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Veranstaltungsberichte

SARAS Konferenz 2016

Im Department Maldonado fand die sechste interdisziplinäre Konferenz des SARAS-Institutes zur nachhaltigen Bodennutzung in Lateinamerika statt. Unser Kollege Manfred Steffen stellte dort das Regionalprogramm "Parteienförderung und Demokratie in Lateinamerika" der KAS vor.

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Die Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. in Montevideo hat es sich zur Aufgabe gemacht, junge verantwortungsbewusste Politikerinnen und Politiker für drängende Umweltfragen zu sensibilisieren. Zum ersten Mal unterstützte die KAS deshalb in diesem Jahr das SARAS-Institut (South American Institute for Resilience and Sustainability Studies) bei dessen jährlicher Konferenz, auf der sich Wissenschaftler verschiedener Disziplinen und Länder über Möglichkeiten und Grenzen nachhaltiger Bodennutzung austauschten.

Zum Auftakt machte Marten Scheffer von der Universität Wageningen (Niederlande) die zahlreichen Zuhörer auf die Notwendigkeit eines Gesinnungswandels in Umweltfragen aufmerksam. Wenn sich die Zeichen der Zeit änderten, sei der Mensch nur bedingt anpassungsfähig. Viele Veränderungen des Zeitgeschehens vollzögen sich über einen langen Zeitraum. Jedoch seien die Auswirkungen des Klimawandels offensichtlich und die Folgen bereits heute deutlich spürbar. Dieser globale Wandel vollziehe sich in einem Tempo, das der menschliche Geist kaum nachvollziehen könne. Es handele sich dabei um äußerst komplexe Zusammenhänge, die der Mensch nicht immer im Zusammenhang mit der Umwelt verstehe. Betrachte man beispielsweise die Flüchtlingsproblematik, so machten besonders den Europäern schon heutzutage die großen Zahlen von Neuankömmlingen Probleme. Diese Menschen flöhen hauptsächlich vor den katastrophalen politischen und menschenunwürdigen Zuständen in ihrer Heimat, einige bezeichne man auch als sogenannte Wirtschaftsflüchtlinge. Schon jetzt sei allerdings anzunehmen, dass die Fluchtursachen auch umweltbezogen sind. Marten Scheffer ist überzeugt, dass sich gerade in Zukunft die Zahl der Umweltflüchtlinge vervielfachen wird. Schuld daran sei zum Einen das schlechte Ressourcenmanagement, das die Menschheit seit Jahren betreibe. Hinzu komme die Ignoranz der Menschen und die Bereitschaft das Thema Umwelt anderen, populäreren Themen nachzustellen: Themen, bei denen schnelle Erfolge erzielt werden können. Themen, deren Auswirkungen bei den Wählern schneller spürbar sind. Die Zeit zum Handeln sei jetzt. Gemeinsam müssten Umweltwissenschaftler, aber auch Ökonomen, Geisteswissenschaftler und Politiker an neuen und innovativen Lösungen arbeiten.

In diesem Zusammenhang brachte die Konferenz Experten zusammen, um sich mit nachhaltiger Bodennutzung zu beschäftigen, was mit Blick auf die wachsende Weltbevölkerung ein drängendes Thema ist. Politiker der ganzen Region sehen sich bei diesen Themen mit enormen Herausforderungen konfrontiert: José Javier Gomez (UCC Uruguay Crece Contigo, ECLAC Comisión Económica para América Latina y el Caribe) kritisierte die vielfache Abwesenheit des Staates bei Umweltthemen. Seit den 1990er Jahren verschwänden immer mehr Institutionen, die langfristig zu diesen Themen arbeiteten. Umweltpolitische Fragen würden zumeist nicht weiter als eine Regierungsperiode gedacht und nicht als ein langfristiges Projekt angelegt. In einer Regierungsperiode lasse sich allerdings nicht retten, was in vielen Jahren an Schaden angerichtet worden sei. Es gelte also, die Institutionalität erneut zu verbessern und parteienübergreifend zu gestalten, um gute Ergebnisse in diesem Bereich zu erzielen. Besonders in Uruguay sei die nachhaltige Bodennutzung von extremer Bedeutung, betonte Mariana Hill von RENARE (Abteilung für erneuerbare Bodenschätze im Ministerium für Landwirtschaft und Fischerei). Ein Land wie Uruguay mit nur drei Millionen Einwohnern produziere Nahrungsmittel für fast zehnmal so viele Konsumenten. Der Landwirtschafssektor sei somit essentiell für die Wirtschaft und müsse langfristige und nachhaltig Lösungen finden, um dauerhaft von seinen Boden profitieren zu können. „Wir wissen heutzutage schon von drei bis vier Möglichkeiten einer solchen Nutzung, jetzt ist es an uns, diese durchzusetzen.“ Die ersten Schritte Richtung Nachhaltigkeit konnte das RENARE schon durchsetzen. Seit 2009 gilt das Gesetz Nr. 18.564, das einen Richtwert zur Nachhaltigkeit bereitstellt und neben technischen Normen außerdem von den Bauern fordert, einen „Plan zur nachhaltigen Bodennutzung“ vorzulegen, in dem sie ihre Praktiken und Anbautechniken rechtfertigen. Mariana Hill zufolge zeige dieses Gesetz bereits Wirkung. Ganze 98 Prozent der uruguayischen Landwirte reichten regelmäßig einen solchen Plan ein.

Dass die Einführung, vor allem aber die Einhaltung von Gesetzen zur Nachhaltigkeit dringend notwendig ist, zeigte das Beispiel des „Rio Doce“, das Marco Neves der ANA (Agencia Nacional de Águas, Brasilien) anbrachte. Im Herbst des vergangenen Jahres brachen dort zwei Staudämme und schwemmten tonnenweise toxische Abfälle in den Fluss, der diese dann in der Region verteilte und nicht nur Flora und Fauna einer ganzen Region auslöschte, sondern auch über ein dutzend Menschenleben forderte. Eine Umweltkatastrophe dieses Ausmaßes erreichte schnell auch politische Relevanz und diente als Initiator für wichtige Gesetzesinitiativen. Die Wirksamkeit solcher Gesetze müsse sich allerdings noch zeigen. Dennoch sei es ein Fehler, dass die Politik Umweltthemen immer erst dann Aufmerksamkeit schenke, wenn sich Katastrophen ereigneten und deshalb die Auswirkungen direkte Opfer aus der Bevölkerung fordern. Alejandro Nario von der uruguayischen Umweltbehörde kritisierte jedoch, dass ein Wandel in der Politik nicht ausreiche. Besonders wichtig sei es, dass die ganze Gesellschaft Bereitschaft zeige, umweltpolitischen Themen mehr Bedeutung beizumessen. Solange die wirtschaftliche Performanz einer Regierung über die Wiederwahl entscheide, würden die Politiker den Fokus auf diesen Bereich setzen und folglich auch die Umwelt zu diesem Zweck opfern.

„Erkennen, Verstehen und Einsehen“, das seien die ersten Schritte zu einem nachhaltigeren Umgang mit Ressourcen. Erst dann könne die „Planung und Intervention“ beginnen, gab Salvador Schelotto, Leiter der uruguayischen Umweltbehörde zu bedenken. Und so waren sich die Experten einig, dass besonders interdisziplinäre Strategien gefördert werden müssten und sich Wissenschaft und Politik besser abstimmen müssten, um gemeinsam sinnvolle Lösungsansätze erarbeiten zu können. Sie forderten eine Vernetzung von Universitäten, NGOs und Politikern, um generiertes Wissen sinnvoll einzusetzen. Als positives Beispiel kam Costa Rica zur Sprache, das seine Kohlendioxidemissionen drastisch reduzieren konnte.

Im Anschluss präsentierten Wissenschaftler der Ohio State University (USA), der Maryland University (USA) und der Universität Buenos Aires (Argentinien) ihre Forschungsansätze auf diesem Gebiet. Diese Ansätze reichten von „Integrated Models“ über nachhaltige ökologische Intensivierung bis hin zum Konzept des „Telecoupling“.

Insbesondere sei es wichtig, die Informationen der Wissenschaftler in die Politik zu tragen und Handlungsanweisungen entwickeln, die von Dauer seien. Manfred Steffen, Mitarbeiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Montevideo, zeigte in diesem Zusammenhang auf, wie das Regionalprogramm "Parteienförderung und Demokratie in Lateinamerika" sich für die Förderung und Ausbildung junger Nachwuchspolitiker einsetze und versuche, sie auch für die Umweltproblematik zu sensibilisieren.

Im neuen Sitz des SARAS Instituts in Bella Vista, das während eines Workshops am zweiten Tag der Konferenz eröffnet wurde, trafen sich Wissenschaftler aus acht verschiedenen amerikanischen und europäischen Ländern, um neue Ansätze und Probleme im Sektor der nachhaltigen Bodennutzung detailliert zu analysieren.

Alexa Lenz

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