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Veranstaltungsberichte

Sparkassenpräsident Fahrenschon fordert EU-Haushaltskommissar

Georg Fahrenschon beim Mittagsgespräch im Kreis Schaumburg zu Gast

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Burkhard Balz, niedersächsischer CDU-Europaabgeordneter, machte gleich zum Auftakt der Veranstaltung mit dem deutschen Sparkassenpräsidenten Georg Fahrenschon deutlich, dass die Politik bereits massiv reagiert habe, um eine Wiederholung der Finanzkrise von 2008/9 zu verhindern, u. a. mit Basel III, Einlagensicherung, Bankenabgabe, Transaktionssteuer und einem Trennbankensystem. Darüber hinaus seien aber vor allem die Sparkassen und Raiffeisenbanken als „stabilisierender Faktor“ des Bankensystems unverzichtbar.

Damit waren die Fragestellungen klar umrissen: Welche Rolle spielen Sparkassen und Regionalbanken in der Finanzarchitektur in Europa, welches Vorbild kann Deutschland für die weitere europäische Entwicklung liefern und welche Forderungen haben die Regionalbanken an die Politik?

Burkhard Balz, selbst gelernter Banker in Leitungsfunktion, und Jörg Jäger, KAS-Landesbeauftragter für Niedersachsen, konnten mit dem seit 2012 amtierenden Präsidenten des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, Georg Fahrenschon, einen hochkarätigen Gast zum KAS-Mittagsgespräch vor 150 Gästen im Ratskeller Stadthagen begrüßen.

Georg Fahrenschon, in jungen Jahren Bundestagsabgeordneter und später bayrischer Finanzminister, plädierte in seiner 50-minütgen Rede wie sein Vorredner für das deutsche 3-Säulenmodell aus Privatbanken, Sparkassen und Volks- und Raiffeisenbanken, das in der Vergangenheit maßgeblich zur Stabilität im deutschen Bankensystem - gerade in Krisenzeiten - beigetragen habe.

Sparkassen und Volks- und Raiffeisenbanken stellten ein Widerlager zu Investmentbanken dar. Ihre dezentrale Struktur passe hervorragend zum kommunalen und föderalen Staatsaufbau Deutschlands und der sich daraus entwickelten dezentralisierten Gesellschaftsstruktur. Auch die deutsche Wirtschaft sei - neben der Großindustrie - vor allem durch einen leistungsfähigen Mittelstand gekennzeichnet, der ebenfalls dezentral strukturiert sei. Gerade die Sparkassen und Regionalbanken könnten hervorragend auf die entsprechenden Kredit- und Finanzierungswünsche der Wirtschaft „vor Ort“ reagieren.

Zum Dritten sei die dezentrale Kreditwirtschaft als Stabilitätsfaktor bedeutsam, die es so in Europa woanders nicht gäbe. Deutschland grenze sich mit seiner Stabilitätsphilosophie (den „stabilen Quoten“) bewusst vom angelsächsischen Modell des Investment-Banking ab. Und der Erfolg sei nicht von ungefähr gekommen: Nach einem Einbruch des BIP um fünf Prozent 2008 habe die deutsche Wirtschaft 2010 wieder vier Prozent zugelegt. Die Deutschen hätten von der Krise „eigentlich nichts gespürt“.

„Wir haben (in Deutschland) starke regionale Kreisläufe, die bringen uns Stabilität und unterscheiden uns. Die Verankerung in der Region ist die Triebfeder für solides Arbeiten“. Auf diese Formel brachte der Referent es auf den Punkt. Er zeigte sich aber skeptisch, ob andere Euroländer sich auf das Vorbild Deutschland mit seiner institutionellen Vielfalt einlassen würden. Die meisten Mitgliedstaaten suchten nur den „nationalen Champion“, an dem sich alle anderen ausrichten und orientieren sollten, diagnostizierte er. Das „Europa der Regionen“ sei ein Entwicklungsmodell, das erst in den Kinderschuhen stecke.

Deutlich wurde Fahrenschon auch gegenüber den Europakritikern und stellte klar: „Es ist nicht die Frage, ob wir Europa brauchen oder nicht. Die Frage ist müßig“. Er wies auf das Gesellschafts- und Wirtschaftsmodell des aufstrebenden China hin. „Wir müssen in Europa koordiniert auftreten, wo man dem Einzelnen Freiheiten lässt“, so Fahrenschon. Angesichts des chinesischen Aufstiegs sei in Zukunft eine Diskussion des europäischen Menschenbildes aber durchaus angebracht.

Zum EU-Stabilitäts- und Wachstumspakt stellte Fahrenschon selbstkritisch fest, dass Deutschland und Frankreich als erste die Spielregeln des Maastrichter Vertrags unterlaufen hätten und weiter: „Es ist schlecht, wenn man im Glashaus sitzt und nach anderen mit Steinen wirft.“

Bis zum Einbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 sei das schuldengetriebene Wachstum als „Erfolgsstory“ verkauft worden. Gegenwärtig erlebe man jedoch einen Mangel an staatlicher Handlungsfähigkeit. Immer wieder wies Fahrenschon darauf hin, dass die Europäische Zentralbank nicht die Funktion einer „Ersatzregierung“ übernehmen dürfe. Die EZB habe sich aber zum Handeln gezwungen gesehen, nachdem sie feststellen musste, dass einige betroffene Staaten notwendige Reformen gar nicht oder nur halbherzig umgesetzt hätten. Damit habe sie aber nur Zeit erkauft, um einige Staaten Luft für die unabdingbare Umsetzung von Reformen zu verschaffen. Auch die damit verbundene Niedrigzinspolitik der EZB bewertete er eher kritisch und mahnte: „Eine auf Dauer angelegte Niedrigzinsphase schadet, die Sparer werden ungefragt zu einem Solidarbeitrag herangezogen.“

Sich an die Politik wendend, forderte Georg Fahrenschon, Zuständigkeiten in Europa neu zu regeln. „Ich würde mir einen Europäischen Haushaltskommissar wünschen“, schlug er vor. Dafür könne er sich auch vorstellen, nationale Kompetenzen abzugeben. Als gutes Beispiel nannte er den EU-Wettbewerkskommissar heran, der den nationalen Regierungen auf die Finger klopfe.

Abschließend erläuterte Georg Fahrenschon aktuellen Prioritäten und Vorhaben des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV). Dazu gehören die Erhaltung der Grundsubstanz und Gewährung eines Inflationsausgleiches für die Sparer, zweitens die Bereitstellung von Mitteln für Investitionen vor allem für die mittelständischen Wirtschaft, drittens Sicherung der Zahlungsströme im Bankensektor, viertens realitätsnahe, realistische und kluge Kalkulation der Risiken der Realwirtschaft und fünftens die Gemeinwohlorientierung.

Auf europäischer Ebene wünschte sich Fahrenschon, dass man dort nicht nur die wenigen Großbanken, sondern auch die Bedürfnisse der Sparkassen und Regionalbanken bei der Reform des Bankensektors in den Blick nehmen sollte. Die europäischen Probleme könnten eben am besten dezentral und lokal gelöst werden. Dafür könne Deutschland als Vorbild dienen.

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