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Veranstaltungsberichte

Immer einen Schritt voraus

von David Brähler

Einblicke in den digitalen Wahlkampf von PRO in Argentinien

Hinter der unscheinbaren Fassade im Zentrum von Buenos Aires laufen die Laptops heiß: Auf vier Stockwerken arbeitet eine Hundertschaft junger, motivierter Mitglieder des Regierungsbündnisses Cambiemos eifrig daran, den Wahlsieg von 2015 zu wiederholen, um mit ihrem Präsidenten Mauricio Macri, dem Wandel Argentiniens Dauer zu verleihen. Auf Einladung des Regionalprogramms Parteienförderung und Demokratie der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. lernten acht Kommunikationsverwantwortliche der Partido Nacional aus Uruguay die Mechanismen politischer Kommunikation in der Parteizentrale von PRO kennen.

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Guillermo Riera ist seit 2011 dabei. Nach einem Praktikum im Wahlkampfteam Obamas 2012 begann der Aufbau eigener Strukturen und einer neuen politischen Kommunikation in Argentinien. Sein Kollege Federico Morales hatte in Mexiko, Venezuela und Ecuador Erfahrungen im territorialem Wahlkampf gemacht und gelernt, wie man am besten Menschen an ihren Häusern abholt. Zu Beginn luden sie über die sozialen Netzwerke alle Argentinier ein, Freiwillige/r bei diesem neuen politischen Projekt zu werden. Auf der Grundlage dieses neuen, landesweiten Netzwerks an Unterstützern gelang es mit den sozialen Netzwerken und der Tür-zu-Tür-Strategie mehr als eine Million Argentinier zu bewegen und in den Wahlkampf einzuspannen. „Acht Jahre zuvor gab es noch gar kein Internet. Die technologische Revolution hat uns absolut geholfen und wir sind im richtigen Moment aufgesprungen“, unterstrich Riera. Heute funktionierten die auf den verschiedenen Stockwerken der Parteizentrale installierten Kommunikationsteams wie eine geölte Maschine. „Dennoch gilt es immer wachsam und am Ball zu bleiben: Es gibt stets neue digitale Formate und Instrumente, die man kennen lernen und nutzen muss, um nicht hinter die politischen Wettbewerber zurückzufallen“, so Riera. 2019 würden andere Parteien bereits auf der gleichen digitalen Höhe sein, vermutet der Kommunikator.

Im Austausch mit den Kommunikationsverantwortlichen aus Uruguay gab Riera einen Überblick über seine Arbeitsteams, die Themen Segmentierung und Customer Relationship Management (Crm), mit dem seine Partei und auch das Koalitionsbündnis Cambiemos versuchen, mit Unterstützern und Wählern in Kontakt zu bleiben. „Es geht darum, jedes Mal mehr von Angesicht zu Angesicht mit dem Wähler zu sprechen.“ 2015 sprach man deshalb bereits viele segmentierte Interessengemeinschaften, wie etwa Fahrradfreunde, mit einer passenden politischen Botschaft an.

Esteban Bianchi leitet die digitale Kommunikation von PRO in der am dichtesten besiedelten Provinz Argentiniens, Buenos Aires. „Der Algorithmus von Facebook, der entscheidet, was jedem Einzelnen in seinem Newsfeed angezeigt wird, entscheidet nach Affinität, Bedeutung und Zeit“, so Bianchi. Als Partei müssen wir daraus das Beste machen, um unsere drei Ziele zu erreichen: möglichst viele Leute erreichen, möglichst viele Interaktionen generieren, die zu einem Dialog führen und drittens, Fans zu bekommen. „Doch dafür muss man zahlen. Die organische Reichweite in Facebook ist sehr begrenzt, da alle um die gleichen Werbeplätze kämpfen“, präzisierte der Digitialexperte.

„Unser Ziel ist es, mit der kalten Politik Herzen zu erwärmen, indem die Politik mit dem Menschlichen in Berührung kommt“, erklärte Bianchi. Dabei dürfe aber nichts falsch oder aufgesetzt wirken. „Jede segmentierte Nachricht an die Bauern, die Fußballfans, die Hausfrauen oder Vegetarier muss eine ehrliche Botschaft sein“, unterstrich Bianchi.

Gegen Ende des Nachmittags trafen die Uruguayer auf Pablo Prieto, den Chefdesigner des Wahlkampfteams von PRO und Cambiemos. „Nähe, Relevanz und Klarheit: dies sind für uns die drei wichtigsten Aspekte guten Grafikdesigns“, erklärte Prieto. Mehr als tolle Effekte komme es auf Fotos aus dem Leben, reduzierte grafische Eingriffe und ein klares Schriftbild an. „Inhalt und Design hängen zusammen: gutes Design darf den Inhalt nicht behindern, sondern muss ihn fördern“, unterstrich Prieto. Im Austausch mit den Teilnehmern erläuterte er die Bedeutung der vielen verschiedenen Formate, ihre Regeln und Rahmenbedingungen und die Bedeutung, bei allen stets am Ball zu bleiben.

„Jede Sache, die wir anpacken, begleiten wir mit so viel Wissenschaft, Statistik und Monitoring wie möglich, damit nichts schief geht“, bemerkte am Morgen des zweiten Tages Facundo Corsi, der zwar noch sehr jung, aber bereits landesweiter Chef der sozialen Netzwerke der Parteien der Regierungskoalition ist. Als Autodidakt hat er sich ein enormes Wissen zum Facebook-Universum, zu Google und Instagram angeeignet, das er heute in mit seinem Technologie-, Design-, Daten-, und Werbeteam in Onlinekampagnen umsetzt. „Mit Umfragen, entweder online oder extern, messen wir dann, ob sich die Wahlabsicht der Bürger zu unseren Gunsten verändert“, so Corsi. Diesen Weg, der mit viel „trail and error“ einherging, führt das Regierungsbündnis mit viel Zuversicht auf den Weg zu den Parlamentswahlen im Oktober.

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