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Wilhelm Böhler (1891-1958) Wilhelm Böhler (1891-1958) © „© KNA-Bild“

Wilhelm Böhler

Priester, Leiter des Katholischen Büros 18. November 1891 Wichterich 25. Juli 1958 Köln
von Wolfgang Tischner

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Wilhelm Böhler wurde am 18. November 1891 als Sohn eines Lehrers in Wichterich bei Euskirchen geboren. Von seinem familiären Umfeld stark religiös geprägt, entschied er sich nach dem 1911 in Düsseldorf abgelegten Abitur zum Theologiestudium an der Universität Bonn. Aufgrund der Kriegssituation wurde er schon im Juni 1915 vom Kölner Kardinal von Hartmann zum Priester geweiht. Anschließend trat Böhler eine Kaplansstelle in Mönchengladbach an, dem Sitz des „Volksvereins für das katholische Deutschland“. 1918 wurde er der örtliche Caritasdirektor, 1920 übernahm er dazu noch die Stelle eines Generalsekretärs der „Katholischen Schulorganisation Deutschlands“. Dort kam er in Kontakt zum spiritus rector der katholischen Schularbeit, dem späteren Zentrumsvorsitzenden und Reichskanzler Wilhelm Marx. Von ihm gefördert, baute Böhler die Organisation, die er nach Düsseldorf verlegte, trotz Rivalitäten mit dem „Volksverein“ zu einer der schlagkräftigsten katholischen Lobbyorganisationen aus. Die Zeitschrift des Verbandes, das „Elternhaus“, erreichte 1931 eine Auflage von 150.000 Exemplaren, und bei einer Unterschriftenaktion zugunsten der Bekenntnisschulen beteiligten sich 1922/23 von 11 Millionen wahlberechtigten Katholiken 8,9 Millionen. Allerdings war in der politischen Konstellation der Weimarer Republik die Bewahrung des schulpolitischen status quo das einzig erreichbare Ziel.

In der NS-Zeit war die Arbeit des Schulvereins unmöglich, Böhler wurde im Zuge der „Verkirchlichung“ (Heinz Hürten) der katholischen Verbandsarbeit Leiter der Kirchlichen Hauptarbeitsstelle der katholischen Aktion. Allerdings musste er diese Position auf Druck der Nationalsozialisten bald aufgeben und übernahm 1935 eine Pfarrei in Essen. 1938 für zwei Monate in „Schutzhaft“, scheiterte die vom neuen Kölner Erzbischof Frings geplante Berufung ins Domkapitel 1942 am Widerspruch der staatlichen Stellen.

Nach dem Zusammenbruch des NS-Staates erfolgte im Oktober 1945 die Ernennung zum Domkapitular, Böhler übernahm die Schulabteilung des Kölner Generalvikariates. In dieser Funktion baute er bei den Verfassungsberatungen in den neugegründeten Ländern Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz ein Netzwerk von katholischen Abgeordneten auf, so dass es nahe lag, ihn auch am 25. Oktober 1948 mit der Fühlungnahme zum Parlamentarischen Rat zu betrauen. Böhler organisierte eine Zusammenarbeit mit den evangelischen Kirchen und versuchte, über eine Welle von Petitionen Druck zugunsten einer kirchenfreundlichen Regelung in der Frage der Bekenntnisschulen aufzubauen. Obwohl er dabei nicht erfolgreich war, so ist die Endfassung des Grundgesetzes erheblich christlicher geprägt, als aufgrund der Stimmenverhältnisse im Parlamentarischen Rat zu erwarten gewesen wäre. Böhlers engagierte Stellungnahme bei der Sondersitzung der Fuldaer Bischofskonferenz im Februar 1949 war dann auch mit entscheidend dafür, dass die deutschen Bischöfe trotz etlicher Bedenken in Einzelfragen die Verabschiedung des Grundgesetzes unterstützten.

Die Arbeitsgruppe der kirchenpolitischen Sachbearbeiter der einzelnen Diözesen, die sich im Zuge der Verfassungsberatungen bei Böhler zusammengefunden hatte, wurde von der Fuldaer Bischofskonferenz 1949 als „Kirchenpolitisches Gremium“ institutionalisiert, und Böhler übernahm mit der Leitung des neugeschaffenen „Katholischen Büros“ 1951 auch offiziell die Vertretung der katholischen Kirche in Deutschland gegenüber der Bundesregierung. In dieser Funktion koordinierte sich Böhler häufig mit seinem evangelischen Gegenpart, Bischof Hermann Kunst.

Wesentlichen Einfluss auf die Gestaltung des deutschen Katholizismus und dessen Verhältnis zur Union nahm Böhler 1952, als er sich damit durchsetzte, anstelle einer von Adenauer favorisierten Neugründung des „Volksvereins“ das gegenüber der Politik distanziertere „Zentralkomitee der deutschen Katholiken“ (ZdK) zu gründen. Ebenfalls von ihm angestoßen wurde die Gründung der katholischen Nachrichtenagentur (KNA). Der schwer zuckerkranke Böhler, der noch 1956 den Ehrentitel „Exzellenz“ verliehen bekommen hatte, starb am 25. Juli 1958 im Kölner Marienhospital an den Folgen einer Operation.

Böhlers Rolle bei der Neukonstituierung des deutschen Katholizismus und der christlichen Demokratie nach 1945 wird immer noch ungenügend oder verzerrt wahrgenommen. Burkhard van Schewick hat zurecht darauf hingewiesen, dass der „rheinische Prälat“ bisher noch weitgehend ignoriert wird, was auch für weite Teile der Adenauer-Forschung gilt. Von Seiten der zeitgenössischen Presse, etwa dem „Spiegel“, aber auch von Wissenschaftlern wie Frederick Spotts wurde dagegen Böhlers direkte Einflussnahme auf die Politik und vor allem das Kirchenpolitische Gremium in seiner Bedeutung überschätzt. Befördert wird die unsichere Einschätzung seiner historischen Rolle durch den Verlust wesentlicher Teile des Nachlasses und die Tatsache, dass Böhler viel mündlich erledigte. Wenn sich jedoch Materialien erhalten haben, wie etwa im Nachlass des späteren Berliner Generalvikars Walter Adolph, zeigen sie einen einflussreichen Organisator, der die Position von kirchlichen Stellen und Unionspolitikern eher koordiniert als vorgibt. Die wenigen noch lebenden Zeitzeugen bestätigen eher diese Deutung. Bleibenden Einfluss hatte er vor allem durch seine Stellungnahme zum Grundgesetz und die Gründung des ZdK.

Bestand

Historisches Archiv des Erzbistums Köln.


Lebenslauf

  • 1915 Priesterweihe
  • 1920 Generalsekretär der Katholischen Schulorganisation Deutschlands
  • 1935 Pfarrer in Essen
  • 1938 „Schutzhaft“
  • 1945 Domkapitular des Erzbistums Köln
  • 1948 Päpstlicher Hausprälat
  • 1951 Leiter des Katholischen Büros
  • 1952 Apostolischer Protonotar.

Veröffentlichungen

  • Böhler, Wilhelm, Katholische Kirche und Staat in Deutschland. Erinnerungen, Feststellungen, Grundsätzliches, in: Politische Bildung. Schriftenreihe der Hochschule für Politische Wissenschaften München 44 (1953), S. 123-146.

Literatur

  • In Memoriam Wilhelm Böhler. Erinnerungen und Begegnungen. In Verbindung mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken hg. v. Bernhard Bergmann u. Josef Steinberg. Köln 1965.
  • Burckhard van Schewick: Wilhelm Böhler (1891-1958). In: Zeitgeschichte in Lebensbildern. Aus dem deutschen Katholizismus des 19. und 20. Jahrhunderts. Bd. 4. Mainz 1980, S.197–207, 277–278.
  • Ders.: Die katholische Kirche und die Entstehung der Verfassungen in Westdeutschland 1945–1950. Mainz 1980. (Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte, Reihe B: Forschungen, Bd. 30).
  • Frederic Spotts: Kirchen und Politik in Deutschland. Stuttgart 1976.

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