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Veranstaltungsberichte

Das Atomprogramm des Iran -

und wie wir darauf reagieren sollen

"Weil das Atomprogramm des Iran inzwischen soweit fortgeschritten ist, ist die Zeit von "Patentlösungen" bereits abgelaufen", so der Referent Dustin Dehéz beim "Sicherheitspolitischen Dialog am Fuchsweg" des Aufklärungslehrbataillons 3 und der KAS Hannover in Lüneburg.

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Dem Iran, als Unterzeichner des Atomwaffensperrvertrags (engl.: NVV) ist es erlaubt, sämtliche Möglichkeiten friedlicher Nutzung der Kernenergie zu erforschen und zu installieren. Im Gegenzug verpflichten sich die NVV-Unterzeichner jedoch dazu, auf die militärische zu verzichten. Es gibt jedoch einige Indizien dafür, dass der Iran sich nicht an das Abkommen hält. Zum Ersten umgeht er die Informationspflicht gegenüber der internationalen Atomenergiebehörde IAEO. Zudem gibt es starke Anzeichen dafür, dass der Iran sich mit einer 20prozentigen Urananreicherung, die zur zivilen Nutzung ausreichen würde, nicht zufrieden gibt, sondern den gesamten Atom"kreislauf" erforscht. Zum Zweiten entwickelt das Mullah-Regime Trägersysteme, die es erlauben würden, Atomsprengköpfe über mittlere und längere Strecken zu transportieren, einschl. der dazugehörigen Eintrittsvehikel. Zum Dritten entwickelt es die speziellen Zünder, die für eine Atombombenzündung notwendig sind. Informationen darüber entstammen nicht westlichen Geheimdienstquellen sondern denen der inneriranischen Opposition. Aufgrund des offenkundigen Bruchs des NVV hat die IAEO pflichtgemäß die "causa Iran" an den Sicherheitsrat der UNO überwiesen, der über weitere Aktionen und Reaktionen der Mitgliedsstaaten zu befinden hat.

Die komplexe Lage ergibt sich auch dadurch, dass der Westen nur begrenzten Einblick in die inneren Machtverhältnisses der muslimischen Republik hat. Sie ist durch eine einzigartige Mischung aus Theokratie mit wenigen demokratischen Elementen gekennzeichnet. Dieses Regime hat sich als vollkommen reformunfähig erwiesen. Das betrifft auch die inneriranische Opposition, die - anders als im Westen oft erhofft - mitnichten die Grundfundamente des Staates in Frage stellt sondern durchaus systemkonform ist. Die historische Erfahrung hat gezeigt, dass sich Reformstaus oft in eruptiven Entwicklungen oder gar Revolutionen entladen. Das dies so auch hier sein wird, ist sicher, unsicher jedoch die Frage, welcher Funke es sein wird, der dieses explosive Gemisch zur Explosion bringen wird. Möglicherweise droht dies schon angesichts des fortgeschrittenen Lebensalters des amtierenden Religionsführers bei den dann zu erwartenden Streitigkeiten um dessen Nachfolge. Angesichts dessen kam der Referent zu dem Ergebnis, dass der Iran zur Zeit ein vergleichweise rationaler Akteur sei. Ob dies auch für die Zukunft gelten wird, sei allerdings fraglich.

Im dritten Teil erläuterte der Referent die unterschiedlichen Sichtweisen, Bewertungen und Schlussfolgerungen der internationalen Gemeinschaft. Er widersprach vehement dem amerikanischen Strategiewissenschaftler Kenneth Waltz, der in der renommierten Zeitschrift "Foreign Affairs" die nukleare Bewaffnung des Irans gerade als notwendig gefordert hatte, um die Stabilität der Region zu garantieren. Dabei stützte sich dieser auf die Erfahrungen des kalten Krieges, in dem das Gleichgewicht des Schreckens und das Prinzip der "Gegenseitigen garantierten Vernichtung ("MAD")" zu einem Stabilitätszustand zwischen den beiden atomaren Supermächten geführt hätte. Dehez macht demgegenüber deutlich, dass weder die jetzige noch die zu erwartende Situation im Mittleren Osten mit der des Kalten Krieges vergleichbar sei, allein deshalb, weil keine der direkt beteiligten bzw. involvierten Staaten über eine garantierte Zweitschlagskapazität verfügt. Zum Zweiten wird es in der Region aller Voraussicht nach zu einem mulitpolaren Atomwettrüsten kommen, das mit der Zeit des Kalten Krieges kaum zu vergleich sei. Auch sei mehr als fraglich, ob das Containment-Prinzip, das in jenen Zeiten die Politik des freien Westens geleitet habe, im Mittleren Osten Anwendung finden würde.

Wenn die internationale Gemeinschaft die Atomrüstung des Iran hinnähme,käme dies einem Ende des NVV-Regimes gleich, mit unabhsehbaren Folgen. Aber auch die aktuelle Politik, den Iran durch Sanktionen zum Einlenken zu bewegen, sei schwierig. Irgendwann befände man sich in einer Situation wie der gegenüber dem Irak des Jahres 2003, als die internationale Gemeinschaft keine schlüssige Antwort fand, wie man "weiter" verfahren solle, um den Irak dazu zu bewegen, sich an dessen Verpflichtungen gegenüber den UNO-Resolutionen zu halten.

Die dritte Möglichkeit, die militärischen Anlagen zur Herstellung von Atomwaffen zu bombardieren, sei ebenfalls nur begrenzt wirksam. Da man "Wissen nicht bomben" (G. Bush jun.) könne, sei damit zu rechnen, dass spätestens nach fünf Jahren der Iran seine alten Fähigkeiten wieder hergestellt hätte, maximal. Da die Nebenwirkungen und drohenden Vergeltungsschläge nur schwer kalkulierbar seien, wäre die militärische Option nicht (mehr) wirklich zielführend.

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