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Veranstaltungsberichte

Marokko und die Afrikanische Union – Aktuelle Dynamiken und Zukunftsperspektiven

Im Rahmen ihrer strategischen Überlegungen zur Zukunft Afrikas lud die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) ein Expertengremium zu einem Arbeitsmittagessen mit Herrn Lukas Kupfernagel ein, dem Leiter des KAS-Büros in Äthiopien und bei der Afrikanischen Union. Im Mittelpunkt der Diskussionen standen die aktuellen Dynamiken zwischen Marokko und der Afrikanischen Union, mit einem Fokus auf strategische Themen wie die AfCFTA, die Süd-Süd-Kooperation und ökologische Herausforderungen. Die Veranstaltung hob die wachsende Rolle Marokkos in den kontinentalen Institutionen hervor und betonte die Notwendigkeit einer verstärkten Partnerschaft für eine nachhaltige und integrierte Entwicklung Afrikas.

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Steven Hoefner, der Repräsentant der Konrad-Adenauer-Stiftung in Marokko, eröffnete die Sitzung mit dem Hinweis, dass dieses Arbeitsessen eine Gelegenheit biete, Standpunkte nach der jüngsten Wahl der neuen Kommission der Afrikanischen Union in Addis Abeba auszutauschen. Er betonte die Notwendigkeit, die aktuellen Beziehungen zwischen Marokko und der AU im Kontext dieser institutionellen Erneuerung zu analysieren.

Lukas Kupfernagel, Leiter des KAS-Büros in Äthiopien und bei der Afrikanischen Union, stellte anschließend die zentralen Diskussionslinien vor. Er hob die gemeinsamen Interessen Marokkos und der AU hervor und erinnerte daran, dass sich Marokko seit seiner Rückkehr im Jahr 2017 als unverzichtbarer Akteur auf dem Kontinent etabliert hat. Er betonte Marokkos Rolle als Brücke nach Europa und als Schlüsselpartner der Süd-Süd-Kooperation. Wirtschaftlich lobte Lukas Marokkos Stellung als eines der am weitesten entwickelten Länder Afrikas – dank seiner Infrastruktur, seiner wirtschaftlichen Stärke und seinen Investitionen in erneuerbare Energien. Zudem betonte er die Bedeutung des akademischen Dialogs mit westafrikanischen Ländern über reguläre und irreguläre Migration sowie Marokkos Fähigkeit, im Sicherheitsbereich – sowohl militärisch als auch nachrichtendienstlich – zu handeln.

Die Diskussion setzte sich mit der Rolle der Afrikanischen Kontinentalen Freihandelszone (AfCFTA/ZLECAF) fort, die als zentrales Instrument zur wirtschaftlichen Integration gesehen wird. Lukas unterstrich Marokkos vorteilhafte Lage – wirtschaftlich, geografisch und diplomatisch – sowie die Notwendigkeit, regionale Verpflichtungen schrittweise zu stärken, um die ZLECAF zu konsolidieren. Er schloss mit der Feststellung, dass die AU Marokko brauche, und lud die Teilnehmenden ein, ihre Einschätzungen dazu zu teilen.

Steven Hoefner stellte anschließend eine Frage zur Vision der neuen AU-Kommission und zu Möglichkeiten, wie europäische Länder die Umsetzung der Agenda 2063 unterstützen könnten. Lukas Kupfernagel antwortete, dass sowohl afrikanische als auch europäische Institutionen jung seien und dass es essenziell sei, Vertrauen wiederherzustellen. Er stellte fest, dass die Europäische Union gelegentlich dazu neige, die AU mit sich selbst zu verwechseln, obwohl sich ihre Strukturen deutlich unterschieden: Die AU sei stark auf die Wahrung der Souveränität ihrer Mitgliedsstaaten bedacht und agiere deshalb fragmentierter. Es sei wichtig, Kooperationsfelder jenseits der Sicherheit zu erschließen – etwa im Bereich der öffentlichen Gesundheit, der Impfstoffproduktion und der Pandemieprävention –, insbesondere unter Berücksichtigung der Erfahrungen mit Ebola.

Steven Hoefner sprach auch die mauretanische AU-Präsidentschaft an und fragte nach einer Einschätzung ihrer Bilanz. Lukas stellte klar, dass diese Präsidentschaft vor allem symbolischen Charakter habe, während die eigentliche Entscheidungsgewalt bei der Kommissionsvorsitzenden liege.

Mehdi Rais, Gründungspräsident von Diplomatic Bridge, brachte seine Erfahrungen zu zentralen Themen wie Freizügigkeit, Süd-Süd-Kooperation, ZLECAF und Mehrebenen-Governance ein. Er betonte die Bedeutung lokaler Institutionen und einer stärkeren regionalen Kohärenz. Zum marokkanischen Wiedereintritt in die AU hob er die Strategie Marokkos hervor, als vereinigender Akteur und nicht als dominanter Machtfaktor zu agieren – etwa durch die königliche Atlantik-Initiative. Marokko verfolge einen strategischen Kurs und stärke schrittweise seinen Einfluss innerhalb der AU im Sinne einer für beide Seiten vorteilhaften Interdependenz.

Lukas stimmte dieser Analyse zu und stellte eine Frage zur Entwicklung regionaler Blöcke. Er betonte, dass traditionelle afrikanische Machtzentren an Einfluss verlieren, während sich neue Allianzen und Dynamiken auf dem Kontinent herausbilden.

Moussa Mahamat Djibrine, Masterstudent für Internationale Sicherheit an der Internationalen Universität Rabat, sprach über die königliche Initiative für die Sahelregion. Er betonte die Notwendigkeit, den innerafrikanischen Handel zu fördern und Lieferketten innerhalb Afrikas aufzubauen.

Julien Durand de Sanctis, Politikwissenschaftler an der Internationalen Universität Rabat, wies auf die fehlende Komplementarität zwischen formeller und informeller Wirtschaft als zentrales Hindernis für die afrikanische Integration hin. Er plädierte für eine Überarbeitung der „Integrationssoftware“, also der Kooperationsmechanismen zwischen afrikanischen Staaten.

Steven Hoefner sprach anschließend Umweltfragen an – darunter den Rückgang von Grünflächen und klimabedingte Naturkatastrophen. Er unterstrich, dass Afrika seine natürlichen Ressourcen nachhaltig nutzen und in erneuerbare Energien investieren müsse – dabei aber eine realistische Haltung gegenüber oft ambitionierten, aber schwer umsetzbaren Klimazielen bewahren solle.

Die Debatte wurde durch eine Diskussion über von externen Akteuren (etwa China oder Europa) finanzierte Infrastrukturen ergänzt. Mehrere Teilnehmer betonten die Notwendigkeit, solche Projekte unter afrikanische Kontrolle zu stellen. Said Temsamani, internationaler Berater des Generalsekretärs der Istiqlal-Partei, verwies auf Analysen US-amerikanischer Think Tanks, die einen politischen Kurswechsel Marokkos gegenüber Afrika beobachten – hin zu einer Verteidigung der Interessen des Kontinents auf internationaler Bühne im Rahmen einer neuen Governance.

Zum Abschluss hielten Steven Hoefner und Lukas Kupfernagel ihre Schlussbemerkungen. Lukas würdigte Marokkos Weg in Afrika und betonte einen sicherheitspolitischen Ansatz, der auf Teilhabe basiert. Afrika müsse die Kontrolle über seine eigene Entwicklung behalten. Marokko befinde sich in einer günstigen Position, um den Kontinent zu stärken – zu einem Zeitpunkt, an dem internationale Akteure beginnen, Afrikas wachsende globale Rolle ernst zu nehmen.

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Steven Höfner

Leiter Auslandsbüro Marokko

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