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Erste Bundestagswahl: CDU und CSU gewinnen mit 31% knapp vor der SPD

von Kathrin Zehender
Konrad Adenauer war sich der enormen Bedeutung der ersten Bundestagswahl bewusst: Wer diese gewinne, könne die entscheidenden Weichen für die Entwicklung der jungen Bundesrepublik stellen. Auch zur Ausrichtung des anstehenden Wahlkampfes hatte er klare Vorstellungen.

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Debatten um das Wahlrecht

Mit der Verabschiedung des Grundgesetzes am 8. Mai 1949 hatte der Parlamentarische Rat wichtige Grundsätze für die Ausgestaltung der Bundestagswahl festgelegt. In Artikel 38 heißt es: „Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt.“ Wahlberechtigt war, „wer das einundzwanzigste Lebensjahr, wählbar, wer das fünfundzwanzigste Lebensjahr vollendet hat“.

Ein spezifisches Wahlrechtssystem wurde im Grundgesetz jedoch nicht festgelegt. Dieses sollte für die erste Bundestagswahl in einem Wahlgesetz geregelt werden. Einigkeit herrschte im Parlamentarischen Rat, dass eine Parteienzersplitterung, wie sie durch das Wahlgesetz der Weimarer Reichsverfassung ermöglicht wurde, vermieden werden müsse. Allerdings hatten die Parteien unterschiedliche Vorstellungen darüber, wie dieses Ziel erreicht werden sollte.

Die SPD und die kleineren Parteien favorisierten ein Verhältniswahlrecht, nach dem alle Parteien entsprechend ihrem Stimmenanteil im Parlament vertreten sein sollten. Die CDU war hingegen lange uneinig. Während insbesondere in der französischen Zone Anhänger der Union ebenfalls für ein Verhältniswahlrecht eintraten, gab es in Nordrhein-Westfalen viele Befürworter eines absoluten Mehrheitswahlrechts.

Konrad Adenauer hingegen, dessen Meinung als Präsident des Parlamentarischen Rats und Vorsitzender der CDU in der britischen Zone besonderes Gewicht hatte, agierte pragmatisch: Zwar plädierte er grundsätzlich für ein System, das Listenverbindungen mit anderen Parteien vorsah, um so bereits durch das Wahlverfahren eine „kleine Koalition“, wie es zeitgenössisch hieß, zu präjudizieren. In der politischen Praxis wollte er letztlich demjenigen System den Vorzug geben, das am ehesten eine Mehrheit für die Union und die Option zu einer „kleinen Koalition“ sichern würde. Am 5. März 1949 erklärte er dazu: „Wir sind sicher alle prinzipientreu, aber in den ungeklärten Zeiten darf man keine Prinzipienreiterei treiben.“ Nachdem Wahlrechtsexperten der Union schließlich ein relatives Mehrheitswahlrecht empfohlen hatten, versuchte Adenauer mit mäßigem Erfolg, die CDU darauf festzulegen: Die Frage des Wahlrechts blieb in der Union weiter umstritten.

Nach einem Vorschlag der SPD sollte die Hälfte der Abgeordneten durch Mehrheitswahlrecht bestimmt werden, die andere Hälfte durch Bundeslisten unter Anrechnung der Direktmandate. Nicht zuletzt aufgrund der Unentschlossenheit der CDU tendierten auch die FDP sowie das Zentrum zu diesem Entwurf. Als Zugeständnis an die kleinen Parteien wurde darin auf eine Sperrklausel verzichtet, die den Einzug in den Bundestag an ein bestimmtes Ergebnis gebunden hätte. Am 10. Mai 1949 stimmte der Parlamentarische Rat gegen die Stimmen der CDU/CSU für den Vorschlag der SPD.

Ob der Parlamentarische Rat für die Wahlgesetzgebung überhaupt zuständig sein sollte, war indessen zwischen den Alliierten, den Ministerpräsidenten der Länder und dem Rat lange umstritten gewesen. Verlautbarungen der Alliierten ließen immer wieder einen gewissen Interpretationsspielraum. Nachdem der Parlamentarische Rat das Wahlgesetz jedoch am 23. Mai 1949 mit dem Grundgesetz verkündet hatte, ohne die Zustimmung der Alliierten abzuwarten, verlangten diese verschiedene Änderungen sowie die Zustimmung einer breiten Mehrheit der Ministerpräsidenten.

Nach aufreibenden Diskussionen wurde schließlich – entgegen der ursprünglichen Pläne des Parlamentarischen Rats – eine Sperrklausel eingeführt, nach der allerdings nur in einem Bundesland die Fünf-Prozent-Hürde übersprungen werden musste. Nach Protesten seitens SPD, FDP, Zentrum und KPD gegen die aus ihrer Sicht „verfassungswidrige“ Änderung durch die Ministerpräsidenten machten die Militärgouverneure der Auseinandersetzung ein Ende: Am 15. Juni 1949 verkündeten die Ministerpräsidenten das Wahlgesetz in der von ihnen abgewandelten Fassung und setzten den Wahltag auf den 14. August fest.

Der bis heute gültige Grundsatz der personalisierten Verhältniswahl galt somit schon bei der ersten Bundestagswahl 1949. Allerdings hatten die Wähler damals nur eine Stimme. Erst 1953 wurde die Zweitstimme eingeführt und die Sperrklausel verschärft: Seither muss eine Partei im gesamten Bundesgebiet fünf Prozent der Zweitstimmen erreichen.

 

Wahlkampf

Nicht erst mit der Verkündung des Wahlgesetzes und der Festlegung des Wahltags begann der Wahlkampf. Die Bedeutung dieser ersten Wahl hob Konrad Adenauer immer wieder hervor: Wer sie gewinne, könne die entscheidenden Weichen für den Aufbau der Bundesrepublik stellen. Für die Union, die erst 1950 auf Bundesebene gegründet wurde, stellte die Organisation jedoch eine große Herausforderung dar. Vor allem gegenüber der SPD mit ihrer straffen Parteiorganisation sah sich die CDU im Nachteil. Aus Konrad Adenauers Sicht wurden die Sozialdemokraten zudem von der britischen Labour-Regierung sowie von Presse und Rundfunkt bevorzugt, wie er in verschiedenen Schreiben mutmaßte.

Vor diesem Hintergrund schlug Adenauer bereits am 6. Januar 1949 in der Fraktionssitzung der CDU/CSU im Parlamentarischen Rat vor, einen Wahlausschuss zu bilden, der den Wahlkampf der weitgehend selbständigen Landesverbände koordinieren sollte. Die CDU-Landesvorsitzenden folgten diesem Vorschlag: Schon wenige Wochen später, am 14. Februar 1949, fand die erste Sitzung des von der Konferenz der CDU-Landesvorsitzenden eingerichteten Wahlausschusses in Königswinter statt. Zu ihrem Vorsitzenden wählten die Mitglieder Konrad Adenauer. Als Präsident des Parlamentarischen Rats sowie als Vorsitzender der CDU in der britischen Zone sah er sich in seinem bundesweiten Führungsanspruch bestärkt und betrachtete es als seine Aufgabe, den Wahlkampf nach seinen Vorstellungen zu lenken.

Für die Organisation des Wahlkampfs war in erster Linie das in Frankfurt angesiedelte Generalsekretariat der Arbeitsgemeinschaft der CDU/CSU, der Dachverband der christdemokratischen Landesorganisationen, verantwortlich. Unter der Leitung des Generalsekretärs Bruno Dörpinghaus wurden von hier aus die Termine der „Spitzenredner“ koordiniert und Richtlinien für die Organisation von Großveranstaltungen erarbeitet sowie die inhaltliche Ausrichtung des Wahlkampfes durch die Publizierung von Wahlkampfmaterial und die Organisation von Rednerschulungen gesteuert. Auch der vom Generalsekretariat veröffentlichte Informationsdienst Union im Wahlkampf – eine Sonderreihe des Mitgliedermagazins Union in Deutschland – diente der Unterstützung der Kandidatinnen und Kandidaten. Ebenso wurde die Bereitstellung von Plakaten und Flugblättern von Frankfurt aus koordiniert.

Oberstes Ziel all dieser Maßnahmen war, die Geschlossenheit der sehr heterogenen Landesverbände zu demonstrieren. Dennoch blieb beispielsweise die Abstimmung bei der Aufstellung der Kandidatenlisten problematisch. So gelang es nicht, ausreichend Frauen, junge Menschen sowie Flüchtlinge und Vertriebene zu nominieren. Und auch die Finanzierung des Wahlkampfes bereitete den Verantwortlichen Sorgen. Sammlungen der Landesverbände verliefen wenig erfolgreich, sodass sich einige Landesverbände nach der Bundestagswahl in einer finanziell kritischen Lage sahen. Unterstützung kam hingegen von der Industrie, die die Wirtschaftspolitik Ludwig Erhards unterstützte und einen Wahlfonds gründete, der der Union zugutekam. Für Adenauer waren all diese Anstrengungen jedoch nie ausreichend. In einem Schreiben an führende CDU-Politiker vom 22. Juli 1949 beanstandete er den aus seiner Sicht mangelnden Einsatz im Wahlkampf: „Es gibt z. Zt. für jedes Mitglied der CDU, mag es im Übrigen eine Stellung bekleiden, welche es will, keine wichtigere und dringendere Verpflichtung, als vor der Wahl im Interesse der Partei tätig zu sein.“

 

Adenauer und Schumacher

Dabei gab es für Adenauer keinen Zweifel, was das Ziel betraf: Oberste Priorität hatte für ihn die Verhinderung einer sozialistisch-kommunistischen Mehrheit, deren dramatische Folgen für Deutschland er nicht müde wurde, in Wahlkampfreden, Briefen und Sitzungen auszumalen. In einem Brief an seinen Freund Dannie Heinemann vom 12. Juni 1949 warnte er: „Wenn sie [die Bundestagswahlen] für die Sozialdemokratie erfolgreich verlaufen, wird eine sozialistische deutsche Regierung in Abhängigkeit sein von der sozialistischen englischen Regierung. Beide zusammen werden dem neuen Europa ein sozialistisches Gesicht geben.“

Im Mittelpunkt der Auseinandersetzung stand dabei oft Kurt Schumacher, der als Parteivorsitzender die SPD in die erste Bundestagswahl führte. Dabei wurde der Wahlkampf insbesondere von Schumacher mit großer verbaler Härte geführt. Schmähungen und zornige Tiraden gehörten für ihn zur politischen Auseinandersetzung. Zwar ging auch Adenauer mit der SPD nicht zimperlich um, doch war er moderater im Ton, trat staatsmännisch auf und mied derbe Formen der Beleidigungen.

Zu einer persönlichen Auseinandersetzung zwischen den beiden Parteivorsitzenden führte insbesondere die Frage, welche Partei sich am ehesten gegenüber den Besatzungsmächten behaupten und nationale Interessen durchsetzen konnte. Das Verhältnis der Parteien zu den Besatzern war dabei ambivalent: Einerseits waren sie abhängig und um ein gutes Verhältnis bemüht, andererseits wollten sie sich als „nationale“ Parteien präsentieren, die bei den Verhandlungen mit den Alliierten für Deutschland das Beste herausholten. Die SPD galt dabei als Gefolgschaft der wenig beliebten britischen Besatzungsmacht und ihrer Labour-Regierung, die Union wurde von den Sozialdemokraten als Hörige der Franzosen beschimpft.

Vor diesem Hintergrund entbrannte zwischen Adenauer und Schumacher ein Streit um das Grundgesetz: Als die Alliierten im Frühjahr 1949 Vorbehalte gegenüber dem Grundgesetzentwurf des Parlamentarischen Rats geäußert und ihre Zustimmung verweigert hatten, zeigte sich die Union kompromissbereit, da sie ein Scheitern der Beratungen unbedingt verhindern wollte. Die SPD mit Schumacher hingegen war zu Zugeständnissen nicht bereit. Als die Alliierten schließlich einlenkten, rühmte sich die Partei, gegenüber den Besatzern Standvermögen gezeigt und erfolgreich die nationalen Interessen verteidigt zu haben. Später stellte sich jedoch heraus, dass die SPD Informationen von der Labour-Partei erhalten haben soll, die es ihr ermöglicht hätten, bei ihrer Haltung zu bleiben. „Ein absolut abgekartetes Spiel zwischen der britischen Regierung und den deutschen Sozialdemokraten, um auf diese Weise den deutschen Sozialdemokraten den Nimbus zu geben, dass sie die nationale Partei par excellence seien“, schimpfte Adenauer bei der großen Wahlkundgebung der CDU auf dem Heidelberger Schloss am 21. Juli 1949. Schumacher war außer sich ob dieser Beschuldigung und nannte Adenauer in der Folge „Lügenauer“.

Auch auf weltanschaulichem und kulturellem Gebiet kam es zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen den beiden Parteiführern. Insbesondere ging es hier um den besonderen Stellenwert der Ehe und Familie sowie die Frage des Elternrechts und der Bekenntnisschulen. Dabei stellte sich Schumacher besonders ungeschickt an, als er die katholische Kirche als „fünfte Besatzungsmacht“ diffamierte. Der SPD-Vorsitzende machte es der Union damit leicht, sich als Hüterin christlicher Werte zu präsentieren. „Die Gefahr für uns Deutsche und für ganz Europa, vom kommunistischen Heidentum verschlungen zu werden, ist keineswegs gebannt“, warnte Adenauer bei der Heidelberger Großkundgebung vor rund 5.000 Zuhörern.

In seinem Ziel, eine „kleine Koalition“ gegen die SPD zu bilden, sah sich Adenauer trotz dieser Auseinandersetzungen nicht einig mit Teilen der Union. Nach wie vor gab es mit Karl Arnold oder Jakob Kaiser einflussreiche Persönlichkeiten, die für ein Zusammengehen mit der SPD in einer großen Koalition eintraten. Nicht zuletzt die verbalen Ausfälle und auch persönlichen Schmähungen des SPD-Vorsitzenden Kurt Schumacher gegenüber der CDU und ihren Repräsentanten ließen ein Zusammengehen mit den Sozialdemokraten aber immer unwahrscheinlicher werden.

 

 

Soziale Marktwirtschaft oder Planwirtschaft

Auch die wirtschaftspolitischen Differenzen sprachen gegen eine große Koalition. Die Ausgestaltung der künftigen Wirtschafts- und Sozialordnung hatte das Grundgesetz bewusst offengelassen und wurde somit zum zentralen Wahlkampfthema.

Dabei war diese Frage selbst in der Union lange umstritten gewesen. Insbesondere unter den christlichen Gewerkschaftern wie Arnold, Kaiser oder Johannes Albers waren Verstaatlichungsideen weit verbreitet. Gegen einen „christlichen Sozialismus“ wandten sich in der CDU jedoch insbesondere jene, die aus protestantischen Kreisen wirtschaftsnahe Vorstellungen aus dem deutschen Liberalismus in die CDU trugen. Zu ihren prominentesten Vertretern zählte der Direktor des Frankfurter Wirtschaftsrats Ludwig Erhard.

Im Sommer 1948 hatte Erhard in Folge der Währungsreform die meisten Bewirtschaftungsmaßnahmen sowie die Preisbindung nach und nach abgeschafft und damit die Weichen für eine marktorientierte Wirtschaftspolitik gestellt. Zwar hatte auch Adenauer Anfangs Zweifel, ob Erhards Plan aufgehen würde. Doch mit dem Erfolg der Reformen wurde ihm schnell klar, dass sich Erhard und das von ihm vertretene Konzept einer sozial verpflichteten Marktwirtschaft als Glücksfall für die CDU erweisen könnte.

Auf der Tagung der CDU-Führungsgremien in Königswinter am 8. und 9. Januar 1949 wurde die Soziale Marktwirtschaft zum Programm und Leitbild der CDU. Erhards Ausführungen dienten als Grundlage für die Ausarbeitung eines wirtschaftspolitischen Programms. In einer großen Pressekonferenz wurden am 15. Juli 1949 in Düsseldorf die „Wirtschaftspolitischen Leitsätze der CDU“ der Öffentlichkeit präsentiert. Als Programm für die erste Bundestagswahl enthielten sie neben den Leitsätzen zur Sozialen Marktwirtschaft auch Ausführungen zur Sozialpolitik, zur Wohnungsbaupolitik und zur Agrarpolitik.

Erhard wurde so zur zentralen Persönlichkeit im Wahlkampf. Zwar war auch Adenauer durch sein Amt als Präsident des Parlamentarischen Rats einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden. Erhard aber zog die Massen an und trug damit entscheidend zum Wahlerfolg bei. Zudem war er als Franke auch bei der CSU ein gern gesehener Redner, und er fungierte als Bindeglied zur FDP. Da das Zusammengehen mit den Freien Demokraten Adenauers Wahlkampfziel bildete, hatte er bereits im Parlamentarischen Rat darauf geachtet, dass die kulturpolitischen Gegensätze zur FDP nicht zu einem unüberwindbaren Graben wurden. Dass die Kulturpolitik nach dem verabschiedeten Grundgesetz Ländersache war, erleichterte schließlich das Zusammengehen auf Bundesebene.

Viel wichtiger aber war der Konsens in der Wirtschaftspolitik, der bereits die Zusammenarbeit zwischen CDU und FDP im Frankfurter Wirtschaftsrat geprägt hatte. Im Wahlkampf machte auch die FDP Front gegen alle planwirtschaftlichen Ideen und Enteignungsbestrebungen. Die Soziale Marktwirtschaft war dabei jedoch viel mehr als nur eine Wirtschaftsform: „Für die CDU/CSU war die soziale Marktwirtschaft nicht nur die praktische Anwendung einer wirtschaftlichen Erkenntnis, sondern auch das grundsätzliche Bekenntnis zu ihrer Auffassung von der Freiheit der Bürger, einer Auffassung, bei der nicht der Staat und die Staatsallmacht, sondern der Mensch im Mittelpunkt alles Denkens und Handelns zu stehen hat“, erklärte dazu Adenauer.

Die Bedeutung der zentralen Wahlkampfthemen spiegelte sich auch in den Plakaten wider: Bildreich präsentierte die Union die Erfolge ihrer Wirtschaftspolitik im Frankfurter Wirtschaftsrat und stellte sie einer „Diktatur- und Kommandowirtschaft“ gegenüber, die ins Elend führe: „Am Scheideweg der Wirtschaft – Aufbau und Arbeit oder Zwangswirtschaft und Bürokratie“, lautete ein Slogan. Oder: „1947: Hunger, Not, Elend, 1949: Vorwärts, Aufwärts – Der Erfolg der CDU“. Verschiedene Entwürfe stellten dabei gezielt Frauen in den Mittelpunkt, die von der Wirtschaftspolitik der Union profitierten. Aber auch die Vertriebenen versuchte die CDU für sich zu gewinnen: „Vertriebene! Eure Not ist unsere Sorge. Wählt CDU. Die einzige Partei, die Flüchtlings-Wahlkreise forderte.“ Gleichzeitig wurde die drohende Teilung der beiden deutschen Staaten aufgegriffen: „Mit Adenauer für den Frieden, die Freiheit und die Einheit Deutschlands – darum CDU.“ Und auch das dritte große Wahlkampfthema – die Kulturpolitik – fand in der Plakatierung breiten Raum. „Wir wollen ein christliches Deutschland erhalten“, hieß es. Oder: „Unsere Kinder in die Elternhand.“ Und: „Millionen Christen wählen CDU.“

 

14. August 1949

Die erste Bundestagswahl fand an einem verregneten Sonntag statt. Konrad Adenauer gab seine Stimme im Lokal „Zur Traube“ in Rhöndorf ab. Den Wahlabend verbrachte er zu Hause im Kreis seiner Familie. Die ersten Ergebnisse wurden am Montagmorgen erwartet.

Entgegen Adenauers Absicht war es nicht gelungen, mit den kleineren bürgerlichen Parteien, der FDP und der konservativen DP, Wahlkampfabkommen zu schließen – zu groß war die Konkurrenz in den einzelnen Landesverbänden. Und auch ein Fairnessabkommen mit dem Zentrum war an dessen Forderung gescheitert, das Zentrum als gleichberechtigt anzuerkennen. Mit dem Ergebnis der ersten Bundestagswahl am 14. August 1949 hatte Adenauer dennoch sein primäres Ziel erreicht. Zwar hatte die Union nur einen knappen Vorsprung von 424.000 Stimmen vor der SPD (31 zu 29,2 Prozent), doch konnte man das Ergebnis durchaus als Plebiszit für die Wirtschaftspolitik der nichtsozialistischen Parteien werten: Während die künftige Koalition aus Union (139 Mandate), FDP (52 Mandate) und DP (17 Mandate) über eine breite Mehrheit von 208 Mandaten im künftigen Parlament verfügte und auch die Bayernpartei (17 Mandate) einen marktwirtschaftlichen Kurs verfolgte, konnten SPD (131) und KDP (15 Mandate) zusammen nur 146 Mandate auf sich vereinigen. Weitere im ersten Bundestag vertretene Parteien waren die Deutsche Zentrumspartei (10 Mandate), die Wirtschaftliche Aufbau-Vereinigung (12 Mandate), die Deutsche Konservative Partei – Deutsche Rechtspartei (5 Mandate) und der Südschleswigsche Wählerverband (1 Mandat). Seinen eigenen Wahlkreis Bonn gewann Konrad Adenauer deutlich mit 54,9 Prozent.

Die überwiegende Mehrheit der westdeutschen Bevölkerung – die Wahlbeteiligung lag bei 78,5 Prozent – hatte also kein Interesse an sozialistischen Experimenten. Damit lag Adenauers Ziel – die Bildung einer „kleinen Koalition“ – in greifbarer Nähe. Aber nicht nur aus weltanschaulicher Sicht kam ein Zusammengehen mit den Sozialdemokraten für ihn nicht infrage. Für eine stabile Demokratie erschien es ihm wichtig, die SPD in der Opposition zu sehen, wie er am 25. August 1949 schrieb: „Ich halte aber auch mehr denn je es für richtig, daß man die Sozialdemokratie zwingt, in Opposition zu gehen, damit endlich einmal in Deutschland die Form der Demokratie geübt wird, die in den angelsächsischen Ländern sich bewährt hat.“

In den Wochen nach der Wahl zeigte Adenauer höchstes politisches Geschick, als er bei der legendären Rhöndorfer Konferenz in seinem privaten Wohnhaus die CDU endgültig auf eine Koalition mit FDP und DP einschwor. Am 15. September wurde er in Bonn zum ersten Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland gewählt. Damit begann die Ära Adenauer: 14 Jahre Kanzlerschaft, in denen er als Bundeskanzler mit der Sozialen Marktwirtschaft, der Europäischen Integration, der Transatlantischen Partnerschaft und der Aussöhnung mit Israel die entscheidenden Weichen für die Entwicklung der Bundesrepublik stellte.

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