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„Gewachsene Ordnungen geraten unter Druck“

Dr. Beatrice Gorawantschy über die aktuelle Situation in Südostasien

Demokratie und autoritäre Regierungen, Gebietsstreitigkeiten und Aufrüstung, religiöse Radikalisierung: Die Länder Südostasiens sehen vielfältigen Herausforderungen unterschiedlicher Art entgegen. Im Außenpolitischen Gesprächskreis in der Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung gab Dr. Beatrice Gorawantschy einen Überblick und vertiefte Einblicke in die Außen-, Innen- und Sicherheitspolitik der Länder der Region. Sie leitet das Regionalprogramm Politikdialog Asien und Pazifik der KAS in Singapur.

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Zwei Länder zeigen beispielhaft Südostasiens Entwicklungen: So hatte Thailand nur scheinbar eine konsolidierte Demokratie, erlebe jetzt aber erhebliche Rückschritte. Myanmar hingegen komme mit der demokratischen Transition gut voran, berichtete Gorawantschy. Die Diskrepanz offenbare sich auch auf den Philippinen, wo heute der neue Präsident Rodrigo Duterte sein Amt antritt: Er fordert ein hartes Durchgreifen gegen Kriminalität, „was nicht unbedingt konform mit den Menschenrechten ist“, so Gorawantschy. Südkorea und Australien hingegen wollten demokratische Vorbilder sein.

Erstarkender Nationalismus und Islamismus

China, Vietnam oder die Philippinen sind Beispiele für Staaten, in denen die Regierungen den Nationalismus intensivierten, sagte Gorawantschy: Der Nationalismus dient dort als politisches Instrument. Vielen Ländern wie den Philippinen, Thailand, Indien oder Pakistan machten zudem islamistischer Terrorismus und religiöse sowie ethnische Separatistenbewegungen besonders zu schaffen. Einige Staaten wie Malaysia oder Singapur versuchen, Jugendliche - eine besonders empfängliche Zielgruppe für radikale Islamisten - zu deradikalisieren. Gorawantschy berichtete von den Bemühungen der Länder, die moderaten islamischen Kräfte bei sich zu stärken – und beispielsweise islamische Theologen die in Deutschland Lehrstühle innehaben, für Vorträge einzuladen.

Aufrüstungsspirale

Sowohl innen- als auch außenpolitisch „geraten gewachsene Ordnungen unter Druck“: So streiten im südchinesischen Meer die Anrainer um Gebiete – und rüsten massiv militärisch auf. Dem internationalen Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri zufolge importiert diese Region die meisten Waffen weltweit. Selbst Singapur, das eigentlich versucht, offene Beziehungen zu seinen Nachbarn zu pflegen und ein ehrlicher Makler zwischen China und den USA zu sein, habe seine Militärausgaben von 2005 bis 2015 verzehnfacht. Gorawantschy macht dafür einen wichtigen Grund aus: „Asien insgesamt ist geprägt vom militärischen und wirtschaftlichen Aufstieg Chinas in den letzten Jahren.“ China wolle sich festsetzen und nutze militärische wie wirtschaftliche Instrumente, um seine Macht zu demonstrieren.

Bedenklicher Blick auf Europa

Und wie blickt die Region auf Europa? „Bis zur Finanz- und Wirtschaftskrise hatte die EU für Südostasien Modell-Charakter, sagte Gorawantschy. Seitdem sei eine Währungsunion im südostasiatischen Raum undenkbar. Die europäische Flüchtlingskrise habe die vorhandenen Bedenken nur verstärkt. Die Länder Südostasiens argumentieren in dieser Perspektive hauptsächlich wirtschaftlich: Das Ergebnis des britischen EU-Referendums sei hauptsächlich ein Resultat der Flüchtlingskrise – und im Falle eines Brexits müssten sie neue Freihandelsabkommen mit Großbritannien verhandeln, so die Beschwerden. Ihre Lehren aus Europa: Regionale Integration und Kooperation sind nicht selbstverständlich, verlaufen nicht linear und hängen stark voneinander ab, so Gorawantschy. Zu Europa pflegen die Staaten der Region gern bilaterale Beziehungen – und diese würden immer in den Vordergrund gestellt. Gerade Deutschland habe einen hohen Stellenwert und ein gutes Image: Nur Deutschland könne die Europäische Union in der Krise retten.

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