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Weshalb Trumps Narrativ vom „America First“ weltweit Anklang findet

Als Donald Trump wieder in das Weiße Haus in Washington einzog, kehrte er in eine politische Welt zurück, die sich inzwischen seinen Auffassungen angenähert hatte. Gerade in Europa sind nationalistisch-autoritär eingestellte Parteien im Aufschwung. Ihr politisches Credo: Wichtig ist vor allem das eigene Haus, nicht die Welt da draußen.

Er sei der Präsident der Vereinigten Staaten und nicht der Präsident der ganzen Welt, versicherte Donald Trump schon in seiner ersten Amtszeit immerzu. Das war der Schlüsselsatz, der ihm den Zuspruch von Amerikas Wählerschaft sichern sollte. Trump versprach, die USA an die Spitze seiner politischen Agenda zu rücken: „America First“. Begriffe wie Globalisierung und Globalismus gerieten damit ins Visier seiner polemischen Kritik. Die Globalisierung habe früher auf Staats- und Regierungschefs eine nachgerade religiöse Anziehungskraft ausgeübt, polterte der Präsident, und sie dazu veranlasst, die eigenen nationalen Interessen zu vernachlässigen. Als Globalisten stempelte Trump Personen ab, die auf das Wohl der gesamten Welt bedacht seien, aber sich kaum um das eigene Land kümmerten.

Der Erfolg von Trump in den USA und ähnlich gesinnten Politikern weltweit lässt sich tatsächlich als eine Kritik an der Globalisierung verstehen. Dass diese Welle von den USA ausgeht, ist keinesfalls ein Zufall: Die auf freiem Handel beruhende Weltwirtschaftsordnung war ein amerikanisches Projekt nach dem Zweiten Weltkrieg. Die US-Amerikaner haben allerdings auch früh und massiv die damit verbundenen politischen Kosten zu spüren bekommen – nämlich die Abwanderung von Arbeitsplätzen ins Ausland und die Deindustrialisierung mancher Regionen im eigenen Land.

Daher hat der Terminus Globalisierung ein Auf und Ab erlebt. Der US-Historiker Harold James zeigt in seiner Studie „Der Krieg der Wörter“ (Herder-Verlag, Freiburg), dass sich die globalisierungskritischen Demonstrationen Ende der 1990er und Anfang der 2000er Jahre vor allem gegen die Ausbeutung der Armen dieser Welt durch eine plutokratische Elite richteten. Danach nahm der kritisch konnotierte Begriff eine Wendung ins Positive. Denn die Globalisierung verhalf Schwellenmächten wie China, Indien oder Brasilien zu einem ökonomischen Aufstieg und verringerte so die globale Armut spürbar. Zugleich betrachteten viele einstige Globalisierungskritiker die globale Vernetzung jetzt als Perspektive, um globale Probleme wie die Klimakrise zu bewältigen. Die Kritik an der Globalisierung kehrte Mitte der 2010er Jahre zurück; nun beschrieb sie als deren Opfer vornehmlich an den Rand gedrängte Menschen in den wohlhabenden Staaten.

Das tat auch Donald Trump. Er attackierte die Globalisierung, obwohl er ja ein international tätiger Geschäftsmann war. Er war selbst Teil der Elite, befeuerte aber die Wut auf das Establishment. Er inszenierte sich als Wohltäter der Armen, obwohl seine Politik der Steuersenkungen im Interesse der Reichen ist.

Weshalb ist Trump trotz dieser Widersprüche gewählt worden? Weil die wirtschaftliche Globalisierung von einer politischen Entgrenzung begleitet worden ist, die tief ins Kulturelle reicht. Die Dominanz universalistischer Ziele von Klimaschutz bis Menschenrechte, die Öffnung westlicher Demokratien für eine oft ungeregelte Massen-Migration und die damit verknüpfte Aufwertung von Minderheiten haben bei Teilen der einheimischen Bevölkerung offenkundig zu einem Gefühl der Überforderung, der Marginalisierung und der Fremdheit in der eigenen Gesellschaft geführt.

Darum erklären heute viele Arbeiter und Angehörige der unteren Mittelschicht per Stimmzettel ihren Auszug aus dem „globalen Dorf“. Deshalb finden Rechts-Populisten Anklang mit dem trügerischen Versprechen, wieder auf nationale Souveränität, statt auf internationale Verflechtungen zu setzen. Daher ist die Globalisierung, wie Harold James hervorhebt, zu einer Schlüsselwaffe im politischen Arsenal solcher Akteure geworden.  

Helmut L. Müller studierte an der Universität München Politikwissenschaft, Neuere Geschichte und Germanistik und promovierte bei Kurt Sontheimer mit einer Dissertation über das politische Engagement westdeutscher Schriftsteller ("Die literarische Republik"). Nach einer Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität München war er als freier Mitarbeiter für Rundfunk, Zeitungen und Zeitschriften tätig.

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