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Veranstaltungsberichte

Bildung politischer Agenden aus der Perspektive von indigenen Jungpolitikern Lateinamerikas

Workshop

Am 24. und 25. November wurde ein Workshop mit indigenen Nachwuchskräften aus der Region von dem Programm Politische Partizipation Indigena in Lateinamerika (PPI) am Titicacasee organisiert. Das Ziel war es Themen, die Wichtigkeit für die indigene Bevölkerung besitzen, zu diskutieren um später Vorschläge für öffentliche Politiken auszuarbeiten. In einem weiteren Schritt wurde den Teilnehmern nahegebracht, wie man diese ausgearbeiteten politischen Agenden verbreiten und das Interesse der Bevölkerung darüber wecken kann.

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Am 24. und 25. November fand die Veranstaltung „Bildung politischer Agenden aus der Perspektive von indigenen Jungpolitikern Lateinamerikas“am Titicacasee statt.

In einer globalisierten Welt ist die Rolle der jungen Leute wichtig, da sie die Aufgabe haben, ihre Sitten und Gebräuche im Rahmen der Globalisierung zu bewahren. Ein Mittel, um dieses Ziel zu erreichen, sind politische Agenden und politische Maßnahme. Es ist wichtig an dem Entwurf, der Implementierung und der Bewertung der politischen Maßnahmen teilzunehmen, sowie Einfluss auf diese politische Maßnahme nehmen zu können oder auf diejenige, die sie verarbeiten (wenn es nicht die indigene Politiker selber sind). Der rechtliche Pluralismus, das Konsultationsrecht und die indigene Selbstverwaltung sind, unter anderem, wichtige indigene Themen, deren Kenntnis und Verstand zu effizienten Aktionen helfen können.

Demnach hatte die Veranstaltung zum Ziel durch die Redner wichtige politische indigene Themen zu diskutieren und daraus Vorschläge für politische Agenden auszuarbeiten.

Die anwesenden jungen Politiker waren Vivian Jiménez der Christlichen Sozialen Union (PUSC) Costa Ricas; der Bürgermeister von Santiago Atitlán, Guatemala, Tomás Chiviliu; Cristobal Cholotio, Koordinator für politische Bildung des Verbands der Maya Völker (FEDEPMA) aus Guatemalas; die bolivianische vertretende Stadträtin aus Oruro, Ida Gladyz Villca; der Chiquitano und Mitglied der bolivianischen Partei „Die Grünen“, Edgar Sumami; Ariel Montezuma, Beauftragter für die Öffentlichkeitsarbeit für den panamaerischen Abgeordneten Irene Gallego; Benita Carpintero, Promoterin der Volkspartei Panamas; Karen Verónica Solar und Erick Pinedo, beide Mitglieder der Jugendgruppe der christlichen Volkspartei Perus (PPC); Steven Martínez, Mitglied der kolumbianischen konservativen Partei; Alejandra García, Managerin von Projekten und Programmen in der Gemeinde von San Sebastian Río Hondo aus Mexiko; Pierre Gibert Collipal, Kandidat für den Sitz des Stadtrats der christlichen demokratischen Partei (PDC) Chiles; und Maria Constanza Torres Zamora, Beraterin der PDC-Abgeordneten, Soledad Alvear aus Chile.

Die Veranstaltung war so aufgeteilt, dass zu erst Vorträge über das Konsultationsrecht, die indigenen Autonomien, der Rechtspluralismus und öffentliche Politiken für indigene Völker abgehalten wurden. Die Redner waren Marco Antonio Baldivieso aus Bolivien und ehemaliger Verfassungsrichter; der Bolivianer Marco Mendoza, Koordinator des Bereiches der indigenen Rechte für die Stiftung CONSTRUIR; Aresio Valiente, Präsident der Nationalen Union der indigenen Anwälte aus Panama; und Víctor Hugo Cárdenas, ehemaliger Vizepräsident Boliviens.

Nach den Vorträgen wurde ein Workshop organisiert. Die Teilnehmer wurden dabei in Gruppen aufgeteilt, die verschiedene politische Themen bearbeiten sollten, die Wichtigkeit für die indigene Bevölkerung haben. Die Gruppen suchten sich ihre Themen selber aus. Folgende politische Schwerpunkte wurden gesetzt: 1) Traditionelle und staatliche Autoritäten, 2) Konfliktentstehung zwischen indigenen Gebräuchen und Sitten und individuellen Rechten, 3) interkultureller Dialog: Neudefinierung kultureller Elemente der indigenen Völker, und 4) Entwicklungssichtweisen des XXI. Jahrhunderts unter kultureller Berücksichtigung. Die Gruppenarbeiten wurden von Griselda Galicia, Technische Sekretärin der Indigenen Kommission des mexikanischen Parlaments, geleitet.

Zum Abschluss wurde ein weiterer Workshop organisiert, der nahebringen sollte, wie die ausgearbeiteten politischen Agenden vom ersten Workshop verbreitet und bekannt gemacht werden können. Der zuständige Moderator dieses Workshops war Rafael Loayza, Dekan der Kommunikationswissenschaften an der Katholischen Universität in Bolivien.

Vorträge

Die Veranstaltung begann mit vier Vorträgen über das Konsultationsrecht, die indigene Selbstverwaltung (Autonomien), der rechtliche Pluralismus und öffentliche Maßnahmen für indigene Völker.

Herr Marco Antonio Baldivieso, Spezialist für Grundrechte und internationale Verträge des interamerikanischen Systems, ergriff als erster Redner das Wort und sprach über „Das Konsultationsrecht als Recht der indigenen Völker“.

Das Konsultationsrecht ist ein Mittel, einen Dialog zwischen den Beteiligten (Staat, Unternehmen, indigene Völker) über Entwicklungsprojekte zu ermöglichen. Das Ziel ist, verschiedene Sichtweise über die Entwicklung heranzubringen und die Interessen der verschiedenen Gesprächsteilnehmer zu vereinbaren, um so soziale, kulturelle und umweltschädliche Auswirkungen für die indigenen Völker zu minimalisieren. Das ist ein normatives und positives Mittel, das auf eine Vereinbarung und ein Einverständnis mit den indigenen Völkern abzielt.

In einigen Ländern Lateinamerikas, wie Bolivien und Ecuador, ist das Konsultationsrecht in der Verfassung verankert, was bedeutet, dass dieses Recht verpflichtend ist. Aber auch auf internationaler Ebene ist dieses Recht anerkannt: in der Konvention 169 der internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und der Erklärung der Vereinten Nationen über die Rechte der indigenen Völker. Davon ist die Konvention 169 der ILO verpflichtend. Einerseits darf der Staat die Bedürfnisse, die Gebräuche und die Gebiete der indigenen Völker nicht missachten und muss außerdem die indigene Weltanschauung respektieren. Die von den internationalen Verträgen vorgeschriebenen Regeln und Normen des Konsultationsrechtes sind: die Vorbefragung muss in den Bereichen der Gesundheit, der Bildung, der Kultur stattfinden; die Befragten sind nur die seit Generationen in denjenigen Gebieten lebenden Urbewohner; die Befragung muss der Unterschreibung von Verträgen und der Durchführung von Plänen vorherig sein; sie muss das Ziel haben, einen Dialog auszulösen und eine Vereinbarung zu erreichen; um die Unparteilichkeit zu sichern, sollte sich eine nicht-regierungsverbundene Kommission um die Befragung kümmern; die Ergebnisse der Befragung müssen zwingend sein und von den indigenen Völkern und von dem Staat respektiert werden; zuletzt muss die Befragung ein Prozess gutem Glaubens sein, der auf die Transparenz abzielt. Des Weiteren müssen auch andere wesentliche Elemente berücksichtigt werden: die Befragung muss frei sein, das heißt, dass keiner versucht den anderen zu unterdrücken; vor der Befragung muss ein Informierungsprozess stattfinden; da der Prozess demokratisch sein muss, müssen alle befragt werden, ohne Diskriminierung nach Geschlecht, Alter oder Ethnienangehörigkeit.

Anhand des bolivianischen Falles des Indigenen Gebiets und Nationalparks „Isiboro Sécure“ TIPNIS (Territorio Indígena y Parque Nacional Isiboro Sécure) brachte Herr Baldivieso die Mängel und Fehler der geübten Befragung ans Licht. 2008 unterzeichnete die Regierung Boliviens einen Vertrag mit einem brasilianischen Unternehmen für eine durch das indigene Gebiet durchquerende Schnellstrasse, ohne die indigenen Völker befragt zu haben. In diesem Beispiel sind Teile der Bevölkerung befragt worden, die keine Urbewohner sind, sondern die wirtschaftliche Interessen zu verfolgen scheinen, wie die Kokaanbauer. Außerdem wurde die Befragung im Nachhinein durchgeführt und von dem Staat selber, das heißt ohne die Vermittlung einer unparteiischen Organisation.

Eines der meist umstrittenen und diskutierten Punkte ist die Verbindlichkeit des Konsultationsrechtes. Laut der Konvention 169 der ILO, kann der Staat allein die Entscheidung treffen, die ihm angemessen erscheint, wenn keine Übereinstimmung getroffen wird. Laut der Erklärung der Vereinten Nationen ist das Konsultationsrecht beratend und nicht verbindlich. Deswegen ist die Frage, was geschieht, wenn der Staat internationale Verträge verletzt?

Leider sind diese Verträge eher ein moralisches Engagement als ein verpflichtendes. Weder die ILO noch die Vereinte Nationen haben die Erlaubnis und die Handlungsmöglichkeiten, im Falle der Nichtbeachtung der Verträge einzugreifen. Deswegen bleiben diese Verträge nicht zwingend.

Die Weise der Durchführung der Befragung bleibt ein Hindernis und ein Streitpunk, die nur durch interne Gesetzgebungen gelöst werden können.

Darauf folgte die Präsentation von Herrn Marco Mendoza über „Die indigene Selbstverwaltung und die Dezentralisierung“.

Herr Mendoza fing seine Präsentation mit der Erklärung dreier Grundbegriffe an: die administrative Dezentralisierung, die Selbstverwaltung und die Kompetenzen. Die administrative Dezentralisierung gibt die Befugnis über Verwaltung, Kontrolle, Rechtsmäßigkeit und Ressourcen. Die Selbstverwaltung ist die Fähigkeit in bestimmten Bedingungen und Fällen Entscheidungen treffen zu können. Außerdem bedeutet die Selbstverwaltung die Anerkennung der Regierung von territorialen Einheiten, die sich unter bestimmten Bedingungen selbst verwalten können, auch was finanzielle Ressourcen angeht. Die Kompetenzen sind die legitime Zuständigkeitsverweisung einer Gewalt für das Verständnis und die Lösung bestimmter Fragen. Kompetenzen können privat, exklusiv, geteilt oder ausführend sein.

Anschließend stellte Herr Mendoza die Herausforderungen vor, die die oben erwähnten Grundbegriffe betreffen. Wie sollte die Selbstverwaltung, basierend auf der existierenden Rechtsgrundlage, aufgebaut und strukturiert werden? Wie werden die Kompetenzen abgegrenzt und zugeteilt? Und wie kann man die Konflikte bezüglich Kompetenzen lösen, die sich auf die Gebietsabgrenzung, die natürlichen Ressourcen, die Steuern und Einkommen, usw, beziehen?

Im Artikel 270 des bolivianischen Gesetzes über die Struktur und Organisation des Staatsgebietes, wird auf die Grundsätze der territorialen Ordnung und der dezentralisierten und autonomen Institutionen hingewiesen. Die Herausforderung liegt darin, diese Grundsätze, wie das der Selbstverwaltung, Transparenz, Beteilung oder der Kontrolle durch die Gesellschaft, zu verwirklichen.

Der Höhepunkt der Präsentation Herrn Mendozas war die Erklärung der Autonomienregelungen. Die politische Selbstverwaltung, die administrative Selbstverwaltung, die wirtschaftliche Selbstverwaltung und die normative wie rechtliche Selbstverwaltung sind die vier Bereiche, in denen sich die Selbstverwaltung in Bolivien unterteilt. Dazu kommen auch vier Typus von Autonomien: die Bezirksautonomien, die Gemeindeautonomien, die regionalen Autonomien und die indigenen Autonomien.

Die Autonomie der indigenen Völker besteht aus der politischen Selbstverwaltung als Ausübung der freien Bestimmung der indigenen Völker und Nationen, deren Bevölkerung die gleiche Sprache, das gleiche Gebiet, die gleiche Kultur und Geschichte teilen, sowie eigene rechtliche, politische, wirtschaftliche und soziale Institutionen. Die Rechtsgrundlage für indigene Völker besteht sowohl auf nationaler, als auch auf internationaler Ebene: die internationale Rechtsgrundlage besteht aus der Konvention 169 der ILO und der Erklärung der Vereinten Nationen über die Rechte der indigenen Völker. Die nationale Rechtsgrundlage besteht aus der Verfassung, des Gesetzes über Autonomien und Dezentralisierung, des Gesetzes über die Wahlregelung und die eigenen Gesetze und Vorgehensweisen der indigenen Autonomien.

Folglich erklärte Herr Mendoza weitere Grundbegriffe: indigene Urlandbewohner (die Völker und Nationen von Bolivien, deren Existenz der Kolonialisierung vorangegangen ist), das freie Bestimmungsrecht (das Recht für die indigenen Völker über ihre eigene Zukunft zu entscheiden), die Selbstverwaltung (Anerkennung und Ausübung der Rechtsgültigkeit ihrer Rechtsformen: Weltanschauung, eigene Gewalten, Normen, Prozesse und Strafen) und die vollständige Gebietsverwaltung (Vorgehensweise, in der die indigenen Organisationen ihre Gebiete auf eine partizipative Weise und anhand ihrer kulturellen Werte verwalten). Indigene Autonomien verfügen über rechtliche, exekutive, wirtschaftliche und verwaltungstechnische Befugnisse.

Das Thema des rechtlichen Pluralismus in Lateinamerika wurde von Herrn Aresio Valiente vorgestellt. Er begann mit der Erklärung von Begriffen wie rechtlicher Pluralismus, Gerichtsbarkeit und indigene Gerichtsbarkeit, sowie die Merkmale des indigenen Rechtes. Danach stellt Herr Valiente die internationale Rechtsordnung bezügliche indigener Völker, sowie die lateinamerikanische, vor.

Als kurze Einleitung sprach der Redner von den indigenen Völkern und von der Kenntnis über diese Völker. Er fragte die indigenen Jungpolitiker, wie viele indigene Völker in ihren jeweiligen Ländern existieren. Daraus ergab sich, dass außer in Costa Rica, wo die indigene Bevölkerung sehr niedrig ist (1% der Bevölkerung), man nicht genau wusste, wie viele indigene Völker in jedem Land existieren. Im bolivianischen Fall, zum Beispiel, spricht man von 36 Nationen, weil 36 indigene Sprachen von der Verfassung anerkannt werden. Aber in der Tat sprechen der größte Anteil der Indigenen in Bolivien Aymara oder Quechua, gehören aber zu verschiedenen Ethnien. Mit diesem Beispiel zeigte Herr Valiente die Schwierigkeit die indigenen Völker als Rechtsobjekte zu definieren, da viel Kenntnis darüber fehlt.

Jedes Volk besitzt seine eigenen Sitten und Gebräuche, die oft gegen das staatliche Recht verstoßen. Das indigene Recht ist kosmologisch, gemeinschaftlich, einheitlich, mündlich, mitwirkend, aufbauend, geistig und nicht formal. Das staatliche Recht schützt an erster Stelle die individuellen Rechte, während das indigene Recht die kollektiven in den Vordergrund stellt. Das indigene Recht ist auch einheitlich, da die ganze Gemeinde über die Konzequenzen einer Tat entscheidet, während im nationalen Recht verschiedene Gerichte existieren, je nach Tat; das indigene Recht ist mitwirkend, da alle Mitglieder der Gemeinde gleichzeitig Anwälte, Richter und Verteidiger sind; es ist aufbauend, weil das Urteil darauf abzielt, den Schaden wieder gut zu machen und das Individuum in die Gemeinschaft wieder aufzunehmen. Die indigene Gerichtsbarkeit ist die Befugnis, dass die traditionellen Autoritäten oder Institutionen besitzen, um Konflikte zu lösen, die gegen ihre geschriebenen oder nicht geschriebenen Normen verstoßen.

Der Redner stellte die verschiedenen Angehensweisen bezüglich des indigenen Rechts in Bolivien, Peru, Kolumbien, Ecuador und Mexico vor. In der kolumbianischen Verfassung von 1991, Artikel 246, oder in der mexikanischen Verfassung von 2001, wird vorgesehen, dass die indigenen Völker ihr eigenes Recht ausüben können, solange dieses Recht nicht gegen die von der Verfassung gesicherten individuellen Rechte verstoßen, sowie Menschenrechte und insbesonderes die Frauenwürde.

Herr Valiente brachte seinen Vortrag zu Ende mit dem Gedanken, dass anhand des historischen und aktuellen Kontextes das indigene Recht und das nationale Recht sich koordinieren, sich ergänzen und interlegal werden müssen.

Der letzte Redner war Víctor Hugo Cárdenas, ehemaliger Vizepräsident Boliviens und Angehöriger des indigenen Aymara Volkes, der auf das Thema „Öffentliche Politiken für indigene Völker Lateinamerikas“ einging. Er leitete seinen Vortrag mit der Erwähnung der verschiedenen öffentlichen Politiken ein.

Die Themen der natürlichen Ressourcen, des Gebietes und des Rechtes wurden von den anderen Rednern bereits angesprochen, weshalb Herr Cardenas seinen Vortrag auf andere politische Agenden fokussierte.

Zum Beispiel, im Bereich der Gesundheit kann man beobachten, dass in verschiedenen Ländern die Regierungen versuchen, das indigene Gesundheitssystem mit dem nationalen Gesundheitssystem zu integrieren. In diesen Ländern spricht man von einem interkulturellen Gesundheitssystem. In anderen Ländern werden diese zwei verschiedenen Systeme voneinander getrennt. In Bolivien gehören die Indigenen zu dem nationalen Gesundheitssystem, ohne dass ein Ministerium sich um das indigene Gesundheitssystem kümmert. Die öffentlichen Politiken sollten tansversal sein, aber das Gesundheitssystem in Bolivien wird von der nationalen Gesundheitskommission bestimmt.

Über das Thema der Bildung haben viele Länder die zweisprachige Bildung in ihren Bildungssystemen integriert. Die Sozialpolitik für interkulturelle Bildung hat sich verbessert, aber das Kernproblem ist, dass diese interkulturelle Bildung nur für indigene Völker verfügbar ist. Die Frage ist dann: was bedeutet Interkulturalität? Sollte die interkulturelle Bildung, um ein gegenseitiges Verständnis halber, nicht für alle sein und nicht nur für Indigene?

Folglich kam Herr Cárdenas auf das Thema der Entwicklungspolitik. Das Thema ist kontrovers, da der Staat und die indigenen Völker völlig verschiedene Sichtpunkte über das Thema haben. Folgende Frage taucht auf: Entwicklungspläne oder Lebenspläne? Trotz dieser verschiedenen Sichtpunkte hat man Fortschritte auf regionaler Ebene gemacht. So existiert in Peru das Programm für Biohandel, in Mexico das Programm für den Anstoß für nachhaltige Projekte in indigenen Gebieten, in Panama nachhaltige Bauernhöfe, in Brasilien nachhaltige Projekte in indigenen Gebieten, in Argentinien Projekte für die Entwicklung von indigenen Gemeinschaften, in Guatemala die paritätische Landkommission.

Auch auf institutioneller Ebene sind Fortschritte gemacht worden. 1953 wurde in Chile die Direktion für Indigene Angelegenheiten gegründet, die 1993 durch die Nationale Körperschaft für Indigene Entwicklung (Corporación Nacional de Desarrollo Indígena - CONADI) ersetzt wurde. In Ecuador tauchte der Rat für die Entwicklung der indigenen Völker und Nationen (Consejo de Desarrollo de las Nacionalidades y Pueblos del Ecuador - CODENPE) und in Guatemala der indigene Entwicklungsfond (Fondo de Desarrollo Indígena en Guatemala - FODIGUA) auf. Die Gründung von staatlichen Institutionen, die sich dem Thema der Indigenen widmen, ist ein Anzeichen, dass man sich bemüht, sektorbezogene Politiken in transversale umzugestalten. Die bolivianische Verfassung sieht vor, dass die politischen Agenden transversal sein sollten, aber in der Tat ist es sehr schwierig diese transversalen Politiken in alle Sektoren anzuwenden.

Heute gibt es zwei Faktore, die uns dazu bringen, über das indigene Thema zu sprechen: interne und externe Faktore. Die internen Faktoren sind folgende: die Wiedergewinnung der zivilen und politischen Rechte durch die Demokratie; das Auftauchen von neuen indigenen Politikern mit lokalen, regionalen, nationalen und internationalen Sichtpunkten; Volksbewegungen und nicht indigene Bewegung, die sich mit der Indigenenbewegung solidarisiert haben; der Aufbau von indigenen politischen Projekten. Die externen Faktoren sind die Förderung der Menschenrechte und der demokratischen Freiheiten, das Ende der Militärdiktaturen in der Region in den 80er Jahren, die demokratischen Staatsreformen in Lateinamerika, die Globalisierung des indigenen Themas und die Agenden der Organisationen für internationale Zusammenarbeit.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Frage, wer eigentlich indigen in Lateinamerika ist. Die verschiedenen Volkszählungen fragen oft nur nach der gesprochenen Sprache, um zu definieren, wer indigen ist und wer nicht, was die Zählung verfälscht. Heutzutage existieren Indigene, die keine indigene Sprache sprechen, weil ihre Eltern versucht haben, sie vor der Diskriminierung zu schützen und ihnen deshalb nur Spanisch beigebracht haben. Aber diese Personen identifizieren sich selber trotzdem als Indigene. Deswegen müsste die ethnische Frage angesichts der Selbstidentifizierung und nicht der gesprochenen Sprache bestimmt werden. Seit 2000 steigt in Bolivien die indigene Selbstbestimmung stetig. Dieses zeigt, dass die indigene Identität eine soziale und politische Konstruktion zu sein scheint.

Zum Schluss, und um auf eine Frage einzugehen, gab der Redner Ratschläge, wie die indigenen Völker ihre Lage verbessern können und wie sie bemerkenswerte Fortschritte in ihrer Lebensweise erreichen können. Zuerst ist es notwendig, Veränderungen innerhalb der Gemeinschaften selber in die Wege zu leiten. Und ein erster Schritt wäre, sich eher als Mensch anzusehen, als ein Indigener oder nicht Indigener. Ebenfalls müssen die 500 letzten Jahre in der Vergangenheit bleiben, um die 500 nächsten Jahr effektiv vorauszusehen und zu organisieren. Es muss verständlich werden, dass in einer Kultur nicht alles schwarz oder weiß ist. Die indigenen Völker müssen selbst die positiven Aspekte ihrer Kultur von den negativen trennen, um sich zu den positiven Aspekten zu bekennen und die negativen Aspekte zu verändern. Zweitens müssen auch von außen Veränderungen sichtbar werden: die Verwaltung des Staats muss überdacht werden. Alles „was von unten“ aufgebaut und verwaltet werden kann, sollte nicht „von oben“ gemacht werden. Das bedeutet, dass die Gemeinden, die Bezirke, die Regionen sich selbst verwalten sollten, damit sie leistungsfähiger werden und das Gemeinwohl für Indigene und nicht Indigene besser erfüllen können.

Workshop über politische Agenden

Die erste Gruppe, im Rahmen des Themas über traditionelle und staatliche Autoritäten, kam auf die Schlussfolgerung, dass allgemein die Autoritäten sowohl indigen als auch nicht indigen sein sollten. Die Teilnahme von indigenen Führungskräfte in der Politik sichert den Einfluss der indigenen Sichtweise auf politische Maßnahmen, so wie auch einen Dialog und Übereinkommen was die Entwicklung und das Gemeinwohl angeht.

Die zweite Gruppe ging das Thema der Konflikte zwischen individuellen Rechten und kollektiven Rechten an. Die Gruppe zeigte die Notwendigkeit eines Wandels durch Bürgerbildung. Diese Gruppe kritisierte vor allem den Missbrauch der Frauenrechte in den Sitten und Gebräuchen der indigenen Gemeinschaften. Hier werden die Grenze der Sitten und Gebräuche deutlich: wenn die Menschenrechte verletzt werden.

In der dritten Gruppe wurde die Neudefinition der kulturellen Aspekte der indigenen Völker diskutiert. Sie setzten einen allgemeinen Arbeitsrahmen fest, der für die Definition von politischen Agenden bezüglich dem Thema hilfreich erscheinen kann. Zuerst wurden die existierenden kulturellen Elemente festgelegt: die Weltanschauung, die Sprache, die Gastronomie, die Bekleidung, die archäologische Orte, die eigene Literatur, Wissen und Kenntnisse. Das Ziel „eine Grundlagen für eine neue kulturelle Definition und für die Jungendsichtweise der XXI. Jahrhundert zu schaffen“.wurde formuliert. Die Methodologie um dieses Ziel zu erreichen, könnte in Form von Workshops, Foren, Seminaren, sozialen Netzwerken, Videokonferenzen, usw., gestaltet werden. Die Zielgruppe dieser Arbeit sind junge Leute, traditionelle indigene Führungskräfte und Politiker, Studenten, Profis, Landwirte, Handwerker und Bauern. Die erwarteten Ergebnisse sind Konsensfindungen, Entscheidungen, Beschlüsse, politische Beteiligung mit kultureller Angemessenheit, kulturelle Literatur, Vereinheitlichung von Kriterien, das greifbare und ungreifbare Erbe verbreiten.

Die letzte Gruppe befasste sich mit dem Thema der indigenen Identität im XXI. Jahrhundert. Sie stellte die Notwendigkeit fest, strategische Allianzen zwischen den Jungen und den Alten zu bilden, um die akademische Bildung der ersten mit der Weisheit und der Erfahrung der zweiten am effizientesten auszunutzen. Aktuelle Mängel wie das Fehlen einer kulturellen Identität, ein fehlender Bildungszugang, Chancenungleichheit und wenige gesellschaftliche Kenntnisse über die indigene Völker sind zu verweisen. Da die verschiedenen Kulturen so unterschiedlich sind, könnte man keine konkrete Maßnahme vorschreiben. Vielmehr hat die Gruppe versucht, eine Vorgehensweise zu finden. Zuerst muss ein interner Dialog stattfinden, um die Erfahrungen und Kenntnis auszutauschen und zusammen Bedürfnisse und Lösungen zu identifizieren. Danach muss es zu einem Austausch mit dem Staat kommen, in dem die Völker ihre Bedürfnisse ausdrücken und staatliche Lösungen vorschlagen und fordern. Zuletzt muss sich ein Dialog auf multilateraler Ebene ergeben, damit die verschiedenen Erwartungen der indigenen Völker, sowie die nationale Interessen, koordiniert werden können. Das Ziel dieser Vorgehensweise ist eine nachhaltige wirtschaftliche, umweltfreundliche, soziale und kulturelle Vorgehensweise zu entwickeln.

Workshop über die Verbreitung von indigenen Agenden

Der Moderator dieses Workshops, Rafael Loayza, fing mit dem Thema des Multikulturalismus an. Das Problem des Multikulturalismus ist die Unterschiede zu verwalten. Zurzeit, um den politischen Diskurs klarer zu machen, werden die Unterschiede zwischen Indigenen und nicht Indigenen und zwischen Reichen und Armen verschärft. Dennoch müssten die Unterschiede als Einigungsmittel betrachtet werden und nicht als Trennungsmittel. Also ist die Frage: Was wird es kommuniziert?

Zuerst ist es wichtig, die politische Botschaft in die Gesellschaft zu bringen, ohne Unterschiede oder Vorurteile zu verschärfen. Man sollte Mittel finden, um das Bewusstsein der „Empfängermasse“ beeinflussen zu können. Also muss erstmal „Bewusstsein“ gebildet werden. Diese Bewusstseinsbildung bedeutet an die Handlung selbst zu glauben. Letztlich ist es wichtig den rationalen Wert der Handlung zu verstehen. Der rationale Wert ist auf lange Sicht gesehen der stabilste, weil dieser moralische Werte beinhaltet. Der rationale Wert ist auch der gefährlichste, da er dazu führt, dass die Leute aus Überzeugung handeln.

Es existieren drei Wege um rationale Werte zu erzeugen: 1) informativer proaktiver Umgang (Pressemitteilungen, soziale Veranstaltungen, Medienagenda), 2) Entwurf von Kampagnen und Botschaften und 3) politisches Marketing anhand empirischer Analysen (was denkt und sagt die Zielgruppe).

Herr Loayza arbeitete mit den Jungpolitikern über den Entwurf von Kampagnen und Botschaften am Beispiel der politischen Beteiligung der Frauen. Viele Slogans wurden von den Jungpolitikern vorgeschlagen, aber der, der die Aufmerksamkeit von allen erweckte, war der Vorschlag von Vivian Jiménez: „Die Frau von heute macht den Mann von morgen“.

Schlussfolgerungen

Im Rahmen der Veranstaltung wurde von den indigenen Jungpolitikern wiederholt die Frage aufgeworfen, was es bedeutet, im XXI. Jahrhundert jung und indigen zu sein.

Vor allem junge Menschen müssen eine Gradwanderung gehen zwischen den Traditionen ihrer Herkunftsgemeinden und den Anforderungen einer hoch technologisierten globalisierten Welt.

Interessant zu sehen war es, dass die jungen indigenen Führungskräfte sowohl ihre Traditionen, Sitten und Gebräuche sowie auch bestimmte Errungenschaften der westlichen Kulturen als positiv wahrnehmen und danach streben, die positiven Werte beider Kulturen (der indigenen und der nicht indigenen) in Einklang zu bringen.

Es wurde deutliche Kritik an Sitten und Gebräuchen geübt, die nicht zeitgemäß sind und z.B. die Rechte der Frauen einschränken oder gar verletzen. Es wurden auch Beispiele angeführt. So ist es z.B. in einigen indigenen Gemeinden (Aymara und Quechua) in Bolivien Brauch, dass nach einer Vergewaltigung der Peiniger sein Opfer heiraten muss. So wird die Ehre der Familie der Frau wiederhergestellt und die Frau ist versorgt. In zahlreichen Kulturen haben Frauen auf Gemeindeebene kein Mitbestimmungsrecht und können auch keine offiziellen Ämter ausüben.

Griselda Galicia aus Mexiko las in diesem Zusammenhang ein Gedicht vor, dass dieses Dilemma junger Frauen deutlich macht, die sich einerseits ihrer Kultur verbunden fühlen und andererseits bestimmte Bräuche nicht akzeptieren können. In der Herkunftsgemeinde der Dichterin Natalia Toledo ist es Brauch, dass die Frau als Jungfrau in die Ehe gehen muss und zum Beweis der Ehemann in der Hochzeitsnacht das befleckte Laken für alle sichtbar an die Haustür hängen muss. Passiert dies nicht, hängen die Nachbarn einen kaputten Kochtopf an die Tür der Familie der Braut, was große Schande bedeutet. Der Ehemann hat in diesem Fall das Recht, die Frau nicht anzunehmen.

TRADICION

Natalia Toledo

Zapoteca, Premio Nezahualcóyotl (2004)

"Hubo quien probó el mosto de tu piel,

te caminó de la cabeza a los pies sin abrir los ojos

para no descubrir el resplandor del sol.

Hubo quien sólo pellizcó la comida

y no quiso beber el chocolate de los compadres

y el pozol de semilla de mamey.

Hubo quien colgó en la puerta de tu casa una olla rota

y no quiso pagar la fiesta.

No supieron los tontos que una flor caída al suelo

Sigue siendo flor hasta su muerte".

Mehrere Teilnehmer betonten, dass das Ziel sein müsse, die positiven Elemente der indigenen und der nicht indigenen Kulturen zu pflegen und hervorzuheben und die negativen Elemente langsam zu überwinden. Sie hoben auch hervor, dass ihre Generation vor neuen Herausforderungen steht, da die Generation der Eltern vor allem für die Anerkennung indigener Rechte gekämpft hatte, die inzwischen in internationalen Abkommen und nationalen Verfassungen verbrieft sind. Die jungen Indigenen des XXI. Jahrhunderts stehen vor der Herausforderung, sich für die Umsetzung dieser Rechte einzusetzen und gleichzeitig eine Brücke zwischen indigenen und nicht indigenen Kulturen zu schlagen, indem das Positive beider Seiten hervorgehob

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