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War die DDR ein „Friedensstaat“?

DDR-Mythen

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In ihrem Selbstverständnis war die DDR ein „Friedensstaat“. Sie allein verwirklichte nach Auffassung der SED im Gegensatz zur „imperialistischen BRD“ bestimmungsgetreu die Beschlüsse der Potsdamer Konferenz von 1945, demokratisch und friedlich zu sein. Allerdings stand die permanente Selbststilisierung der DDR zum „Friedensstaat“ in krassem Widerspruch zur ständig forcierten Militarisierung von Staat und Gesellschaft. So hatte die DDR für einen Staat, der laut offizieller Linie nie etwas anderes anstrebte als den Frieden in der Welt, einen sehr stark militärisch geprägten Alltag. Die Uniformen von Volkspolizei, Volksarmee, Kampfgruppen, Gesellschaft für Sport und Technik, Stasi und Transportpolizei gehörten zum alltäglichen Straßenbild.

In der DDR existierte seit 1962 eine allgemeine Wehrpflicht von 18 Monaten. Wer den Dienst ablehnte, konnte einen Dienst ohne Waffe ableisten; wer auch dazu nicht bereit war, dem drohte eine Gefängnisstrafe. Der „Friedensstaat DDR“ duldete keine Wehrdienstverweigerer. Pazifisten, so die SED-Argumentation, arbeiteten den imperialistischen Kriegstreibern in die Hände (siehe auch „Antimilitarismus“ und „Antiimperialismus“ bei Linksextremisten). Bereits im Kindergarten wurde ein klares Freund-Feind-Denken eingeübt. Darüber hinaus zielten Besuche bei sog. Pateneinheiten der NVA und das alljährlich im Winter stattfindende Manöver „Schneeflocke“ auf die Begeisterungsfähigkeit Heranwachsender. Das Soldatenleben sollte frühzeitig schmackhaft gemacht werden. Ein weiterer Schritt zur Militarisierung des Kinder- und Jugendalltags stellte die Einführung des „Wehrkundeunterrichts“ am 01.09.1978 dar. Eine 14-tägige vormilitärische Ausbildung, bei der die Jugendlichen kaserniert wurden, war für alle 17- bis 18-jährigen Mädchen und Jungen in der DDR verpflichtend.

Die seit Anfang der 1980er Jahre immer stärker anwachsende Friedensbewegung in den westlichen Ländern wurde von der SED offiziell unterstützt – allerdings nur, insoweit sie sich für eine Abrüstung der NATO aussprach. In Teilen der westlichen Friedensbewegung gelang es der DKP als Interventionsapparat der SED, über Jahre zu verhindern, dass Militarisierung und Hochrüstung der sozialistischen Staaten zur Sprache kamen. In der DDR duldete der „Friedensstaat“ neben seiner eigenen offiziellen Aktivität – wie etwa dem 1982 gestarteten Musikfestival „Rock für den Frieden“ – keine selbständige Friedensbewegung. So wurde unter anderem das Tragen eines Aufnähers mit dem Friedenssymbol „Schwerter zu Pflugscharen“ von der SED als Kritik an der eigenen Friedenspolitik und als Versuch angesehen, die Verteidigungsbereitschaft der DDR zu schwächen. Pazifisten waren in der DDR ein Fall für die Staatssicherheit.

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Felix Neumann

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