„Ab heute ist Bulgarien das 21. Mitglied der Eurozone. Dies ist der Höhepunkt eines längeren Beitrittsprozesses, der strenge Analysen und intensive Vorbereitungen umfasste. Ich gratuliere Bulgarien und dem bulgarischen Volk herzlich zu dieser großartigen Leistung", sagte die dänische Wirtschaftsministerin Stephanie Losse, die den Vorsitz im ECOFIN-Rat führte.
„Heute ist ein historischer Tag für Bulgarien. Ein historisches Ziel wurde erreicht - die Mitgliedschaft im Euroraum. Dieser Erfolg ist das Ergebnis der langjährigen Arbeit unseres Landes. Vor fünf Jahren ermöglichten der damalige Ministerpräsident Bojko Borissow und Finanzminister Wladislaw Goranow Bulgarien den Eintritt in den Wartesaal der Eurozone. Ohne diesen Schritt wäre die heutige Aufnahme Bulgariens unmöglich gewesen", ergänzte die bulgarische Finanzministerin Temenuschka Petkowa nach der Zeremonie in Brüssel.
Formal erfüllt Bulgarien alle für den Beitritt zur Eurozone notwendigen EU-Konvergenzkriterien („Maastricht-Kriterien“). Nach der Einführung des Euro müsse Bulgarien aber die Reformen fortsetzen, betonte der EU-Kommissar für Wirtschaft und Produktivität Valdis Dombrovskis. Es seien weiterhin Finanzdisziplin und positive Reformen notwendig, damit die Bevölkerung und die Unternehmen die Vorteile des Euroraums spürten.
Unterdessen kündigte der Gouverneur der Bulgarischen Nationalbank Dimitar Radew an, dass die Bank noch in dieser Woche mit der Prägung von Euromünzen beginnen werde.
Koordinierungsrat und Nationaler Plan zur Einführung des Euro
Die bulgarische Regierung hatte am 13. November 2023 einen Koordinierungsrat für die Vorbereitung des Landes auf die Mitgliedschaft in der Eurozone eingerichtet. Dieser arbeitete einen Nationalen Plan zur Einführung des Euro in Bulgarien aus, der einen möglichst reibungslosen Übergang zum Euro gewährleisten soll.
Der Plan beschreibt die Grundsätze, den institutionellen und rechtlichen Rahmen sowie die wichtigsten Aktivitäten für die Einführung des Euro. Berücksichtigt werden alle an den Vorbereitungen für die Einführung des Euro beteiligten Akteure - der private und öffentliche Sektor sowie die Bürger. Darin sind die Regeln für die Umrechnung von Preisen und anderen Werten festgelegt; es werden die Verfahren für den Umtausch von Bargeld sowie die Umstellung der Einlagen und Kredite, die Lieferung und Verteilung von Euro-Banknoten und -Münzen erläutert und die erforderlichen Gesetzesänderungen aufgelistet. Das Papier enthält zudem die wichtigsten Grundsätze und Etappen der Informationskampagne, mit der die bulgarischen Bürger über die Art und Weise des Umtauschs des Lew in Euro, die optischen und sicherheitsrelevanten Merkmale der Euro-Banknoten und -Münzen, die Verbraucherschutzmaßnahmen und andere wichtige Fragen im Zusammenhang mit der Einführung des Euro aufgeklärt werden sollen.
Die spezifischen Aufgaben, die im Rahmen der Vorbereitung auf die Mitgliedschaft im Euro-Währungsgebiet zu erfüllen sind, sowie die Fristen und die für die Umsetzung zuständigen Institutionen sind in einem Aktionsplan zum Nationalen Plan für die Einführung des Euro im Einzelnen aufgeführt.
Die kommenden Schritte
Die nachfolgenden Punkte sind auf der Grundlage des Nationalen Plans zur Einführung des Euro, aus offiziellen Informationen der Bulgarischen Nationalbank sowie der medialen Berichterstattung zusammengestellt:
- Der Euro wird in Bulgarien am 1. Januar 2026 eingeführt.
- Ab dem Zeitpunkt der Einführung des Euro erfolgt der Umtausch von bulgarischen Lewa (BGN) in Euro zum offiziellen Wechselkurs von 1,95583 BGN für 1 Euro. Bulgarien befindet sich ohnehin im Regime eines sogenannten “Currency Boards“ (Währungsrat), bei dem der bulgarische Lew seit Jahrzehnten zum besagten festen Kurs an den Euro gekoppelt ist.
- Bulgarische Lewa können zeitlich unbegrenzt in Euro umgetauscht werden. Der Umtausch von Lewa in Euro durch die Bulgarische Nationalbank wird ein zeitlich offener Prozess sein, der so lange wie erforderlich andauern wird.
- Die Umrechnung von Preisen und Währungseinheiten von Lewa in Euro erfolgt unter Anwendung des vollen numerischen Betrags des Festkurses.
- Regierung und Nationalbank versichern, dass die Ersetzung des Lew durch den Euro nicht zu einem spürbaren Anstieg der Preise für Waren und Dienstleistungen führen wird. Dies soll durch die Bestimmungen des Gesetzes über die Einführung des Euro in der Republik Bulgarien gewährleistet werden, welches die Art und Weise der Umrechnung der Preise für Waren und Dienstleistungen regelt und einen ausreichend langen Zeitraum für die doppelte Preisauszeichnung im Interesse der Transparenz und Vergleichbarkeit vorsieht. Es sieht auch Kontrollorgane und Sanktionen für den Fall vor, dass nach der Einführung des Euro in Bulgarien unerlaubte Preiserhöhungen vorgenommen werden, weil der Rahmen für die Euro-Einführung nicht eingehalten wurde.
- Der Zeitraum der doppelten Preisauszeichnung von Waren und Dienstleistungen in Lewa und Euro beginnt einen Monat nach dem Inkrafttreten des EU-Beschlusses über die Einführung des Euro in Bulgarien, also vermutlich am 8. August 2025, und endet 12 Monate nach der Einführung des Euro. Unter der Voraussetzung, dass der Euro am 1. Januar 2026 in Bulgarien eingeführt wird, werden ab 1. Januar 2027 nur noch Preise in Euro angegeben werden.
- Im Gegensatz zum unbegrenzten Umtausch von Lewa in Euro ist die Zahlung in beiden Währungen, die so genannte Parallelumlaufphase, auf einen Monat ab dem Datum der Einführung des Euro in Bulgarien begrenzt, also wahrscheinlich auf Januar 2026. Während dieser einmonatigen Frist werden der Lew und der Euro gleichzeitig im Umlauf sein, wobei beide Währungen den Status eines gesetzlichen Zahlungsmittels haben.
- Mit dem Beitritt Bulgariens zur Eurozone werden alle Giro-, Spar- und anderweitigen Konten bei lokalen Banken in Lewa einmalig, automatisch und kostenlos in Euro umgerechnet. Für diese Konten wird es keine Übergangsfrist geben. Das bedeutet, dass die Kontoinhaber vom ersten Tag der Euro-Einführung an nur noch Euro von ihren auf Euro lautenden Konten abheben können, unabhängig davon, ob die Abhebung an einem Geldautomaten oder in der Geschäftsstelle einer Bank, eines Zahlungsinstituts oder eines E-Geld-Unternehmens vorgenommen wird.
- Ab dem 1. Juli 2025 werden Renten auch in Euro ausgewiesen. Rentner, die ihre Lewa-Ersparnisse in bar zu Hause aufheben sind aufgerufen, sie auf Bankkonten einzuzahlen, um den Umtausch zu vereinfachen. Insbesondere auf dem Land gibt es seitens der Rentner erhebliche Bedenken gegenüber dem Bargeldumtausch. Man fürchtet, dass Kleinkriminelle die Gelegenheit nutzen, um die eingetauschten Geldbeträge zu stehlen. Die Regierung hat diese Besorgnisse im Blick und diskutiert derzeit geeignete Schutzmaßnahmen.
- Die Kommission für Verbraucherschutz, die Kommission für Wettbewerbsschutz, die Nationale Steuerbehörde und die Wirtschaftspolizei des Innenministeriums sind die wichtigsten bulgarischen Behörden für die Kontrolle und Ahndung von Verstößen und Missbräuchen im Zusammenhang mit der Einführung des Euro. Die bulgarische Nationalbank und die Kommission für Finanzaufsicht werden im Rahmen ihrer Befugnisse die Einhaltung der Vorschriften durch die von ihnen beaufsichtigten Unternehmen überwachen.
Geteilte öffentliche Meinung und ein Misstrauensvotum
Aus einer von Eurobarometer im April 2025 durchgeführten Umfrage geht hervor, dass 50% der Bulgaren gegenüber dem Euro skeptisch eingestellt sind, wohingegen 43% ihn befürworten. Diese Werte haben sich in letzten Jahren kaum verändert, wobei sich die Befürworter und Gegner des Euro mit jeweils 40-50% ungefähr die Waage halten. Mit dem Näherrücken der Einführung des Euro steigt allerdings die Polarisierung in der Gesellschaft und der Anteil derjenigen, die keine Meinung zum Euro haben, nimmt ab. Die größte Befürchtung jener Bevölkerungsteile, die der neuen Währung kritisch gegenüberstehen, ist ein allgemeiner Preisanstieg beim Übergang zum Euro – eine Befürchtung, die zusätzlich durch Desinformationskampagnen geschürt wird.
Diese Polarisierung spiegelt sich auch im politischen Raum wider: Die pro-russische Partei „Wasraschdane“, unterstützt durch die Parteien METSCH und „Größe“, brachte am 27. Juni zum dritten Mal in Folge ein Misstrauensvotum gegen die Regierung von Ministerpräsident Rossen Scheljaskow ein, diesmal aufgrund ihrer Finanzpolitik - „Wasraschdane“ lehnt die Einführung des Euro entschieden ab. Das Misstrauensvotum wurde vom Parlament am 4. Juli zurückgewiesen.
Zustimmung im Bundestag und Veranstaltungsreihe „Europa in meiner Stadt“
Auf Antrag der Fraktionen von CDU/CSU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen hat der Deutsche Bundestag am 26. Juni eine Aussprache über den bulgarischen Euro-Beitritt durchgeführt und diesen mit breiter Mehrheit begrüßt. Lediglich die AfD-Fraktion stimmte dagegen.
Die Konrad-Adenauer-Stiftung Bulgarien führt seit zweieinhalb Jahren die landesweite Veranstaltungsreihe „Europa in meiner Stadt“ in verschiedenen Städten Bulgariens durch, die vor allem der Einführung des Euro gewidmet ist. Die Veranstaltungen stoßen auf großes öffentliches Interesse und werden gerade jetzt fortgesetzt.