Asset-Herausgeber

Ohne Energiespeicher keine gelingende Energiewende

Warum es einen gesetzlichen Rahmen für den wirtschaftlichen Einsatz von Energiespeichern braucht

Erneuerbaren Energien gehört die Zukunft. Und dafür braucht es Speicher! Bis 2030 soll sich Deutschlands Bedarf an Strom und Wärme zu achtzig Prozent aus erneuerbaren Energien (EE) speisen. Wasser, Sonne, Wind und Bioenergie werden den Strom für unser Land liefern. Soweit der Plan …

Politik, Wirtschaft und Wissenschaft stehen vor der großen Aufgabe, ihn erfolgreich umzusetzen. Doch was tun, wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint? Windenergie- und Solaranlagen speisen Strom nicht beständig und schwankungsfrei ins Netz ein. Sie sind tageszeit- und witterungsäbhängig. Wolken und Windstille bremsen sie aus. Energiegewinnung aus Wind und Sonne kann nicht nachfrageabhängig gesteuert werden. Sie muss mit Mangel und Überangebot klarkommen. Denn eine stabile Energieversorgung muss zu jedem Zeitpunkt gewährleistet sein. Und dafür braucht es mehr Speicherkraftwerke! Ihr einst lukratives Geschäftsmodell hat sich komplett verändert: Mit der Differenz aus billigem Nachtstrom und teurem Tagstrom ließ sich viel Geld verdienen. Heute benötigen wir Speicherkraftwerke, um überschüssigen Strom aus Wind und Sonne zu speichern und nachts oder bei Windflaute wieder einzuspeisen.

Energiespeicher haben viele nützliche Effekte. Sie sorgen auf allen Netzebenen für Flexibilität und garantieren Stabilität und Versorgungssicherheit. Mit steigendem Anteil erneuerbarer Energien verhindern sie Abregelungen, glätten dramatische Preisspitzen und verringern negative Strompreisfenster. Und nicht zuletzt: Mit Energiespeichern kann man die bestehenden Netze besser auslasten. Der künftige Netzausbau könnte deutlich reduziert werden, wenn die Netze keine Extremausschläge mehr ausgleichen müssten.

Die EU verweist auf die sogenannte Netzdienlichkeit und drängt darauf, jeden Energiespeicher nachhaltig zu nutzen. In Deutschland wurden bisher fast ausschließlich Pumpspeicherwerke als Energiespeicher genutzt. Sie sind umweltbewusst, produzieren sie doch keine Abgase und Abfälle. Sie pumpen nur Wasser hin und her und sind hocheffizient. Pumpspeicherwerke gewährleisten die Versorgungssicherheit. Die Nutzung von aufgestautem Wasser ist bisher die einzig erprobte und bewährte Technologie, die Energie aus dem Stromnetz in größeren Mengen speichert und Schwankungen im Energienetz abfedert. Natürlich retten uns Pumpspeicherwerke nicht über eine mehrtägige Dunkelflaute im Januar. Aber wir könnten mit ihnen wertvolle Zeit gewinnen, um eine stabile Stromversorgung zu garantieren.

„Eigentlich müssten auch wir in Deutschland auf Pumpspeicherwerke setzen. Doch seit 2003 ist kein Neues mehr ans Netz gegangen.“

Lars Rohwer

Bis 2030 wird weltweit – mit einem Zuwachs der installierten Leistung von ca. 65 GW – ein regelrechter Boom von Pumpspeicherwerken erwartet. Eigentlich müssten auch wir in Deutschland auf Pumpspeicherwerke setzen. Doch seit 2003 ist kein Neues mehr ans Netz gegangen. In meinem Wahlkreis Dresden wurde das Pumpspeicherwerk Niederwartha vor wenigen Wochen stillgelegt. Der Betreiber Vattenfall verwies auf hohe Verluste. Notwendige Modernisierungsmaßnahmen – mit denen das Werk in Niederwartha wieder voll funktionsfähig wäre - seien unter den energiewirtschaftlichen Bedingungen in Deutschland nicht darstellbar.

Die Stilllegung des Energiespeichers Niederwartha hat die CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Bundestag zu einer Initiative veranlasst: In einem umfangreichen Antrag, den wir am 28. September 2023 im Deutschen Bundestag erstmals beraten haben, legen wir eine grundlegende Neupositionierung vor. Wir fordern eine umfassende Speicherstrategie! Die Stilllegung von Energiespeichern ist der Bevölkerung – in Anbetracht des notwendigen Ausbaus der erneuerbaren Energien – nicht vermittelbar. Sie ist nicht nachvollziehbar, und sie ist nicht vertretbar. Nach einer Modernisierung hätte Niederwartha mit einer neu installierten Leistung von 120 MW wieder ans Netz gehen und so die Versorgungssicherheit gewährleisten können. Auch volkswirtschaftlich wäre es sinnvoll gewesen: Müssen wir doch in Europa dafür zahlen, dass man uns Überproduktionen schnell abnimmt, um das Netz auszugleichen, und wir zahlen gleich nochmal, wenn wir zu wenig Strom im Netz haben und nachkaufen müssen.

Doch warum werden keine Pumpspeicherkraftwerke mehr gebaut? In den zurückliegenden zehn Jahren sind zehn geplant und wieder gestoppt worden. Man hat die Projekte auf Eis gelegt, weil sie für die Energieversorger nicht rentabel waren. Mit Pumpspeicherwerken lässt sich kein Geld verdienen. Mit Gebühren wie Netzentgelten, bei Einspeisungen und Ausspeisungen, rechnen sie sich am Ende nicht. Energieversorger setzen auf andere Lösungen: auf Batterie- und Wasserstoffspeicher.

Lithium-Ionen Batteriespeicher sind mehr Leistungs- als Kapazitätsspeicher. Das unterscheidet sie von Pumpspeicherwerken. Sie haben sehr kurze Reaktionszeiten, um auf Leistungsanforderungen zu reagieren: In Sekundenschnelle gleichen sie unvorhergesehene Schwankungen im Stromnetz aus (Primärregelleistung) und sind somit in vielerlei Hinsicht ideal. Aber sie lösen auch nur einen Teil der Probleme: Für den großflächigen Einsatz sind Batterien zu schwach, und der Lithiumabbau belastet die Umwelt. Daher setzen einige Unternehmen, wie Sunfire aus Dresden, für die saisonale Speicherung auf Wasserstoff.

Die Wasserstoffstrategie der Bundesregierung und ihre aktuelle Fortschreibung sind zu begrüßen. Doch muss man sie praxisorientiert fortentwickeln und mehr Augenmerk auf die lokale Erzeugung und Nutzung von Wasserstoff legen. Wasserstoff muss in der Breite genutzt werden und darf keinen Quotierungen nach Einsatzzwecken unterliegen. Um der Technologie zum Durchbruch zu verhelfen, sollte man bestehende Erneuerbare Energie-Anlagen mit Elektrolyseuren – zur Herstellung von grünem Wasserstoff – nachrüsten. Ihr Einbau darf nicht auf Neuanlagen beschränkt sein, wie derzeit noch üblich.

Für eine klimaneutrale Zukunft Deutschlands braucht es nicht nur grünen Strom. Auch fürs Heizen – der Löwenanteil unseres Energiebedarfs – dürfen wir kein Öl und Gas mehr verfeuern. Wir werden also auch sehr viel mehr Wärmespeicher benötigen.

„Ohne Energiespeicher keine Energiewende. Sie müssen von Anfang an mitgedacht werden. Die Politik hinkt vielen Erfordernissen der Energiewende hinterher.“

Lars Rohwer

Ohne Energiespeicher keine Energiewende. Sie müssen von Anfang an mitgedacht werden. Die Politik hinkt vielen Erfordernissen der Energiewende hinterher. Die Bundesregierung muss endlich reagieren: Es fehlt an einer umfassenden Speicherstrategie! Aus dem grünen Wirtschaftsministerium wurden in Sachen Speicher kaum Impulse gesetzt. Man setzt auf freiwillige Initiativen aus der Wirtschaft.

Keine der Speichertechnologien kann komplett überzeugen, alle haben sie auch Nachteile. Daher braucht es eine breite Palette. Ein künftiges System erneuerbarer Energien wird vielen Schwankungen ausgesetzt sein: Zeiten mit viel Energie, Zeiten mit wenig Energie. Wenn wir es mit der Energiewende ernst meinen, müssen wir die Energie aus Sonne und Wind im großen Stil speichern. Technisch ist das längst möglich. Es bedarf aber der Unterstützung der Politik, damit es sich für die Energieversorger rechnet.

Energiespeicher bilden das Rückgrat auf unserem Weg in eine klimaneutrale Zukunft. Daher muss die Bundesregierung zügig reagieren und alle Energiespeicherformen fördern und von unnötigen Abgaben, Entgelten und Steuern befreien. Regulatorische und gesetzliche Rahmenbedingungen – auch in Sachen Förderung – müssen so verbessert werden, dass es sich wirtschaftlich lohnt, die Anlagen zu betreiben. Sonst investieren die Unternehmen nicht.

Wenn wir im Jahr 2030 achtzig Prozent unserer Energie aus Erneuerbaren speisen wollen, müssen wir handeln. Wenn wir jetzt nicht loslegen, fehlt uns die Zeit, die wir nicht haben.

Büro Rohwer

Lars Rohwer, Jahrgang 1972, ist in Dresden geboren und aufgewachsen. Seit 2021 ist er Mitglied des Deutschen Bundestages, davor war er lange Jahre Mitglied des Sächsischen Landtages und energiepolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion.

comment-portlet

Asset-Herausgeber