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HDZ-Präsidentschaftskandidatin Kitarovic erringt knappen Wahlsieg

Präsidentschaftswahlen in Kroatien

In Kroatien wird in den kommenden fünf Jahren erstmals eine Frau das Amt des Staatspräsidenten einnehmen. Die von der aktuellen Oppositionspartei HDZ nominierte ehemalige Außenministerin und zuletzt als stellvertretende Generalsekretärin für Öffentlichkeitsarbeit der NATO in Brüssel tätige Kolinda Grabar Kitarovic setzte sich in der Stichwahl gegen den von der Regierungspartei SDP wiederum unterstützten Amtsinhaber, Ivo Josipovic knapp mit einem Stimmenanteil von 50,43% (1.101.018 Stimmen) gegenüber 49,57% (1.082.158) durch.

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Bei einer, gegenüber dem 1. Wahlgang ( 1,75 Mio. Wähler) am 28. Dezember 2014 um mehr als 25% gesteigerten Wahlbeteiligung von 58,89% (2,23 Mio. Wähler) konnte die jetzt erfolgreiche Kandidatin ihren Rückstand auf den Amtsinhaber von 1,2% im ersten Wahlgang in einen Vorsprung von 0,85 % umkehren.

Mit diesem zwar knappen, aber trotz der mit ca. 60.000 hohen Anzahl für ungültig erklärter Stimmen eindeutigen Wahlergebnis wird nicht nur erstmals eine Frau Staatspräsidentin Kroatiens, gleichzeitig gewinnt auch zum ersten Mal seit dem Tod des Staatsgründers Franjo Tudjmans ein von der HDZ nominierter Präsidentschaftskandidat die Wahl für das höchste Staatsamt.

Der in seiner gesamten Amtsperiode eher blass gebliebene Amtsinhaber Ivo Josipovic hatte seinen Wahlkampf auf Initiativen zur Änderung der kroatischen Verfassung aufgebaut, die selbst in der ihn unterstützenden Regierungspartei von Beginn an auf wenig Gegenliebe gestoßen waren.

Er verfolgte damit das Ziel der Entbürokratisierung und wollte „aus Kostengründen“ die 21 Gespanschaften in wenige (7) Regionen umwandeln und gleichzeitig eine Demokratisierung der Entscheidung über die Aufstellung von Parlamentskandidaten und anderer politische Amtsträger durchsetzen. Auch mit letzterer Forderung war er sogar bei seinen eigenen Parteifreunden auf große Skepsis gestoßen, was zu einer eher moderaten Wahlbeteiligung von SDP Mitgliedern bzw. einer geringer als erwarteten Unterstützung des SDP Kandidaten geführt haben mag.

Die Herausforderin konzentrierte ihren Wahlkampf dagegen von Beginn an deutlich stärker auf die aktuell miserable Wirtschaftslage und versprach für bessere wirtschaftliche Rahmenbedingungen zu sorgen, um auf diese Weise die hohe Jugendarbeitslosigkeit bzw. Abwanderung junger ausgebildeter Fachkräfte ins Ausland zu verhindern und gleichzeitig mehr Rechtsstaatlichkeit und damit Vertrauen und Investitionen zu generieren.

Was dem Amtsinhaber sicher geschadet hat, war der zum Teil doch sehr paternalistische Umgang mit seiner Konkurrentin (er bezeichnete sie in einem Interview sogar als „Barbie“ der Opposition) vor allem aber die eher passive, ja lethargische Art, mit der er in den letzten fünf Jahren seinen Amtspflichten nachgegangen war.

Auch der amtierende kroatische Ministerpräsident und Parteifreund Josipovics, Zoran Milanovic, war mit seinen abfälligen Wahlkampfäußerungen über die HDZ-Kandidatin und vor allem über die sie nominierende Oppositionspartei nicht besonders hilfreich.

So bezeichnete er die Kandidatin als eine „vor der Parteiführung ins rechte Fahrwasser gesteuerte Parteisoldatin“, die sich allein für die Interessen ihrer HDZ Klientel einsetze und von einer Partei nominiert worden sei, die er weiterhin als eine „kriminelle Vereinigung“ betrachte.

Mit solchen Stellungnahmen war dem Amtsinhaber sicher nicht gedient und einige sehen in dieser rigiden Wortwahl des Ministerpräsidenten nicht nur verräterisches Kennzeichen seines Charakters, sondern auch ein Indiz für die Entfremdung zwischen diesen beiden SDP Vertretern und ihren doch sehr unterschiedlichen politischen Charakteren.

Reaktionen auf den Wahlsieg Kitarovics

Der vormalige Juraprofessor und Komponist moderner klassischer Musik gratulierte seiner erfolgreichen Mitbewerberin im Gegensatz zu „seinem“ Ministerpräsidenten umgehend und bezeichnete Ihren Wahlsieg auch als einen „Sieg der Demokratie“, den er anerkenne und wünschte seiner Nachfolgerin alles Gute bei Ihrer Amtsführung.

Ministerpräsident Milanovic kommentierte dagegen nach Verkündung des vorläufigen Endergebnisses der Stichwahl, dass seine Regierung nun als das letzte Bollwerk gegen die Rückkehr der „kriminellen HDZ-Bande“ an die Schaltstellen der Macht betrachtet werden müsse.

Der HDZ Vorsitzende Karamarko würdigte dagegen den Wahlsieg „seiner“ Kandidatin und lobte seine Nominierung dieser „starken Persönlichkeit“ aus der Reihen seiner Partei, die unter der Führung Franjo Tudjmans schließlich das unabhängige Kroatien hervorgebracht habe. Kitarovic werde jedoch in ihrer Amtsführung sicherlich keine Exponentin der HDZ, sondern aller kroatischer Bürger sein. Er würdigte den Durchhaltewillen der seit Wochen gegen Kürzungen ihrer Renten protestierenden Kriegsveteranen und beglückwünschte die Auslandskroaten, darunter vor allem jene in Bosnien-Herzegowina, die stundenlang in schlechtem Wetter vor den (zu) wenigen dortigen Wahllokalen ausgeharrt hatten, um doch noch ihre Stimme (für die HDZ Kandidatin) abgeben zu können.

Die links-liberale Regierungskoalition wird sich nun mit einer „konservativen“ Staatspräsidentin auseinander bzw. ins Benehmen setzen müssen. Die Kandidatin hatte schon im Wahlkampf deutlich gemacht, sich aktiv in die Politik „einbringen“ und dabei vor allem die Rechtsstaatlichkeit und den Minderheitsschutz in Kroatien fördern zu wollen. Sie wolle zudem konsequent gegen Korruption vorgehen und das Land bzw. seine Bevölkerung einen und sich dafür einsetzen, die tiefen politischen Gräben zu überbrücken.

Die kroatische Verfassung gibt ihr dazu allerdings nur begrenzte Möglichkeiten, ihre Zielsetzungen zu verfolgen. So ist eine kroatische Staatspräsidentin zwar Oberbefehlshaberin der Streitkräfte sowie Vorsitzende des nationalen Sicherheitsrates und hat ein Mitspracherecht bei der Besetzung hochrangiger Posten im diplomatischen Dienst und beim Militär; über ein Veto gegenüber Gesetzesvorhaben der Regierung verfügt sie aber nicht.

Dagegen scheint sicher, dass Kolinda Grabar Kitarovic, mit ihren Erfahrungen als Außenministerin und ehemalige Protagonistin eines möglichst schnellen Beitritts Kroatiens zur NATO und zur Europäischen Union, die Außenbeziehungen ihres Landes zu den EU Mitgliedsstaaten deutlich intensivieren wird. Auf die Frage, in welches Land sie nach einem möglichen Wahlsieg zuerst reisen würde, äußerte Kitarovic während einer Fernsehdiskussion spontan: Deutschland; der Amtsinhaber dagegen: die Nachbarländer. Dies zeigt, dass vor allem auch die bilateralen Beziehungen zwischen Kroatien zu Deutschland einen positiven Schub erfahren könnten. Nicht zuletzt auch deshalb könnte es durchaus zu ernsteren Meinungsverschiedenheiten mit der aktuellen Außenministerin Pusic führen, die ihre außenpolitischen Aktivitäten - wie übrigens auch der Amtsvorgänger Josipovic - stärker auf die Nachbarstaaten Kroatiens fokussiert hatte.

Mögliche Probleme der Kohabitation?

Solche Probleme einer nun beginnenden „Quasi-Kohabitation“ wird es unter Umständen sogar vermehrt geben. Diese Erfahrungen musste auch ehemalige HDZ-Regierungen etwa mit dem ehemaligen kroatischen Staatspräsidenten „Stipe“ Mesic machen, der sich vor seiner Wahl im Streit von der HDZ abgewandt hatte und während seiner zehn Jahre lang andauernden Präsidentschaft von seinen politischen Möglichkeiten ausgiebig Gebrauch gemacht hat. Dies hat oft zu Streitigkeiten mit den damaligen HDZ-geführten Regierungen geführt.

Auswirkungen auf die Volksparteien

Verlauf und Ausgang der Präsidentenwahl werden sicherlich auch Auswirkungen auf die beiden großen kroatischen Volksparteien zeitigen.

Für die Regierungspartei SDP beginnt mit dieser dritten Wahlniederlage in Folge eine Art „Götterdämmerung“. Ihr Präsidentschaftskandidat hat nicht nur die Wahl verloren, ihr Parteivorsitzender hat sich durch seine harschen Äußerungen noch stärker exponiert und hat in Umfragen zum bisher „unbeliebtesten Politiker Kroatiens“ in Gestalt des Oppositionsführers aufgeschlossen. Auf den SDP-Vorsitzenden Milanovic kommen deshalb sicherlich innerparteiliche Auseinandersetzungen um seine Person und seinen Führungsstil zu und es erscheint nicht ausgeschlossen, dass diese sogar vorzeitige Neuwahlen erzwingen könnten.

Die HDZ sieht sich dagegen sowohl in ihren politischen Zielsetzungen als auch in ihren strategischen und taktischen Erwägungen bestätigt. Ihr Vorsitzender und Oppositionsführer konnte seine Machtposition in der Partei mit diesem überraschenden Wahlerfolg festigen und als Herausforderer des Ministerpräsident beim Wähler punkten.

Wandel in der Wählergunst?

Allerdings braucht seine Partei Koalitionspartner, um die anstehenden Parlaments-wahlen gewinnen zu können. Jüngste Umfragen von Anfang des Jahres, also vor der Entscheidung in der gestrigen Stichwahl, sehen sowohl die HDZ mit 29,3% als auch die SDP mit 23,5% leicht im Aufwind.

Hätten zum Zeitpunkt der Befragung Parlamentswahlen angestanden wäre eine HDZ-geführte Koalition auf 33%; eine SDP-geführte Koalition auf 25,9% gekommen. Der Vorsprung sowohl der HDZ als auch der bereits existierenden HDZ-geführten Wahlallianz gegenüber den Regierungsparteien ist nicht erst seit diesem Wahlerfolg im Wachsen begriffen und viel wird in Zukunft vom Wahlverhalten der Anhänger der klei-neren kroatischen Parteien abhängen.

Hier scheint die Attraktivität der von der SDP-Dissidentin Miranda Holy geführten Partei für „Nachhaltiges Wachstum in Kroatien (ORAH) im Schwinden begriffen zu sein. In jüngsten Umfragen kommt sie nur noch auf 11,4%, wohingegen die von dem im ersten Wahlgang überraschend erfolgreichen, sehr jugendlichen Präsidentschaftskandidaten: Ivan Vilibor Sincic, jüngst gegründete Partei: „Human Wall“, es inzwischen bereits auf eine Unterstützung von immerhin schon 7,8% bringt.

Diese Zahlen belegen, dass trotz der Tatsache, dass die rechtskonservative „Allianz für Kroatien“ mit 3,9% eher einer Koalition mit der HDZ zuneigt, es für einen Machtwechsel in Kroatien (noch) nicht reicht, solange unklar bleibt, wem sich die kleineren Parteien nach einem ähnlich knappen Wahlausgang bei den kommenden Parlamentswahlen als Koalitionspartner anbieten werden.

Fazit

Insgesamt kann man den Wahlerfolg der HDZ-Kandidatin als ein Zeichen des Aufbruchs interpretieren. Die – wenn auch knappe - Mehrheit der kroatischen Bevölkerung hat sich von der „Jugo-Nostalgia“ bzw. der Verklärung eines „brüderlichen, jugoslawischen Sozialismus“ der momentan regierenden Elite ab- und einer Europa-orientierten fest im westlichen Bündnis verankerten Kandidatin zugewandt.

Ähnlich wie in Rumänien scheinen auch die Menschen in Kroatien ihre Zukunft lieber in die Hände jener Politiker legen zu wollen, die sich für eine weitere Integration ihrer Länder in die Europäische Union bzw. in den europäischen Binnenmarkt einsetzen. Rechtsstaatlichkeit und wirtschaftliche Solidität zählen dabei heute offensichtlich mehr als historische Reminiszenzen und sozialistische Seilschaften. Der Wähler hat einen Richtungswechsel in der Politik eingefordert und es wird sich zeigen müssen, ob er im Herbst vollendet werden kann.

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Kolinda Grabar-Kitarovic KAS Zagreb

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