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Zwei-Staaten-Lösung: Nur multilateraler Ansatz hilft

von Marc Frings, Bastian Schroeder

Welche Lehren aus der jüngsten KAS-Umfrage unter Israelis und Palästinensern gezogen werden sollten - Ein Kommentar

Von Marc Frings und Bastian Schroeder

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Eine überwältigende Mehrheit der Palästinenser und Israelis glaubt aktuell nicht mehr daran, dass es in den nächsten fünf Jahren zu einer Umsetzung der überfälligen Zwei-Staaten-Lösung kommt. Allerdings gibt es Anzeichen für verhaltenen Optimismus, da beide Seiten das Lösungsmodell nach wie vor mehrheitlich unterstützen. Und das trotz des politischen Stillstandes und der Gewaltwellen, die seit vergangenem Herbst die trügerische Ruhe immer wieder stören und zu zahlreichen Todesopfern auf beiden Seiten geführt haben. Das ist das Ergebnis einer Umfrage, die die Konrad-Adenauer-Stiftung mit lokalen Partnern in Israel und den Palästinensischen Gebieten durchgeführt hat.

Die bittere Wahrheit ist, dass der israelisch-palästinensische Konflikt angesichts der Krisenherde in Syrien und im Irak und infolge der gescheiterten Vermittlungsbemühungen von US-Außenminister John Kerry auf internationaler Ebene ein Schattendasein fristet. Den verhärteten Fronten und dem Mangel direkter Verhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern zum Trotz, startete deshalb die französische Regierung im Sommer eine erneute Friedensinitiative, die zunächst die Konfliktparteien nicht einband.

Die französische Initiative wurde von der palästinensischen Führung begrüßt und von den Israelis, die einen bilateralen Verhandlungsrahmen bevorzugen, kritisch beäugt. An einem multilateralen Ansatz zur Konfliktlösung wird man jedoch nicht vorbeikommen, ob nun unter Federführung der USA oder der Europäer. Denn das Misstrauen gegenüber dem Anderen ist seit dem Scheitern des Oslo-Friedensprozesses stetig angestiegen: 89 Prozent der Palästinenser und 68 Prozent der jüdischen Israelis trauen der anderen Seite nicht. Das wirkt sich auch auf die diplomatischen Beziehungen aus. Ein bilaterales Verhandlungsszenario wird unter diesen Umständen kaum zielführend sein.

Erschwerend kommt eine falsche Selbst- und Fremdwahrnehmung hinzu. Beide Seiten glauben nicht, dass eine Zwei-Staaten-Lösung derzeit mehrheitsfähig ist – weder in der eigenen, noch in der anderen Gesellschaft. So geraten moderate Stimmen zunehmend ins Hintertreffen.

Während politisch links orientierte Israelis und palästinensische Fatah-Wähler besonders friedensbereit sind, konstituieren jüdische Siedler, Ultraorthodoxe sowie religiös und politisch rechts stehende Gruppen in Israel einerseits und Hamas-Sympathisanten und Flüchtlinge auf palästinensischer Seite andererseits die größten Gegner einer Übereinkunft.

Auf palästinensischer Seite fällt auf, dass die Jugend am skeptischsten auf Friedensvorschläge reagiert. Sie ist es vor allem, die ihren Unmut über die verfahrene politische Lage und die sozioökonomische Perspektivlosigkeit artikuliert und sich nicht mit dem Status Quo zufrieden geben will. Erreicht man die junge Generation nicht mehr für eine friedensbejahende Politik, wird die eingangs beschriebene Skepsis weiter zunehmen.

Dass die Zwei-Staaten-Lösung unter Israelis und Palästinensern derzeit dennoch eine Mehrheit findet, ist keine Selbstverständlichkeit. Die Verunsicherung der israelischen Gesellschaft angesichts der jüngsten Messerangriffe, die eine Phase relativer Ruhe beendeten, und die desaströse humanitäre Lage im Gazastreifen und nach wie vor steigende Zahl jüdischer Siedler im Westjordanland und Ost-Jerusalem hätten gewiss auch andere Ergebnisse bewirken können.

Die westliche Staatengemeinschaft sollte insbesondere beim Interesse auf beiden Seiten an einem regionalen Schulterschluss aufhorchen: ein Viertel der israelischen und palästinensischen Gegner eines ausgehandelten Friedens geben an, ihre Meinung zu ändern, wenn die arabischen Staaten ebenfalls Teil des Abkommens wären. Damit ist die „Arabische Friedensinitiative“ von 2002 plötzlich wieder hochaktuell. Sie bietet Israel Anerkennung aller arabischen Staaten an, wenn das Land im Gegenzug die Besatzung aufgibt, und ein Palästinenserstaat in Westjordanland und Gaza mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt entsteht. Dass ein solches Szenario zunehmend Unterstützung aus beiden Gesellschaften erhält, sollte bei künftigen Verhandlungsinitiativen Berücksichtigung finden. Die französische Friedensinitiative hat mit ihrem multilateralen Ansatz bereits ein wichtiges Fundament gelegt, das es nun zu nutzen gilt.

Mit freundlicher Genehmigung von Die Tagespost

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