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Viele Bildungsmythen sind zu schön, um wahr zu sein: Prof. Neumann in Bückeburg

Bückeburger Mittagsgespräch

Mit viel Witz und Klarheit rechnete Prof. Dr. F. Dieter Neumann, Dozent und Forscher für Pädagogik und Evolutionäre Anthropologie an der Leuphana-Universität in Lüneburg, mit den Mythen in Schule und Pädagogik beim Bückeburger Mittagsgespräch ab.

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„Wenn man Etwas hört, das zu schön ist, um wahr zu sein, dann ist es meistens auch nicht wahr“. Mit diesem entschlossenen Statement leitete Prof. Dr. F. Dieter Neumann von der Leuphana-Universität in Lüneburg seinen Vortrag über die Irrungen und Wirrungen mancher pädagogischer Überzeugung ein. Es sei wichtig, dass man Systeme hinterfrage und letztendlich mit den schlichtweg falschen pädagogischen Mythen breche, denn „Träume und Mythen platzen anders als Lehman Brothers nicht an einem Tag“, so Prof. Neumann.

Scharf kritisierte er den Erneuerungsgedanken vieler Pädagogen aber auch Eltern, die dächten, dass Lehrmethoden sich andauernd zu verändern hätten, um dem Wandel der Zeit nachzukommen. Was eigentlich geschehe, sei das Verkaufen der bereits seit Jahrhunderten existenten Systeme und Überlegungen unter einem anderen Namen. Da die Pädagogik aber nicht über das Schicksal vergangener Reformen spreche, werde sich dieser Trend vermutlich fortsetzen. Er mahnte, dass Fortschritt eine „komplizierte Sache“ sei, da man sehr leicht von Etwas fortschreiten könne, was man lieber hätte behalten wollen. Letztendlich sichere meist nur die Gnade des Vergessens die Illusion einer Erneuerung.

Ein zentraler Mythos, mit dem Prof. Neumann aufzuräumen versuchte, war die immer stärker in den Vordergrund tretende Vermittlung von Kompetenzen anstelle von Wissen. Dieser Vorstellung liege zugrunde, dass Wissen heutzutage „immer geringere Halbwertzeiten habe“, also viel schneller in Vergessenheit gerate, weil es in den Wissenschaften „Erkenntnisexplosionen“ gebe. Dies allerdings erachte er als schlichtweg falsch, da die meisten neuen Erkenntnisse auf alten Theorien fußten und im Grunde nur eine Verfeinerung des bereits Bekannten seien, so Prof. Neumann.

Auch seien einige Lehren aus den PISA-Studien Fehldeutungen: Die vermehrt auftretenden Forderungen, in Deutschland einen Systemwechsel hin zu einem skandinavischen Schulsystem zu vollziehen, seien falsch, weil nicht das System, sondern die sog. „Kultureffekte“ die effiziente Komponente in der Erziehung seien. In Finnland sowie den „eigentlich Siegern“ der PISA-Studien - die südostasiatischen Länder um China, Südkorea und Taiwan - sei die Achtung vor dem Lehrer sehr hoch und der Unterricht stark auf direkte Instruktion ausgerichtet. Dadurch könne den Schülern das in der Studie getestete Wissen durch die Erzieher besser vermittelt werden.

Den rund 125 Zuhörer gab Prof. Neumann auch konkrete Fakten an die Hand, wie eine gute Bildung ihm zufolge auszusehen habe: Die gesamte Schule sollte nicht allzu groß sein (ungefähr 150 Schüler) und die Klassen klein und homogen. In der Betreuung der Schule habe man sich zu entscheiden, ob man „eine Schule für alle oder lieber einen Lehrer für jeden“ haben wolle. In absehbarer Zukunft, so Neumann abschließend, werde die Bildungsdebatte zu den einfachen Einsichten zurückkehren und bestimmte Formen der „alten Schule“ würden wieder eingeführt werden.

Alex Schmidtke

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