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Veranstaltungsberichte

Wenn die Wähler ins Netz gehen

Dr. Jan Philipp Burgard über die US-Präsidentschaftswahlen und den Aufholbedarf in Deutschland

Sollten sich viele der deutschen Politiker etwas von derzeitgen und vergangenen US-Präsidentschaftswahlkampf abschauen? „Ja!“, meint Dr. Jan Philipp Burgard, denn bei Mobilisierung und Austausch von und mit den Wählern gebe es in Deutschland noch eine Menge Nachholfbedarf. Der Journalist und Moderator hatte 2008 Obamas Wahlkampftour begleitet und zeigte im hannoverschen Leineschloss, wie aus dem „Unbekannten aus Chicago“ der 44. Präsident der Vereinigten Staaten wurde. Schnell wurde ersichtlich: Zum Gewinnen von Wahlen reicht es heute nicht mehr aus, „einfach ’mal eine Website zu erstellen“.

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„Barack Obama war kein simpler Kandidat, er war ein politischer Popstar“. Sein Widersacher John McCain und er hätten ihre Biographien gut zu inszenieren gewusst und ihr Auftreten darum aufgebaut. In Deutschland, so Dr. Burgard, seien viele Politiker zu technokratisch – und die „Sehnsucht nach schillernden Persönlichkeiten“ in der Bevölkerung könne nicht gestillt werden. Dass diese Sehnsucht überhaupt vorhanden sei, zeigten die 200.000 Menschen, die im Sommer 2009 bei Barack Obamas Rede vor der Siegessäule in Berlin waren (damals war er noch im Wahlkampf und noch nicht gewählt).

Das Herzstück der Obama-Kampagne sei die „Wunderwaffe Web“: Nie zuvor habe ein Politiker die virtuellen Mobilisierungsfaktoren so gut nutzen können. Besonders innovativ sei dabei das „Microtargeting“– ein System, mit dem automatisch an jeden potenziellen Wähler passgenaue Spenden- und Wahlaufrufe geschickt werden können. Doch nicht nur der Wähler, sondern auch der ehrenamtlichen Helfer sei in dieses System eingebunden. Jeder, der wolle, könne sich engagieren, und die notwendigen Daten direkt auf seinen Computer oder sein Smartphone laden. „Was man früher in einem Wahlkampfbüro klären musste, kann heute Jeder selbst vom Schreibtisch ausführen“.

Laut Dr. Burgard seien die Parteien in Deutschland noch nicht so weit auf das Feld des Online-Wahlkampfes vorgedrungen – vereinzelte deutsche Politiker jedoch wüssten das Netz gut zu nutzen. Anhand des Facebook-Auftrittes des niedersächsischen Ministerpräsidenten David McAllister zeigt Dr. Burgard die Vorteile einer solchen Seite: Auf diesem Wege geschehe Politikvermittlung, die an den konventionellen Medien vorbeigehe, der Politiker wirke volksnäher und könne durch z.B. Blicke hinter die Kulissen oder ein privates Foto noch mehr über sich verraten. Derzeit werde ein solche Auftritt aber noch oft gemieden, da man ein Risiko eingehe, von den Nutzern Kritik einstecken zu müssen und ungewünschte Diskussionen loszutreten.

Die Politiker in unserem Lande dürften sich gern noch etwas von den Strategien und Medien der US-Wahlkämpfe abschauen, so Dr. Burgards Fazit. Eine lebendige Biographie, die z.B. Bundeskanzlerin Angela Merkel zweifelsohne hätte, könne noch viel stärker in eine Botschaft umgewandelt werden. Mit einer Professionalisierung der strategischen Kultur werde sich das aber möglicherweise ändern, genauso wie auch Systeme wie das „Microtargeting“ irgendwann Deutschland erreichen werden. Doch der Wahlkampf über das Web solle lieber früher als später losgehen, denn das oft ungenutzte Wählerpotenzial jüngerer Leute könne besonders mittels dieses Mediums viel stärker genutzt werden.

Für alldiejenigen, die nach dem Artikel Lust auf mehr bekommen haben, weisen wir auf das Buch von Herrn Dr. Burgard " „Von Obama siegen lernen oder 'Yes, We Gähn!'?“ : http://www.amazon.de/Obama-siegen-lernen-oder-Jahrhundertwahlkampf/dp/3832966706/ref=sr_1_2?ie=UTF8&qid=1342716012&sr=8-2. Ein Artikel von Herrn Dr. Burgard zum US-Wahlkampf 2009 ist in der Zeitschrift "Die Politische Meinung", Ausgabe 506/507 Januar Februar 2012 (S. 96-98), zu finden. Aus bildrechtlichen Gründen stellen wir keine Power-Point-Datei ein.

Die Konrad-Adenauer-Stiftung betreibt einen Blog mit Informationen rund um den amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf und die Vorwahlen. Jeden Donnerstag wird dort auch ein Video mit Trends, Aufregern und Hintergrundfakten eingestellt. Ein Besuch lohnt sich: www.politsnack.de.

Alex Schmidtke

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