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Entwicklungsvisionen: Indigene, staatliche und unternehmerische Perspektiven

Buchvorstellung in Mexiko

Am 7. Oktober 2014 fand die vierte Buchvorstellung des Werkes „Entwicklungsvisionen: Indigene, staatliche und unternehmerische Perspektiven“ des Regionalprogramms „Politische Partizipation Indígena“ (PPI) der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) in den Räumen des Kulturzentrums San Pablo der Stiftung Alfredo Harp-Helu in Oaxaca, Mexiko, statt.

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Der panamaische Autor und Indigene, Kinyapiler F. Johnson, stellte seinen Artikel vor. Die Mexikaner Marco Antonio Jacobo, Dozent an der UNAM, und Adelfo Regino, Beauftragter für indigene Angelegenheiten der Stadtverwaltung von Oaxaca, kommentierten das Buch. Die indigene mexikanische Abgeordnete, Eufrosina Cruz, hielt die Abschlussworte.

Die Reichweite, Tendenzen und Gegensätze rund um das Konzept der Entwicklung erlangen heutzutage eine politische Konnotation und sollten deshalb kritische beleuchtet werden. Genau dieses versuch das Werk „Entwicklungsvisionen: Indigene, staatliche und unternehmerische Perspektiven“, eine Publikation des Regionalprogramms „Politisch Partizipation Indígena“ der Konrad-Adenauer-Stiftung. Sechs Autoren analysieren dabei das Konzept und die Problematik rund um „Entwicklung“ aus verschiedenen Perspektiven: Alicia Williner (Argentinien), María Soledad Pérez (Peru), Guillermo Vidalón (Peru), Lorena Terrazas (Bolivien), Freddy Limaco (Bolivien), Kinyapiler F. Johnson (Panama). Eine der Perspektiven ist die einer internationalen Organisation. Diese basiert auf der Analyse „Cambio Estructural para la Igualdad“ (deutsch: Strukturänderungen für mehr Gleichheit), die von der Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik (CEPAL) durchgeführt wurde.

Diese Strukturänderung basiert, laut der Autorin Alicia Williner, auf zwei sich ergänzende Lösungsansätze: a) Ein Fiskalprogramm für die Sektoren mit höheren Einkommen, dessen Erträge auf die benachteiligten Bevölkerungsgruppen verteilt werden sollte. b) Die Steigerung der Produktionskapazitäten, die mit Bildung und technologischer Innovation in Verbindung steht. Die Herausforderung dabei ist die staatliche Kapazität Umweltbelastungen und den Ausbau natürlicher Ressourcen zu reduzieren. Die Ausbeutung natürlicher Ressourcen sei schon immer ein Hindernis für die Entwicklung gewesen, da dieses die Umwelt belastet und gesellschaftlichen Ungleichheiten nicht entgegenwirkt.

Die staatliche Perspektive wurde von der Abgeordneten Maria Soledad Perez Tello am Beispiel von Peru beleuchtet. Die Autorin ist der Meinung, dass jede gesellschaftspolitische Debatte sich im Rahmen nationaler Vereinbarungen, Konsens und Konsultationen mit den verschiedenen Sektoren einer Gesellschaft abspielen sollte. Des Weiteren plädiert sie für ein Entwicklungskonzept, das auf Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität basiert. Der Staat müsse Verzerrungen, die der Markt erzeugt, zuvorkommen und Rechte, die das allgemeine Wohlsein gewährleisten, sicherstellen. Abschließend kommentierte die Autorin, dass einen nationale Identität wichtig für die Entwicklung in Peru sei; diese müsse die ethnische und kulturelle Diversität, die Erhaltung nationaler Werte sowie eine flexible Partizipation Perus in der globalisierten Welt miteinschließen.

Was die unternehmerischen Entwicklungsperspektive betrifft, so präsentiert Guillermo Vidalón ein liberales Konzept, welches den individuellen Menschen im Mittelpunkt stellt. Dabei soll der Staat im Dienste der Bürger stehen, den (wirtschaftlichen) Austausch fördern und privates Eigentum sichern. Bei diesem Konzept handelt es sich vor allem um die individuellen Grundrechte, die besser von einem kleinen, aber effizienten Staat, geschützt werden können. Je mehr Freiheitsräume geschafft werden, desto mehr werden die wirtschaftlichen Erwartungen der Bürger erfüllt.

Die Vorstellung von Entwicklung nach der indigenen Bevölkerung wurde von Lorena Terrazas (aus der Sicht der indigenen Organisationen), Kinyapiler F. Johnson (aus der Sicht eines indigenen Volkes) und Freddy Limaco (er beschreibt ein Best-Practice Beispiel) beleuchtet. Diese Autoren versuchen das Konzept von „Entwicklung“ mit ihrer eigenen Weltanschauung des „Vivir Bien“ (deutsch: „Gut leben“) zu verbinden. Entwicklung umfasst aus ihrer Sichtweise eine Lebensqualität, die nicht mit materiellem Eigentum zu tun hat, sondern mit Glückseligkeit, Spiritualität und Achtung vor der Mutter Erde und der Umwelt. Dies impliziert die indigene Weltanschauung zu beachten und ihnen das Recht einzuräumen ihr eigenes Entwicklungskonzept zu definieren.

Das Debattieren über Entwicklung ist nicht mehr ein Anliegen der großen Ökonomen, stattdessen müssen alle Akteuren mit ins Boot geholt werden. Das neue Entwicklungskonzept muss also die kulturelle, religiöse und soziale Diversität aller Beteiligten entsprechen. Dies wurde auch in der Buchpräsentation am 7. Oktober in Oaxaca deutlich, wo um die 50 Leute teilnahmen.

Vor allem der Autor, Kinyapiler Johnson, stimmt mit dieser Vision überein. Er hebte hervor, dass sein Artikel aus der Sicht des traditionellen Wissens seiner Vorfahren geschrieben wurde. Dabei benutzte er zahlreiche Bezeichnungen in seiner Sprache, Guna, übersetzte diese aber nicht, sondern erklärte die Bedeutungen dahinter, um sein Entwicklungskonzept besser zu verstehen. In seinem Artikel beschreibt er, dass die Gunas die Erde nicht als Produktionsfaktor sehen, sondern eher als Mutter Erde. Es sei ein Problem, dass die Entwicklungsmodelle von Regierungen und Nichtregierungsorganisationen vorgegeben seien. Diese Modelle basieren oft auf der Ausbeutung natürlicher Ressourcen und nicht auf Nachhaltigkeit. Der Autor glaube nicht mehr an staatliche Maßnahmen, vor allem die, die Armut bekämpfen sollen, da bis jetzt diese Maßnahmen die Menschen nur in mehr Armut getrieben hätten. Er fragt sich dabei, ob die Indigenen wirklich arm seien oder „verarmt“ worden sind. Die Konflikte werden weiter bestehen bleiben solange die verschiedenen Entwicklungsverständnisse nicht verinnerlicht seien.

Der Kommentator Marco Jacobo ist vor allem vom letzten Artikel des Buches beeindruckt, der von Freddy Limaco geschrieben wurde. Der Fall von San Jose de Uchupiamonas ist ein Hoffnungsfall, da ein Dorf sein eigenes Schicksal in die Hand genommen hätte. Nur mit Selbstverwaltung und Autonomie könne man einer nachhaltigen Entwicklung nachgehen. Ein integrales Konzept von Entwicklung müsse demnach auf der Potenzierung von Fähigkeiten und der Anerkennung von Rechten, die die freie und autonome Ausführung der eigenen Identität garantieren, basiert sein. Er kritisiere deshalb den Konsens von Washington, aber auch die sich ausweitende Industrialisierung. Im Falle von Mexiko sei es wichtig Staatsreformen durchzuführen, damit mehr Pluralität herrsche, aber auch mehr Themen behandelt werden, wie Umwelt und kulturelle Identität.

Abschließend sagte die Abgeordnete Eufrosina Cruz noch ein paar Worte. Sie hob vor allem die Fortschritte hinsichtlich der indigenen Rechte auf internationaler Ebene hervor. Trotzdem sei in Ländern wie Mexiko noch viel zu tun. Es sei auch wichtig offen zu sein, auch als Indigener, denn viele indigenen Gewohnheiten verstoßen gegen Menschenrechte, vor allem gegen die Rechte der Frauen.

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