Memes sollen vor allem eins sein: lustig. Es sind satirische Darstellungen von Schauspielern, Musikern, ganz normalen Menschen und eben auch von Politikern. Sie bestehen aus Meme-Vorlagen, sogenannten Templates, oder einem Foto, mit einem knappen, präzisen Text, und vermitteln humoristisch eine Botschaft.
Die ersten Memes tauchten in den 1990er Jahren auf. Damals waren sie ein Randphänomen und wurden in mehr oder weniger geschlossenen Internetforen geteilt. Man bediente sich immer wieder derselben Vorlagen, die oft dilettantisch auf verschiedenfarbige Hintergründe geschnitten und durch Texte ergänzt wurden. Klassisches Beispiel waren die sogenannten „lolcats“: Komische Katzenbilder versehen mit einem Kommentar. Mit dem Aufkommen der sozialen Medien traten die Memes ihren Siegeszug an, boten Facebook und Twitter doch die Infrastruktur, die es jedem ermöglichte, sie zu verbreiten.
Aus der politischen Auseinandersetzung sind Memes heute nicht mehr wegzudenken. Auf CNN wurde die Präsidentschaftswahl in den USA bereits im Februar 2020 zur „Meme-Wahl“ erklärt. Barack Obamas ehemaliger Kommunikationsberater, Dan Pfeiffer, dazu Anfang 2020: „Jede politische Entscheidung, jedes Interview, jeder Tweet und jedes Meme muss als ein Inhalt betrachtet werden, der dafür genutzt werden kann, Wähler zu überzeugen.“
2019 war eine Gruppe junger Leute, die sich „Boris Johnson Meme Machine“ nannte, maßgeblich an Johnsons Wahlsieg beteiligt. Der australische Premierminister Scott Morrison holte – ebenfalls im Jahr 2019 – dank einer kreativen Meme-Kampagne seinen großen Rückstand in den Umfragen auf und gewann die Wahl. Die Masterminds beider Kampagnen waren die Neuseeländer Ben Guerin und Sean Topham. Mit ihrem 2016 gegründeten Unternehmen „Topham Guerin“ beraten sie inzwischen Politiker, Parteien und Unternehmen und führen für ihre Auftraggeber Meme-Kampagnen durch. Man müsse die Menschen schockieren, Emotionen in ihnen wecken, Emotionen der Erregung: Wut, Aufregung, Stolz, Angst. So Ben Guerin 2019 nach dem Sieg der Liberalen in Australien. Und Memes sind hier Mittel zum Zweck.
Und doch bleibt die Frage, warum Memes so gut funktionieren? Warum lösen sie so erfolgreich Emotionen aus? Wie gelingt es, mit Memes politische Entscheidungen zu beeinflussen? Memes bieten das, was viele Menschen in der Politik vermissen: Sie bestehen nicht aus langen Schwurbelsätzen, sie bringen die Dinge auf den Punkt. Gute Memes sind selbstironisch und wirken ehrlich und authentisch. Nur wer den Eindruck vermittelt, über sich selbst lachen zu können und Dinge anzusprechen, die im eigenen politischen Lager vielleicht nicht so gut laufen, kann andere Politiker und Parteien authentisch kritisieren. In einer Zeit, in der Politik über Parteigrenzen hinweg mit sinkender Glaubwürdigkeit zu kämpfen hat, sind Memes eine simple und unterhaltende Methode, Aufmerksamkeit zu generieren.
Gute Memes sind politische Seismografen. Jeder kennt sie, jeder mag sie, und vor allem – jeder kann sie selbst machen. Es reichen eine App und ein guter Einfall. Ein Meme zu erstellen, dauert etwa 30 Sekunden. Dank der sozialen Medien kann jeder sie teilen. Memes politisieren und mobilisieren. Wenn sie gut gemacht sind, zeigen sie grundlegende Unterschiede zwischen politischen Parteien und Strömungen auf.
Junge Menschen stehen dem politischen Betrieb oft fern. Sie lesen kaum noch Zeitungen oder schauen regelmäßig Nachrichten. Memes hingegen begegnen ihnen jeden Tag in den sozialen Medien. Und bei vielen ist das Interesse geweckt und sie beginnen, sich mit Politik zu beschäftigen.
Politische Auseinandersetzungen werden auch in Deutschland in den sozialen Medien ausgetragen. Und die Parteien haben ihre Wirkmacht erkannt. Im Vorfeld der diesjährigen Bundestagswahl werden Memes mit Sicherheit eine Rolle spielen. Die CSU hat die Zeichen der Zeit erkannt und teilt sie vermehrt auf ihren Kanälen. Doch auch die CDU könnte von einer geeinten Meme-Power profitieren und die junge Generation für sich begeistern. Zumal sich viele junge Menschen bei Entscheidung für den Kanzlerkandidaten nicht gehört fühlten. Die CDU täte gut daran, auch außerhalb ihrer Strukturen auf den Einfallsreichtum der jungen Generation zu setzen und sie in den Wahlkampf einzubeziehen, um von der Macht der Memes zu profitieren.
Der Autor ist der Begründer von @real.cdu.memes – eine der ersten unionsnahen Memeseiten. Ein junges Basismitglied der CDU, dass die digitale Kommunikation selbst in die Hand genommen hat. Rasant verbreiten sich die Beiträge, mittlerweile folgen ihm über 10.000 Menschen auf Instagram. Entstanden ist eine bundesweite digitale Graswurzelbewegung, die auf Instagram unter dem Namen „Konservatives.Meme.Kommando“ bekannt wurde.