land gerecht werden? Dabei sollten wir uns nicht von dem derzeit zunehmenden Fremdenhass beeinflussen oder entmutigen lassen.

Auch Mohammed hat den Mut noch nicht verloren. Wir hoffen für ihn und die vielen tausend weiteren Flüchtlinge, dass die Konzepte besser werden – und ihr Traum endlich in Erfüllung geht.