Die Auseinandersetzung mit politischem Extremismus ist für jede Demokratie von Bedeutung. Derzeit steht allerdings ein Thema wieder ganz oben auf der politischen Agenda, bei dem es nur vorgeblich hauptsächlich um Extremismus geht: Der „Kampf gegen Rechts“. Für die CDU stellt sich damit wieder die Frage, wie sie sich hier verhalten soll. Dies ist deshalb von so großer Bedeutung, weil die Auseinandersetzung mit politischem Extremismus im Subtext immer auch absteckt, welches Meinungsspektrum in Deutschland legitim geäußert werden darf und wo die gesellschaftliche Ächtung beginnt. Wer hier die Deutungshoheit hat, bestimmt darüber, was man im gesellschaftlichen Diskurs äußern kann, ohne sich komplett abzuschießen.
Die politische Linke in Deutschland, stets aufmerksam, wo sich Geländegewinne im Kampf um kulturelle Hegemonie erzielen lassen, hat dies natürlich erkannt und das Thema daher clever und wirkmächtig zu ihrem Terrain gemacht.
Den ursprünglich antitotalitären Konsens der Bundesrepublik im Geiste Hannah Arendts hat sie dafür an zwei entscheidenden Stellen umgedeutet: Zum einen wird linker Extremismus in seiner Existenz, zumindest in seiner Gefährlichkeit, geleugnet: Rechte Extremisten wollen mit falschen Mitteln das Schlechte, linke Extremisten wollen mit falschen Mitteln das Gute! Diese Deutung hat sich in der gesellschaftlichen Breite weitgehend durchgesetzt und wird derzeit in Bezug auf die Letzte Generation fröhlich angewandt.
Zum anderen wird die Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus bewusst in einen „Kampf gegen Rechts“ umgedeutet. Wer glaubt, es sei bloß sprachliche Faulheit am Werk, ist naiv. Vielen, die hier aktiv sind, geht es tatsächlich darum, alles zu bekämpfen, was ihnen nicht links, nicht progressiv genug, erscheint. Die alte 68er These, nach der die kapitalistische Gesellschaft eine zumindest präfaschistische sei, hallt nach. Sie wird nun durch zwei ideologische Grundüberzeugungen erweitert. Demnach diskriminiere unsere westliche Art zu leben und zu wirtschaften zum einen Minderheiten und zerstöre zudem unsere natürlichen Lebensgrundlagen. Beides sei natürlich „strukturell“ bedingt, denn die Verwendung dieses Zauberwortes hat den großen Vorteil, dass ein empirischer Gegenbeweis kaum zu erbringen ist.
Seitens der Wissenschaft erhält dieser „Kampf gegen Rechts“ Schützenhilfe durch regelmäßig erscheinende Studien und Publikationen, die sich meist des Konzepts der „gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit“ der Bielefelder Schule bedienen.
Die Masche dieser Studien ist offenkundig: Man formuliert politische Aussagen bewusst so, dass ihnen nicht allein Rechtsextremisten zustimmen können, sondern es werden auch Themen und Einstellungen aufgegriffen, die dem bürgerlichen Spektrum rechts der Mitte wichtig sind. Der Kundige wird sofort erkennen, dass eine Zustimmung zu einem Punkt auf der Rechtsextremismus-Skala führt. Aber der Befragte, der mit den methodischen Taschenspielertricks der einschlägigen Forschung vielleicht nicht so vertraut ist und dem es nur darum geht, seiner politischen Haltung wenigstens ansatzweise Ausdruck zu verleihen, wird sich vielleicht doch zu einer Zustimmung verleiten lassen – denn moderat und vernünftig formulierte Positionen aus dem bürgerlichen Spektrum werden grundsätzlich nicht als Antwortmöglichkeit angeboten.
So laufen diese Studien stets auf einen „Extremismus der Mitte“ hinaus und stoßen alljährlich in den Medien auf ein breites und leider weitgehend unkritisches Echo. Stiftungen und NGOs links der Mitte gelingt es auf diese Weise, das Thema „Kampf gegen Rechts“ weit oben auf der politischen Agenda zu halten, um so ihnen nahestehenden politischen Akteuren das Feld zu bereiten, dies in konkrete Politik umzusetzen.
Diese konkrete Politik bedeutet seit Jahren: Eine immer umfangreichere Förderung des „Kampfes gegen Rechts“, der trotz staatlicher Alimentation unverdrossen als „zivilgesellschaftlich“ bezeichnet wird. Dabei muss man sich klar machen, dass die meisten Aktivisten, die solche Projekte organisieren, ihren Lebensunterhalt damit bestreiten. Es ist ihr Beruf, „gegen Rechts zu kämpfen“. 25 Millionen Euro gab das Bundesfamilienministeriums dafür aus, als ich 2009 mein Ministeramt antrat. 200 Millionen jährlich sind es heute. Und die sind sakrosankt, es wird lieber beim Elterngeld gekürzt, als auch nur einen Cent dieser Mittel anzutasten. Mit dem „Demokratiefördergesetz“ soll dieser Geldfluss verstetigt und staatlicher Kontrolle noch weitgehender entzogen werden, als es heute bereits der Fall ist.