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„BRICS Plus“ - Kurzanalyse Subsahara-Afrika

Zum ersten Mal in seiner Geschichte fand der BRICS-Gipfel auf dem afrikanischen Kontinent in Johannesburg statt. Auch das Thema des Gipfels „BRICS und Afrika: Eine Partnerschaft für Wachstum, nachhaltige Entwicklung und Multilateralismus" spiegelt das wachsende Interesse der BRICS an Afrika wider. Neben der Tatsache, dass mit Ägypten und Äthiopien ab 2024 zwei afrikanische Länder als vollwertige Mitglieder in das Bündnis aufgenommen werden, manifestiert die Teilnahme von 30 afrikanischen Staats- und Regierungschefs und -chefinnen am Gipfel auch die Bedeutung, welche die afrikanischen Länder inzwischen der BRICS beimessen. Besonders hohe Aufmerksamkeit erfährt die Thematik in Südafrika und Äthiopien als aktuellem und designierten Mitgliedsland sowie in Nigeria und Kenia, die als regionale Mächte und einflussreiche geopolitische Akteure gelten. In vielen anderen Ländern Subsahara-Afrikas spielt sie jedoch im öffentlichen und politischen Diskurs eine eher untergeordnete Rolle.

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Südafrika – BRICS+ als Gegengewicht zur Dominanz des Westens

Für Südafrika bedeutet die BRICS-Mitgliedschaft vorwiegend eine Betonung ihrer Rolle als Regionalmacht in der internationalen Politik sowie als Fürsprecher für den Multilateralismus. Insbesondere die Erweiterung zu einem „BRICS plus“-Bündnis wird dort als wichtiger Schritt zur Schaffung eines Gegengewichts zur geopolitischen und wirtschaftlichen Dominanz des Westens wahrgenommen. Nach südafrikanischer Leseart wird die Aufnahme von sechs neuen Mitgliedern den allgemeinen Bemühungen des Blocks um eine Neuordnung der globalen Ordnung mehr Gewicht verleihen. Südafrika stand der Erweiterung schon immer positiv gegenüber, da diese dazu beitragen soll, den sogenannten Globalen Süden in seinem Bestreben zu bestärken, die globalen politischen und finanziellen Institutionen neu zu gestalten. Durch die Erweiterung des Bündnisses erhofft man sich zudem, dass sich Mitglieder der Allianz bei internationalen Krisen stärker als bisher über effiziente Konfliktpräventions- und Resolutionsmechanismen gemeinsam austauschen. 

Vor dem Hintergrund des erklärten außenpolitischen Kurses des „non-Alignment“ wird es für Südafrika zum einen wichtig sein, sicherzustellen, dass die neuen Mitgliedstaaten keine offenkundig anti-amerikanischen oder anti-westlichen Positionen in Schlüsselfragen von internationalem Interesse einnehmen. Zum anderen wird Südafrika daran gelegen sein, ein Gleichgewicht zwischen Ländern mit anti-amerikanischen oder anti-westlichen Positionen (wie dem Iran) sowie Ländern mit offensichtlich multipolarer Ausrichtung zu gewährleisten. 

 

Äthiopien – Respekt und Anerkennung in Afrika und der Welt

Für Äthiopien mit seiner großen Bevölkerung, schnell wachsenden Wirtschaft und besonderen Geschichte ohne Kolonialisierung geht der BRICS-Beitritt Anfang 2024 vor allem mit dem lang gehegten Wunsch nach Anerkennung und Mitsprache einher. Dass man mit dem Beitritt europäischen Partnern oder den USA auf die Füße treten könnte, interessiert Äthiopien in seinem neuen Selbstbewusstsein kaum. Nach Jahrzehnten verschiedener Krisen, Hungersnöte und Bürgerkriege wird Äthiopien nun in der eigenen Wahrnehmung endlich zuteil, was es lange für sich eingefordert hatte: Respekt und Anerkennung auf dem afrikanischen Kontinent und in der Weltpolitik. 

Die BRICS wird in Äthiopien grundsätzlich nicht als anti-westliche Allianz wahrgenommen, sondern viel mehr als eine Gruppierung von Staaten, die den „Globalen Süden“ repräsentieren. Im äthiopischen und afrikanischen Kontext werden die BRICS jedoch tatsächlich auch als ein antikolonialer Block gesehen, der die eigenen Interessen besser vertreten könne als jeder westliche Partner. Weiterhin unangefochten relevant sind die klassischen multilateralen Institutionen und Instanzen für Äthiopien. Die BRICS werden als Ergänzung zu Organisationen wie den Vereinten Nationen oder der Afrikanischen Union gesehen, jedoch nicht als Ablösung der klassischen Weltordnung. Im Gegenteil – Äthiopien ist stolz darauf, eines der ersten Mitglieder im Völkerbund gewesen zu sein. Auch heute würde man gerne eine stärkere Rolle auf der großen Weltbühne einnehmen. In Äthiopien wird der BRICS-Beitritt daher nicht als geopolitische Verschiebung wahrgenommen, sondern lediglich als die lange eingeforderte Wertschätzung für die eigene Relevanz in Afrika und auf der Welt. 

 

Wunsch nach mehr Mitsprache auf internationaler Ebene 

Insgesamt fällt die Einschätzung des letzten BRICS-Gipfels und der angekündigten Erweiterung des Bündnisses in Subsahara-Afrika durchaus unterschiedlich aus. Es wird deutlich, dass dabei das jeweilige Verhältnis zu den BRICS-Ländern auf der einen und den „westlichen“ Partnern auf der anderen Seite die Wahrnehmung maßgeblich mitprägt. Gemeinsam haben die Diskussionen in nahezu allen Einsatzländern die Einordnung in den allgemeinen Kontext aktueller geopolitischer Umbrüche, der Entwicklung hin zu einer multipolaren Welt und der Forderung nach einer Neugestaltung der globalen Ordnung. Die Länder Subsahara-Afrikas teilen den Wunsch nach mehr Anerkennung und Mitsprache auf internationaler Ebene. Vor diesem Hintergrund wird BRICS weitgehend als Gegenmodell zu den bestehenden, westlich dominierten globalen Institutionen und zur „hegemonialen“ Dominanz der USA gesehen. Vor allem in Westafrika spielt hier auch das angespannte Verhältnis zur ehemaligen Kolonialmacht Frankreich eine maßgebliche Rolle. 

Bei der Bewertung der sich aus dem Bedeutungszuwachs des erweiterten BRICS-Bündnisses ergebenden Chancen für die afrikanischen Länder vermischen sich grundsätzliche geopolitische und teils normative Überlegungen mit eher praktischen Kooperationsbestrebungen. Als Gegengewicht zu den bestehenden westlichen Allianzen und Bretton Woods Institutionen wird BRICS als wichtiger Faktor gesehen, um die globale Ordnung im Sinne der Interessen Afrikas beziehungsweise des „Globalen Südens“ neu zu gestalten. Dies betrifft insbesondere die Struktur und Prinzipien der globalen Finanzinstitutionen. Ein wiederkehrendes Motiv ist dabei die Kritik an den nachteiligen Bedingungen für die Länder Afrikas und die „Bevormundung“ durch die westlichen Partner. BRICS wird als ein Bündnis wahrgenommen, in dem das Prinzip der Nichteinmischung respektiert wird und sich keine Einengung durch normative und ethische Standards ergibt. Ganz praktisch werden aber vor allem alternative wirtschaftliche Kooperations- und Investitionsmöglichkeiten und zusätzliche außenpolitische Handlungsoptionen gesehen. Grundsätzlich scheint der aktuelle Blick auf die Entwicklungen rund um BRICS von einem pragmatischen bis opportunistischen und eher abwartenden Ansatz geprägt zu sein. Die meisten afrikanischen Länder suchen nicht den exklusiven Schulterschluss mit einer Seite beziehungsweise einem Bündnis, sondern setzen in einer multipolaren Welt auf die Diversifizierung von Partnerschaften. Das bedeutet in ihrer Wahrnehmung aber tendenziell die Reduktion der Abhängigkeiten von und Einflussnahme durch die westlichen Partner. 

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Dr. Stefan Friedrich

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Magdalena Jetschgo-Morcillo

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Globale Ordnung und Systemwettbewerb

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