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Das intellektuelle Erbe Konrad Adenauers

Reden, Aufsätze, Interviews

Im Buch werden zum ersten Mal Werke von Konrad Adenauer in bulgarischer Sprache veröffentlicht. Herausgeber ist der Außenstellenleiter, Ralf Jaksch, die Übersetzung hat Mariana Malinova besorgt, Redakteur ist Swetoslav Malinov. Das Vorwort stammt vom ehemaligen Minsterpräsidenten und gegenwärtigen DSB-Vorsitzenden, Iwan Kostov.

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Im folgenden die deutsche Übersetzung des Vorworts von Iwan Kostov:

Konrad Adenauer – der Politiker mit erreichten Zielen

Iwan Kostov

Im Vorwort erwartet der Leser, daß er mit dem Wichtigsten aus dem Inhalt des Buches bekanntgemacht und seine Neugier geweckt wird, es zu lesen. Ich keine Schwierigkeiten, diese beiden Aufgaben zu bewältigen, obwohl das vorliegende Buch der Politik von vor 40-60 Jahren gewidmet ist. Es ist nicht schwer für mich, weil das politische Werk Konrad Adenauers eine Brücke über Raum und Zeit des europäischen Kontinents ist. Es verbindet sogar die europäische Vergangenheit mit uns. Deshalb wird dieses Buch lehrreich und interessant für jeden Leser sein, der verstehen will, wie wahre Politik gemacht wird.

Der hier aufgezeigte politische Weg des Autors beginnt am Ufer der politischen Träume, stützt sich auf politische Ziele und Mittel, auf Mut und die Ausdauer und führt zum Vereinten Deutschland und Vereinten Europa. Adenauer ist ein erfolgreicher Politiker, weil er es ihm gelungen ist, alle von ihm vorgegebenen und verfolgten Ziele, die auf seiner Weltanschauung gründeten, zu erreichen. Dabei sind diese Ziele so umfangreich, daß sie das Leben aller Europäer, sogar uns Bulgaren, verändert haben und noch verändern werden.

Wo liegen die Wurzeln der erfolgreichen Politik dieses Mannes, dessen Leben im Jahr des Aprilaufstands in Bulgarien - 1876 – begann und dessen erste Erinnerungen diejenigen an Kaiser Wilhelm I. sind? Als er nach Gründen für die Gleichstellung des besiegten Deutschlands mit den Siegermächten suchte, verglich Adenauer die Lage in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg mit der Lage, in der sich der Kontinent nach den erschütternden und verheerenden Napoleonischen Kriegen befand. Damals hatten die Alliierten Frankreich besiegt, der Osten war mit seiner Macht wieder in das Herz Europas gedrungen. Auf dem Wiener Kongreß jedoch, wo das Gleichgewicht zwischen den Ländern auf fast 100 Jahre im voraus festgelegt wurde, schafften es die Sieger, alle Haßgefühle zu unterdrücken und verhielten sich dem besiegten Frankreich gegenüber als gleichberechtigter Partner.

In diesem Sinne ist seine Politik in Europa geboren, und sie erbte die besten kontinentalen Traditionen. So hat z.B. die Idee der europäischen Einigung bereits im 19. Jahrhundert eine Jahrhunderte lange Tradition, sie wurde 1914-1918 erneuert und kam nach dem Zeiten Weltkrieg wieder auf die Tagesordnung. In dieser Vereinigung sah Adenauer die Lösung aller europäischen Probleme seiner Zeit. Seine Politik hat all ihre Ziele erst in unseren Tagen erreicht. Werfen wir einen Blick auf die Vorbereitung und den Beginn seiner Kanzlerschaft.

Versuchen wir, uns einen 73-jährigen Deutschen vorzustellen, der Kanzler mit nur einer Stimme Mehrheit – seiner eigenen – geworden ist, der aus einem Nazi-Gefängnis kam und von der britischen Militärverwaltung infolge einer Anzeige eines Landsmannes entlassen wurde. Stellen wir ihn uns in den Ruinen des Nachkriegsdeutschland, unter seinen gequälten und bis vor kurzem hungernden Landsleuten vor, wie er sich gegen die gewaltige sowjetische Atommacht stellt. Und hören wir, wie er entschieden sagt: „Wir müssen den Sowjets ganz klar zeigen, daß es überhaupt keine Möglichkeit gibt, daß sie jemals ihr Programm in Deutschland und Europa verwirklichen.“ Und er verweist sofort darauf, wie die Träume von einer sowjetischen Vormachtstellung zerstört werden können – durch die Festigung der europäischen Einheit.

Der Weg von Nachkriegsdeutschland beginnt hier, beim Mut und der Entschlossenheit dieses weisen Mannes, Widerstand zu leisten, bei der Kraft seines politischen Willens.

Nach seiner Wahl begann der Kanzler Adenauer, das politische Programm, das er 1946 vorgezeichnet hatte, umzusetzen. Es steht auf einer sehr festen Grundlage.

Zuerst auf der Einbindung des Volkes in die Politik und die Parteien, denn nur auf dem Wege des politischen Denkens und der Reife kann man die Freiheit und den Aufbau eines neuen, freien Landes erreichen.

Zweitens, auf der extremen Ablehnung des Nationalsozialismus und Kommunismus, die mit verbrecherischer Konsequenz die Verneigung vor der Macht in Verachtung vor dem Wert des Einzelnen verwandeln.

Drittens, auf den Prinzipien der christlichen Ethik, daß sich die Demokratie nicht in der parlamentarischen Regierungsform erschöpft, sondern auf der Auffassung von der Würde, dem Wert und den unveräußerlichen Rechten jedes Einzelnen gründet. Adenauer setzte bis zum Schluß auf die innere moralische Kraft des Volkes.

Viertens, auf der korrekten Anordnung der politischen Prioritäten. Obwohl ihn die Zerstörung, das Elend und der Hunger von allen Seiten umgeben, ist ihre Überwindung nicht sein Hauptziel. Ihm gelingt es, dieser Probleme Herr zu werden, er läßt es jedoch nicht zu, daß die Schwierigkeiten bei ihrer Lösung ihn von seinen Hauptzielen ablenken.

Konrad Adenauer stellt allen Deutschen und Europäern einfache und klare Ziele: 1. Deutschland als freies und demokratisches Land wiederherzustellen, das keine Ängste bei seinen Nachbarn hervorruft; 2. Die deutsche Vereinigung; 3. die europäischen Einheit. Seine Kraft rührt daher, daß er die Prioritäten nebeneinander, nicht nacheinander sieht. Er weiß, wie sie zusammenhängen und sich bedingen; wie sich gegenseitig definieren und als Ziele verdeutlichen; wie das kleine Licht vorn allmählich, nach hartnäckigen und hingebungsvollen Anstrengungen sich in einen sicheren Ausweg aus der Katastrophe verwandelt. Er weiß ebenfalls, wie die Kraft und Begeisterung des deutschen Volkes im Prozeß der allmählichen Erreichung der Ziele wachsen. Das macht seine Prioritäten zu einer ganzheitlichen, monolithischen und erfüllbaren Konzeption. Die Stärke dieser Konzeption ist nur politisch. Adenauer verfügt im Grunde über nichts anderes.

Der Kanzler wiederholt dieses seine Ideen unablässig, hartnäckig, 18 Jahre bis zu einem Ende, er wiederholt sie solange, bis sie völlig von den Herzen und Geistern der Menschen Besitz ergreifen.

Entgegen dem Eindruck den diese Zeilen beim Leser von Adenauer hervorrufen könnten, ist er kein Träumer. Er verliert nie seinen Glauben, erlaubt es sich aber auch nie, sich etwas vorzumachen. So zweifelt er beispielsweise stark, ob die Deutschen eine Lehre aus dem Zweiten Weltkrieg gezogen haben. Er weiß, daß die vom Nazismus zugefügten Wunden, besonders bei den Jungen, nicht mit Agitation geheilt werden können, sondern eine lange, planmäßige und ruhige Einwirkung durch die Bildung, die wissenschaftlichen Kreise und das kulturelle Umfeld erfordern und unternimmt alles in dieser Richtung. Ich frage mich, warum wir nicht ebenso mit unseren Wunden vom Kommunismus verfahren?

Adenauer selbst sagt, daß der Ökonom Optimist und der Politiker Pessimist sein muß, und er selbst ist eine besondere Art Pessimist – pragmatisch und zielstrebig.

Der Kanzler ist ein Mann des abgewogenen und vernünftigen Risikos; er scheut es nicht, weil absolut alles auf der Welt risikobehaftet ist, und weil alles erst nach Übernahme von Risiken erreicht wird.

Dieses Vorwort wäre unvollständig, wenn ich nicht auf eine der für uns wichtigsten Eigenschaften von Adenauer als größtem deutschen Staatsmann verweisen würde. Er ist der stärkste und gnadenloseste Kritiker des Kommunismus. Dabei ist seine Kritik außerordentlich profund. Der Kanzler lehnt den „sowjetisch-russischen Totalitarismus“ nicht nur ab, weil er eine aggressive Bedrohung für Deutschland ist, er seine Heimat geteilt hat und ihre wirtschaftliche Entwicklung stoppt. Er lehnt ihn ab, weil er das russische Volk und zusammen mit ihm die Völker Osteuropas der Fähigkeit der eigenen Willensbildung beraubt hat; weil er ihren Glauben an ihre eigenen Kräfte zerstört hat; weil er sie in eine Masse verwandelt hat; weil er sie den Zielen der kommunistischen Ideologie und des Pansalwismus unterworfen hat; weil er sie vollkommen der geistigen, militärischen und wirtschaftlichen Selbständigkeit beraubt hat.

Der Kanzler war vollkommen davon überzeugt, daß Sowjetrußland nicht gleichzeitig das Wettrüsten, die Steigerung des Lebensstandards seiner Bevölkerung und die Sicherheit gegenüber Rotchina bewältigen kann. Dann, sagte er, „wird es bereit sein müssen, die europäischen Fragen im Geiste und im Sinne anzugehen, die wir von ihm laut den menschlichen und göttlichen Gesetzen verlangen können.“

So kam es auch.

Sowjetrußland hat es in der Tat nicht geschafft, der Herausforderungen Herr zu werden.

Am 9. November 1989, in der Amtszeit von Kanzler Helmut Kohl, fiel die Berliner Mauer.

Deutschland wurde wiedervereinigt, und seine Hauptstadt kehrte nach Berlin zurück. Adenauer hat immer behauptet, daß Bonn nur ein Provisorium ist.

Am 1. Mai 2004 traten 10 ehemalige osteuropäischen Staaten dem vereinten Europa bei, Bulgarien und Rumänien schlossen die Beitrittsgespräche ab.

Die Europäischen Union führte die einheitliche Währung ein und nahm ihre Verfassung an.

Dem hat Konrad Adenauer sein Leben gewidmet.

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