Asset-Herausgeber

Entwicklung nachhaltig gestalten

von Tanja Gönner

Das weltweite Engagement der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit

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Viele Unternehmen haben in den letzten zehn Jahren dem gesellschaftlichen oder sozialen Engagement, oft auch Corporate Social Responsibility genannt, einen wachsenden Stellenwert beigemessen. Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) als Bundesunternehmen nimmt in diesem Bereich eine besondere Rolle ein, denn ihr „Unternehmenszweck“ fußt auf gesellschaftlichem Engagement und drückt sich in der Vision aus: „Wir arbeiten weltweit für eine lebenswerte Zukunft.“

In den letzten Jahren ist die Zahl der Kooperationsländer, in denen Konflikte schwelen oder bereits ausgebrochen sind, stark angestiegen. Aber auch in Kooperationsländern, in denen Frieden herrscht, sind die Lebens- und Arbeitsbedingungen oft schwierig. Dennoch zieht die Perspektive, „etwas zur gesellschaftlichen Entwicklung beitragen zu können“, mehr als 3.000 Auslandsmitarbeiter und Entwicklungshelfer in die Ferne. Unterstützt werden sie von mehr als 14.000 einheimischen Ortskräften in den jeweiligen Ländern. Außerdem sind an den Standorten innerhalb Deutschlands mehr als 4.000 Mitarbeiter verschiedenster Funktionen beschäftigt.

Gesellschaftliches Engagement findet in der GIZ auf zwei verschiedenen Ebenen statt: als unternehmerisches Ziel und im persönlichen Engagement und Gemeinsinn der Mitarbeiter. Beide Ebenen sind eng miteinander verflochten. Als Bundesunternehmen unterstützt die GIZ die Bundesregierung bei der Verwirklichung ihrer Ziele in der internationalen Zusammenarbeit für nachhaltige Entwicklung. Weltweit sind wir außerdem in der internationalen Bildungsarbeit aktiv.

Dabei ist Nachhaltigkeit das Leitprinzip unseres Handelns. Nachhaltigkeit ist uns Auftrag und Verpflichtung zugleich. Wir arbeiten in der Überzeugung, dass nur das Zusammenspiel von sozialer Verantwortung, ökologischem Gleichgewicht, politischer Teilhabe und wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit auch künftigen Generationen ein Leben in Sicherheit und Würde ermöglicht. Deshalb ist eine nachhaltige Entwicklung nicht erst seit der 2016 in Kraft getretenen „Agenda 2030“, sondern bereits seit Beginn des neuen Jahrtausends das Leitprinzip der GIZ.

„Entwicklungsprozess 2030“

Hauptauftraggeber für unsere vielfältigen Projekte unterschiedlicher thematischer Ausrichtungen ist im gemeinnützigen Bereich das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), das zusammen mit dem Bundesministerium der Finanzen auch die Gesellschafterin vertritt. Zudem werden wir von weiteren Bundesressorts, wie beispielsweise dem Auswärtigen Amt, dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat beauftragt. In unserem steuerpflichtigen Wirtschaftszweig (GIZ International Services) arbeiten wir gewinnorientiert. Auftraggeber können andere Staaten, andere Geber, weitere Organisationen oder auch Unternehmen sein.

Etwa achtzig Prozent aller Aufträge erhält die GIZ vom BMZ, immer häufiger auch im Wettbewerb. Das BMZ trifft die Entscheidung, in welchen Bereichen und zu welchen Fragestellungen die Bundesrepublik im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit aktiv wird. So hat es im Jahr 2018 sein strategisches Dokument „Entwicklungspolitik 2030“ erarbeitet. Grundlage dieser Strategie sind politische und wirtschaftliche Interessen Deutschlands sowie multilaterale Abkommen, zu deren Umsetzung sich die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet hat, wie zuletzt die „Agenda 2030“ oder das Klimaschutzabkommen von Paris. Die „Agenda 2030“ wiederum verknüpft Entwicklungsziele mit globaler Nachhaltigkeit. Damit zielt sie – anders als die Pariser Deklaration 2005 – nicht nur auf die Entwicklung bestimmter Länder, sondern auf die Lösung globaler Herausforderungen ab, bei der alle Staaten, die Zivilgesellschaft und die Privatwirtschaft gleichermaßen gefragt sind.

Auf Ebene des Unternehmenszwecks will die GIZ dazu beitragen, Lebensbedingungen in den Partnerländern der deutschen Entwicklungs- und internationalen Zusammenarbeit zu verbessern. Bereits seit den 1990erJahren verfestigte sich die Erkenntnis, dass Investitionen und die Öffnung der Märkte allein keine nachhaltige Entwicklung absichern können, wenn es an Good Governance, guter Regierungsführung, mangelt. Hierzu zählen beispielsweise Prinzipien wie Rechtsstaatlichkeit, Kompetenzen in partizipativer Planung, im Management öffentlicher Finanzen, Eindämmung von Korruption, regelmäßige Durchführung freier und geheimer Wahlen. Länder, deren Regierungen öffentliche Ressourcen nicht in produktive Sektoren leiten können, denen es an Vertrauen ihrer Bürger und der Privatwirtschaft in die Rechtsstaatlichkeit, an gesellschaftlichem Engagement und politischer Teilhabe in ihren Gesellschaften fehlt, entwickeln sich im Durchschnitt langsamer als Länder, denen das besser gelingt.

Willen zur Veränderung

Doch gute Regierungsführung kann nur gedeihen, wenn die Partnerländer die Verantwortung für ihre Entwicklung und deren Gestaltung übernehmen. Diese Erkenntnis führte zu den in der Erklärung von Paris niedergelegten Prinzipien einer beiderseitigen Verantwortung für Entwicklungsziele des Partnerlandes und einer Kooperation auf Augenhöhe, denen auch die GIZ verpflichtet ist.

Damit Good Governance umgesetzt werden kann, sind der politische Wille zur Veränderung und Zielerreichung sowie das Wissen um Lösungsansätze im Partnerland erforderlich. Wie können diese an die lokalen Verhältnisse und Bedürfnisse angepasst und in wirksamen Prozessen umgesetzt werden? Diese Kompetenzen für Good Governance sind oft nur schwach ausgeprägt; deshalb unterstützt die GIZ den Aufbau dieser Kenntnisse und ihre Anwendung auf gesellschaftlicher, organisationaler und individueller Ebene. Hierzu arbeitet die GIZ in ihren Kooperationsländern nicht nur mit Regierungen, sondern auch mit Mittlerorganisationen, der Privatwirtschaft und der Zivilgesellschaft sowie den politischen Stiftungen zusammen. Die Einbindung insbesondere der Zivilgesellschaft ist ein wichtiges Element zur Erhöhung von Teilhabe der Bevölkerung an politischen und gesellschaftlichen Prozessen. Eine gut informierte Bevölkerung, die ihre Rechte kennt, kann die Umsetzung von Reformen sehr viel besser einfordern und begleiten und auch besser für die Berücksichtigung ihrer Belange sorgen.

Deutschland kann auf mehreren Gebieten erfolgreiche Modelle und Methoden vorweisen, die in unseren Kooperationsländern Interesse finden: Neben Umweltschutz, regenerativen Energien oder dem Dualen Ausbildungssystem gehört auch die Dezentralisierung dazu. Dezentralisierung bedeutet die Übertragung staatlicher Aufgaben von der zentralen auf die kommunale Ebene, damit sie von den Kommunen mit ihren gewählten Vertretern – wie in Deutschland – bürgernäher geplant und umgesetzt werden können. Eine gut umgesetzte Dezentralisierung fördert auch die Demokratie. Keines der deutschen Modelle lässt sich jedoch eins zu eins in den Kooperationsländern umsetzen; so auch nicht die Dezentralisierung.

Ein wichtiger Aspekt ist aus unserer Sicht der Dialog zwischen den Kommunen und den Bürgern sowie der organisierten Zivilgesellschaft. Damit dieser auf Augenhöhe ablaufen kann, werden Bürger und Zivilgesellschaft gefördert, ihre Rechte und Pflichten zu kennen. So können sie kompetent an Planungsprozessen teilnehmen und Rechenschaft staatlicher Institutionen einfordern. In der Folge werden in der partizipativen Kommunalplanung Bürgeranliegen und -bedarfe stärker berücksichtigt sowie Dienstleistungen bürgernäher gestaltet, indem etwa Informationen über die Kommunalfinanzen öffentlich ausgehängt werden.

Die Arbeit der GIZ als eines Unternehmens für nachhaltige Entwicklung wirkt nur dann glaubwürdig, wenn auch die eigenen Prozesse nachhaltig gestaltet sind. Deshalb engagieren wir uns auf vielfältige Weise, beispielsweise im Rahmen der Deutschen Aktionstage Nachhaltigkeit oder durch unternehmensweite Initiativen wie den Corporate Sustainability Handprint® und einen Nachhaltigkeitswettbewerb. Die Erfahrungen damit und mit den zahlreichen bestehenden Mitarbeiterinitiativen an den deutschen GIZ-Standorten zeigen, dass das freiwillige Engagement entscheidend zur Akzeptanz, zum Mainstreaming und somit auch zur Glaubwürdigkeit unternehmerischer Nachhaltigkeit in der GIZ beiträgt.

Beeindruckende Ergebnisse

Alle Kooperationsvorhaben, ob sie nun zu landwirtschaftlichen Fragestellungen, zur Wasserversorgung, Bildung, Gesundheit oder in anderen Bereichen stattfinden, sollen auch immer sogenannte Querschnittsthemen bearbeiten. Dies sind Themen, die unseren Auftraggebern und der GIZ wichtig sind: Die Gleichberechtigung der Geschlechter (gender) und die Inklusion von Menschen mit Behinderungen fallen ebenso darunter wie Umwelt, Klima oder Menschenrechte. Inwiefern sie in den Kooperationsvorhaben mit Leben erfüllt werden, hängt stark vom Engagement der Vorhabensleitung und der Mitarbeiter – der nationalen, der entsandten und der Entwicklungshelfer – ab.

In vielen Vorhaben engagieren sich die Mitarbeiter über ihre eigentlichen Aufgaben hinaus und erzielen beeindruckende Ergebnisse. So hat beispielsweise die Zusammenarbeit mit dem Dachverband der Vereinigungen von Menschen mit Behinderungen in einem Kooperationsvorhaben zu beruflicher Bildung in Togo einen Dialog mit der togoischen Arbeitsagentur entstehen lassen. Menschen mit Behinderungen können ihre Belange nun in den kommunalen Komitees zu beruflicher Bildung gezielter einbringen. Seit 2017 engagieren sich zudem Handwerker mit Behinderungen in den Partnerstädten ehrenamtlich: Sie unterstützen die lokalen Arbeitsagenturen bei der Beratung junger Frauen und Männer mit Behinderungen, die gern eine Ausbildung aufnehmen möchten, sowie ihrer Eltern und auch der betrieblichen Ausbilder. Zu häufig scheitert die Aufnahme einer Ausbildung an der Annahme, dass ein Mensch mit Behinderungen dies nicht leisten könne und für die Familie nur eine Last darstelle. Zu häufig sind Kinder mit Behinderungen daher auch nicht zur Schule gegangen, obwohl die Behinderung sie nicht am Lernen gehindert hätte. Und zu häufig schrecken Handwerksmeister von der Aufnahme eines/r Auszubildenden zurück, weil sie sich überfordert sehen, den Lehrplatz der Behinderung angemessen auszustatten. Eine Beratung durch Handwerker mit Behinderungen kann hier Wunder wirken und ungeahnte Perspektiven eröffnen.

Zusammen mit dem Angebot, der Ausbildung eine funktionale Alphabetisierung vorausgehen zu lassen, in der berufsabhängiges Lesen, Schreiben und Rechnen vermittelt wird, entsteht damit für eine bislang stark benachteiligte Bevölkerungsgruppe eine zweite Chance, im Arbeitsmarkt aktiv zu werden und dadurch auch eine viel stärkere Teilhabe am gesellschaftlichen und politischen Leben zu erhalten.

Diese Beispiele aus unserer Arbeit zeigen, wie wichtig kooperative Ansätze sind, um Entwicklungsprozesse wirksam und nachhaltig zu fördern. Das größte Kapital der GIZ, um diese Arbeit zu leisten, sind engagierte Mitarbeiter, die aus ihrer Motivation heraus an innovativen Lösungsansätzen arbeiten. Sie setzen sich vor Ort in unseren Partnerländern, aber auch in Deutschland für viele gesellschaftlich wichtige Themen ein und tragen damit auf vielfältige Weise zum Erfolg der GIZ bei. So konnten beispielsweise durch von der GIZ umgesetzte Kooperationsvorhaben 34 Millionen Menschen von mehr politischer Mitbestimmung profitieren. 29 Millionen Schüler haben eine bessere Ausbildung erhalten, vierzehn Millionen Menschen wurden unterstützt, mit dem Klimawandel besser umgehen zu können.

Alle genannten Personalzahlen entsprechen dem Stand 12/2018.

Hinweis zur geschlechtsspezifischen Diversität

Aus Gründen der Lesbarkeit wurde in diesem Beitrag auf eine durchgängige geschlechtsneutrale Formulierung verzichtet. Die Angehörigen des jeweils anderen Geschlechts sind mitgemeint.

Tanja Gönner, geboren 1969 in Sigmaringen, Vorstandssprecherin, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH.

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