Asset-Herausgeber

Internationale Grüne Woche

Mitglieder der Schüler Union und ihre Gedanken zur Internationalen Grünen Woche 2023

Wir haben vier Jugendliche aus der Schüler Union gebeten, Ihre Ansichten  über die Landwirtschaft für unseren Blog aufzuschreiben. Jeder von ihnen hat einen anderen Ansatz gewählt, und Kritik wurde auch nicht ausgespart.

„Internationale Grüne Woche“ in Berlin: mit Landwirtinnen und Landwirten und Agraranbietern aus aller Welt. Es geht um Tierwohl und Ernährungssicherung, um die Energiewende und die Herausforderungen für ländliche Räume - Themen, die die Gesellschaft bewegen und die Zukunft der Welt mitbestimmen. 

1. Clara Schütz - Für mehr Realismus in der Landwirtschaft

2. Maximilian Speidel - Wie steht es um die neue europäische Agrarreform?

3. Georg Alexander von Kotzebue  - Ohne Wasser geht nichts

4. Jan Hartwich - Die Zukunft der Landwirtschaft. Was können wir tun?

 

Für mehr Realismus in der Landwirtschaft

Landwirtschaft betrifft uns alle. Und wir merken es beim Griff in das Supermarktregal. Wir müssen uns entscheiden: kaufen wir konventionell oder bio-angebaute Produkte, sind sie aus der Region oder wurden sie von weither importiert. 

Wenn wir uns überlegen, wie wir die Landwirtschaft zukunftsfähig gestalten, führt kein Weg daran vorbei, uns mit der Ernährungssituation in der Welt zu befassen. Laut aktuellem Bericht der Vereinten Nationen zu den Millenniumszielen leiden mehr als 800 Millionen Menschen Hunger. Fast ein Drittel der Menschheit hat keinen Zugang zu angemessener Nahrung.1

Die biologische Landwirtschaft hat Ernteeinbußen. Angesichts einer stark wachsenden Weltbevölkerung scheint demzufolge der Umstieg auf Bio-Anbau die Probleme nicht zu lösen – es wäre sogar geradezu fahrlässig. Doch wenn wir damit fortfahren, die herkömmliche, heute in weiten Teilen der Welt industrialisierte, Landwirtschaft zu betreiben, stehen wir ebenfalls vor unlösbaren Problemen. Eine intensive Bewirtschaftung der Böden lässt die Erträge sinken, es kommt zu Bodenerosion, später zu Bodendegradation – die Böden sind nicht mehr nutzbar. 

Der Hunger wird weiter steigen.2 Setzen wir konventionelle Landwirtschaft wie gewohnt fort und exportieren ihre Produkte, könnte der wachsende Hunger in der Welt zwar kurzfristig abgebremst werden, auf lange Sicht würde er aber weiter verstärkt werden. 3

Stellen wir uns noch einmal vor das Regal im Supermarkt. Den Griff nach dem Bio-Produkt verbinden die meisten von uns mit dem Gefühl, etwas Gutes zu tun. Wir lassen allerdings außer Acht, dass Biolebensmittel wegen geringerer Erträge mehr Anbaufläche benötigen und daher auch keinen kleineren CO2-Fußabdruck haben.4 Mit biologischer Landwirtschaft produzieren wir also nicht genügend Nahrungsmittel, um den prognostizierten Bedarf zu decken.5


Bio rettet nicht das Klima – aber Wasser, Boden und Ressourcen 6

Im Bio-Anbau setzt man deutlich weniger Pestizide ein, bewirtschaftet die Böden nachhaltig und schützt die Artenvielfalt. Und die Landwirtschaft braucht Artenvielfalt. Fluginsekten sichern Ernten. Von 2008 bis 2017 sind drei Viertel der Arten in Deutschland verschwunden: der Hauptverursacher7 ist die intensive Landwirtschaft mit ihrem Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln. 

„Statt kategorischer Ablehnung, sollten vielmehr die positiven Aspekte der konventionellen sowie biologischen Produktionsform kombiniert werden.“

Clara Schütz

Wenn also – wie eben beschrieben – weder die biologische noch die konventionelle Landwirtschaft unsere Probleme löst, stellt sich die Frage, wie wollen wir künftig unsere Lebensmittel produzieren. Statt kategorischer Ablehnung, sollten vielmehr die positiven Aspekte beider Produktionsformen kombiniert werden. Dabei könnte man sich Methoden der ökologischen Intensivierung bedienen: etwa des Räuber-Beute Systems. Hierbei stehen größere Blühstreifen und weniger Pestizide als Schutz vor Schädlingen im Vordergrund. Hier ist die Politik gefragt. So sollten zudem kleine und mittlere Betriebe finanziell gefördert werden, um die Landwirtschaft zu diversifizieren und zu regionalisieren. In der Folge wäre man unabhängiger von Lebensmittelimporten: eine Strategie, die auch der Weltagrarbericht empfiehlt.

Ich bin Mitglied der Schülerunion und der Jungen Union und frage mich oft, wie sich die CDU zu den offenkundigen Problemen in der Landwirtschaft positioniert. Mir scheint, dass die vielen Beiträge von Wissenschaftlern und Experten bisher nicht genug auf fruchtbaren Boden fallen. Doch gerade die CDU sollte sich noch mehr mit Nachhaltigkeit beschäftigen, geht es doch auch um eine starke, resiliente Wirtschaft. Und es geht um Wahlen: Die junge Generation setzt sich stark mit der Thematik der Nachhaltigkeit auseinander, und sie sind Wähler. Die CDU hat immer Realismus für sich in Anspruch genommen. Also muss sie sich in dieser Frage realistischer und wissenschaftlich fundierter positionieren. Auch traditionelle Sichtweisen dürfen kein Hindernis für eine zukunftsorientierte Politik sein.

1 www.un.org/Depts/german/millennium/SDG-2022-DEU.pdf S. 9, 22
Fast einer von drei Menschen hat keinen regelmäßigen Zugang zu angemessener Nahrung

2 www.welthungerhilfe.de/hunger/welthunger-index

3 Dies ist unter Beachtung der stetigen Bodendegradation und der Abhängigkeit vieler Entwicklungsländer von Lebensmittelimporten abzuleiten. Zudem wird der Bedarf an Nahrungsmitteln stark anwachsen.

4 www.nationalgeographic.de/umwelt/2022/05/ist-bio-immer-besser, Studie des Instituts für Energie - und Umweltforschung Heidelberg (ifeu)

5 Der prognostizierte Lebensmittelbedarf übersteigt den heutigen Bedarf um 60 bis 100% bis 2050. www.pik-potsdam.de/de/aktuelles/nachrichten/gesunder-boden-gesunder-planet-bodenqualitaet-als- schluesselfaktor-fuer-eine-bessere-pflanzenproduktion-und-ein-widerstandsfaehiges-klima

6 Zitat: Guido Reinhardt, Studienleiter des Ifeus

7www.dw.com/de/cop15-biodiversität-artensterben-bedroht-lebensgrundlage-der-menschheit-tiere-pflanzen- natur/a-63967542

privat

Clara Schütz ist 18 Jahre alt und wohnt in Bonn. Sie machte 2022 Uhr Abitur und ist Beisitzerin im Kreisvorstand der Schüler Union Bonn, wie auch Leiterin des Arbeitskreis Frauen der Schüler Union NRW. 

 

 

Wie steht es um die neue europäische Agrarreform?

Vor einigen Jahren ging es in den größten Landwirtschaftsdebatten um den Milchpreis, die EU-Flächenprämie und das Hofsterben. Für mich, als damals 16-Jähriger, gab das den Anstoß, mich mehr für das Thema Landwirtschaft zu interessieren. Im Rahmen meines Studiums habe ich mich dann mit der Stärkung des ländlichen Raums am Beispiel des Landkreises Meißen befasst. Die Gespräche, die ich in Vorbereitung der Arbeit mit Landwirten geführt habe, haben mein Interesse, aber auch meine emotionale Verbundenheit mit dem Thema verstärkt.

Man hat mich gebeten, anlässlich der Grünen Woche in Berlin, aus Sicht eines jungen Menschen zu Problemen in der Landwirtschaft zu schreiben. Ich habe mich auf einen Aspekt konzentriert: Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union und die neue Agrarreform. Die GAP, wie sie auch genannt wird, steuert mit Richtlinien, Verordnungen und Gesetzen wichtige Entwicklungen in der europäischen Landwirtschaft. Doch sie steht auch immer wieder in der Kritik, werden ihr doch „halbgare“ Entscheidungen, fehlende Nachvollziehbarkeit und mangelnde Transparenz vorgeworfen.

Die GAP ist immer wieder reformiert worden, und die letzte dieser Reformen greift ab 2023. Sie reagiert auf die Folgen der Klimakrise, etwa Dürresommer, ausgelaugte Böden und Winderosion, und zielt darauf, den Umwelt- und Artenschutz, die Nachhaltigkeit, Klimaneutralität und Biodiversität weiterzuentwickeln.

Die Kritik an dieser Reform setzt an zwei Punkten an. Zum ersten wird das Ziel verfehlt, das „Höfe-Sterben“ zu verhindern. Die Flächensubventionen rechnen sich erst ab großen Flächen – Dimensionen, wie sie gemeinhin Agrar-Konzerne besitzen. Kleine Höfe, mit entsprechend kleineren Anbauflächen profitieren nur wenig und sind in einem Worst-Case-Szenario gezwungen, den Hof zu schließen oder an größere Agrarbetriebe zu verkaufen.

Aber auch die 20 Prozent Subventionen für Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen stehen in der Kritik, genügen sie doch nicht annähernd, um sinnvoll in Umwelt- und Klimaschutz zu investieren. Um solche Maßnahmen gegenzufinanzieren, reichen die 20 Prozent kaum. Darin sind sich Verbraucherschützer, Verbände bäuerlicher und biologischer Landwirtschaft und Natur- und Umweltschutzverbände wie NABU oder BUND einig.

Auch die neuen Richtlinien im Umgang mit Pestiziden sind umstritten. Sie sollen weniger eingesetzt werden; die Erzeuger warnen jedoch vor den Folgen. Die Landwirte sind grundsätzlich gewillt, stehen allerdings vor dem Problem, dass weniger Pestizide wegen des stärkeren Schädlingsbefalls ihre Erträge mindern. Sie sehen ihre Existenz bedroht und fürchten weitere Hofschließungen.

Die Tierhaltung wirkt sich am stärksten auf die CO2-Bilanz der Agrarbetriebe aus. Der Ausstoß von Methan bei den Wiederkäuern ist 25 Mal klimaschädlicher als CO2. Doch auch hinsichtlich dieses Problemfelds fehlen Anreize für die Landwirte. Viele von ihnen errichten zwar Biogasanlagen und nutzen erneuerbare Energien, um ihre CO2-Bilanz auszugleichen. Doch auch dieser Aspekt ist in der neuen Agrarreform nicht berücksichtigt worden.

„Viele Landwirte fühlen sich mit ihren Sorgen nicht mehr gehört und alleingelassen.“

Maximilian Speidel

Viele Landwirte fühlen sich mit ihren Sorgen nicht mehr gehört und alleingelassen. Die Landwirtschaft ist in den vergangenen Jahren konsequent zurückgebaut worden. Die europäische Agrarreform wird diesen Effekt nur noch verstärken.

Ich bin hier nur auf Aspekte der europäischen Agrarreform eingegangen. Doch welche Folgen eine verfehlte Agrarpolitik haben kann, haben wir im vergangenen Sommer an den „Bauernaufständen“ in den Niederlanden gesehen.

privat

Maximilian Speidel ist 21 Jahre alt und studiert aktuell BWL an der Hochschule Mittweida. 2018 machte er zuerst seinen Realschulabschluss, danach Abitur. Er ist stellvertretender Landesvorsitzender der Schüler Union Sachsen.

 

 

Ohne Wasser geht nichts

Ohne Wasser kann keine Frucht reifen, kein Getreide Ähren tragen, kein Tier gemästet werden.

Die durch den Klimawandel bedingte Wasserknappheit stellt die Welt vor große Probleme. Zwei Drittel des weltweiten Wasserverbrauches entfallen auf die Landwirtschaft – so ist es im Weltagrarbericht zu lesen. Das Wasser wird vornehmlich für künstliche Bewässerung gebraucht. Schätzungen zufolge wird der Bedarf bis 2050 um 19 Prozent steigen.

In Deutschland wurden im Jahr 2016 nur zwei Prozent des Wassers in der Landwirtschaft verbraucht. Auch wenn der Bedarf in den vergangenen Jahren gestiegen ist, ist er im weltweiten Vergleich noch gering. Doch die trockenen Sommer zwingen auch deutsche Landwirte, ihre Äcker künstlich zu bewässern.

In anderen europäischen Ländern gestaltet sich die Situation wesentlich schwieriger: In Spanien liegt der Anteil der Landwirtschaft am Wasserverbrauch schon seit Jahren über 80 Prozent.

„In Deutschland ist die Infrastruktur Teil der Daseinsvorsorge und liegt in der Verantwortung der Kommunen.“

Georg von Kotzebue

Wie können wir uns in Deutschland gegen die Folgen der Wasserknappheit wappnen? Wir müssen unsere Infrastruktur pflegen. Sie intakt zu halten, ist Aufgabe des Staates. In Deutschland ist sie Teil der Daseinsvorsorge und liegt in der Verantwortung der Kommunen. Es braucht Hochwasserschutz, verbesserte Wasserleitungen und moderne Aufbereitungsanlagen. Noch ist Deutschland hier gut aufgestellt. Doch perspektivisch werden Leitungen über weite Distanzen benötigt, um niederschlagsarme Regionen mit Wasser zu beliefern. Ohne eine langfristige, überkommunale und überregionale Zusammenarbeit, eventuell auch vom Bund koordiniert, wird das nicht funktionieren. Angesichts der angespannten Finanzlage vieler Kommunen wird der Bund hier unterstützen müssen.

In Südeuropa gibt es Länder, die vor sehr viel größeren Problemen stehen: Die Wasserleitungsnetze sind marode, es fehlt an modernen Bewässerungssystemen, und Wasserdiebstahl – dort ein nicht unübliches Delikt – wird nicht konsequent unterbunden. Auch hier ist der Staat gefragt, zu fördern und Anreize zu setzen. Israel könnte beraten, wie man mit Wasser in der Landwirtschaft effizient umgeht.

Noch dramatischer ist die Lage in den Ländern Südostasiens oder Afrikas. Zu viel und zu unregelmäßige Niederschläge oder Jahre währende Dürreperioden führen zu Ernteausfällen und in der Folge zu Hungersnöten. Diese ziehen Fluchtbewegungen und humanitäre Katastrophen nach sich.

Wie eingangs gesagt: Ohne Wasser geht nichts.

privat

Georg Alexander von Kotzebue wurde 2006 in Garmisch-Partenkirchen geboren. Er lebt in München und besucht seit 2016 das humanistische Wilhelmsgymnasium in Lehel. Seit 2021 engagiert er sich in der Auszubildenden & Schüler-Union sowie in der Jungen Union.

 

Die Zukunft der Landwirtschaft. Was können wir tun?

Klar ist, dass vieles nicht so bleiben kann, wie es ist. Um den Übergang von der Landwirtschaft von heute zur Landwirtschaft von morgen reibungslos zu gestalten, muss einiges angepackt werden.

Landwirtschaft muss auf modernere Technologien setzen, und Landwirte müssen rechtzeitig im Umgang mit ihnen geschult werden.

„In der Landwirtschaft fehlt es an Personal und an Auszubildenden.“

Jan Hartwich

In der Landwirtschaft fehlt es an Personal und an Auszubildenden. Es braucht staatliche Anreize, um diesem Problem zu begegnen. So könnte man Junglandwirten zinslose Förderkredite zukommen lassen, damit sie Flächen und moderne Landmaschinen finanzieren können.

Wir müssen uns mit der Pflanzenproduktion der Zukunft befassen: Indoorfarmen für Regionen, mit wenig natürlichem Wasser, Algen, um den Eiweißbedarf der Menschen zu decken. Pioniere des Pflanzenbaus erforschen schon heute, wie man Lebensmittel künftig nachhaltiger produziert.

Und nicht zuletzt: Wir müssen den Ruf der Landwirtschaft verbessern. Und hier ist die Politik gefragt. Es braucht gute Rahmenbedingungen und eine unterstützende Politik. Damit wir in Deutschland auch in Zukunft noch Lebensmittel produzieren.

privat

Jan Hartwich ist 15 Jahre alt und wohnt in Mönchengladbach. Er ist Schüler und Kreisvorsitzender der Schüler Union Mönchengladbach sowie Beisitzer im Landesvorstand der Schüler Union NRW.

comment-portlet

Asset-Herausgeber