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Veranstaltungsberichte

Entwicklungsvisionen: Indigene, staatliche und unternehmerische Perspektiven

Buchvorstellung in Guatemala

Am 28. August 2014 fand die dritte Buchvorstellung des Werkes „Entwicklungsvisionen: Indigene, staatliche und unternehmerische Perspektiven“ der Konrad-Adenauer-Stiftung in den Räumen des Mittelamerikanischen Instituts für Politische Studien (INEP) in Guatemala statt. Die peruanischen Autoren María Soledad Pérez und Guillermo Vidalón stellten ihre Artikel vor. Die Guatemalteken Alma Sacalxot, Abteilungsleiterin für Forschung und Datenschutz des Vizeministeriums für Kulturerbe, und José Carlos Sanabria vom Verband für Forschung und Soziale Studien (ASIES), kommentierten das Buch.

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Die Reichweite, Tendenzen und Gegensätze rund um das Konzept der Entwicklung erlangen heutzutage eine politische Konnotation und sollten deshalb kritische beleuchtet werden. Genau dieses versuch das Werk „Entwicklungsvisionen: Indigene, staatliche und unternehmerische Perspektiven“, eine Publikation des Regionalprogramms „Politisch Partizipation Indígena“ der Konrad-Adenauer-Stiftung. Sechs Autoren analysieren dabei das Konzept und die Problematik rund um „Entwicklung“ aus verschiedenen Perspektiven: Alicia Williner (Argentinien), María Soledad Pérez (Peru), Guillermo Vidalón (Peru), Lorena Terrazas (Bolivien), Freddy Limaco (Bolivien), Kinyapiler F. Johnson (Panama). Eine der Perspektiven ist die einer internationalen Organisation. Diese basiert auf der Analyse „Cambio Estructural para la Igualdad“ (deutsch: Strukturänderungen für mehr Gleichheit), die von der Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik (CEPAL) durchgeführt wurde.

Diese Strukturänderung basiert, laut der Autorin Alicia Williner, auf zwei sich ergänzende Lösungsansätze: a) Ein Fiskalprogramm für die Sektoren mit höheren Einkommen, dessen Erträge auf die benachteiligten Bevölkerungsgruppen verteilt werden sollte. b) Die Steigerung der Produktionskapazitäten, die mit Bildung und technologischer Innovation in Verbindung steht. Die Herausforderung dabei ist die staatliche Kapazität Umweltbelastungen und den Ausbau natürlicher Ressourcen zu reduzieren. Die Ausbeutung natürlicher Ressourcen sei schon immer ein Hindernis für die Entwicklung gewesen, da dieses die Umwelt belastet und gesellschaftlichen Ungleichheiten nicht entgegenwirkt.

Die staatliche Perspektive wurde von der Abgeordneten Maria Soledad Perez Tello am Beispiel von Peru beleuchtet. Die Autorin ist der Meinung, dass jede gesellschaftspolitische Debatte sich im Rahmen nationaler Vereinbarungen, Konsens und Konsultationen mit den verschiedenen Sektoren einer Gesellschaft abspielen sollte. Des Weiteren plädiert sie für ein Entwicklungskonzept, das auf Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität basiert. Der Staat müsse Verzerrungen, die der Markt erzeugt, zuvorkommen und Rechte, die das allgemeine Wohlsein gewährleisten, sicherstellen. Abschließend kommentierte die Autorin, dass einen nationale Identität wichtig für die Entwicklung in Peru sei; diese müsse die ethnische und kulturelle Diversität, die Erhaltung nationaler Werte sowie eine flexible Partizipation Perus in der globalisierten Welt miteinschließen.

Was die unternehmerischen Entwicklungsperspektive betrifft, so präsentiert Guillermo Vidalón ein liberales Konzept, welches den individuellen Menschen im Mittelpunkt stellt. Dabei soll der Staat im Dienste der Bürger stehen, den (wirtschaftlichen) Austausch fördern und privates Eigentum sichern. Bei diesem Konzept handelt es sich vor allem um die individuellen Grundrechte, die besser von einem kleinen, aber effizienten Staat, geschützt werden können. Je mehr Freiheitsräume geschafft werden, desto mehr werden die wirtschaftlichen Erwartungen der Bürger erfüllt.

Die Vorstellung von Entwicklung nach der indigenen Bevölkerung wurde von Lorena Terrazas (aus der Sicht der indigenen Organisationen), Kinyapiler F. Johnson (aus der Sicht eines indigenen Volkes) und Freddy Limaco (er beschreibt ein Best-Practice Beispiel) beleuchtet. Diese Autoren versuchen das Konzept von „Entwicklung“ mit ihrer eigenen Weltanschauung des „Vivir Bien“ (deutsch: „Gut leben“) zu verbinden. Entwicklung umfasst aus ihrer Sichtweise eine Lebensqualität, die nicht mit materiellem Eigentum zu tun hat, sondern mit Glückseligkeit, Spiritualität und Achtung vor der Mutter Erde und der Umwelt. Dies impliziert die indigene Weltanschauung zu beachten und ihnen das Recht einzuräumen ihr eigenes Entwicklungskonzept zu definieren. Das Debattieren über Entwicklung ist nicht mehr ein Anliegen der großen Ökonomen, stattdessen müssen alle Akteuren mit ins Boot geholt werden. Das neue Entwicklungskonzept muss, also, die kulturelle, religiöse und soziale Diversität aller Beteiligten entsprechen.

In diesem Sinne präsentierten die beiden peruanischen Autoren ihre Artikel. Die Abgeordnete, Maria Soledad Perez, erklärte, dass ihr Artikel in drei Subthemen untergeteilt sei: 1) Legale Instrumente, die Entwicklung definieren; 2) Analyse dieser Instrumente, der Zielsetzungen und der Reden; und 3) anstehende Herausforderungen. Untern den nationalen legalen Instrumenten befindet sich das Nationale Abkommen (Acuerdo Nacional), der Zweihundertjährige Plan, u.a.. Auf internationaler Ebene ist zum Beispiel die Milleniumserklärung mit ihren Milleniumszielen zu nennen. Das Problem mit den nationalen Instrumenten ist, dass sie nicht interkulturell sind. Die Milleniumsziele dagegen führen dazu den Begriff „Entwicklung“ zu hinterfragen, der oft mit monetärem Gewinn in Bezug gebracht wird und eher weniger mit dem Konzept des „Wohlbefindens“, dass viel mehr im Sinne der indigenen Völker ist. Peru steht noch vielen Herausforderungen vor um Wohlbefinden zu garantieren: die Stärkung der Demokratie, eine integrierte Entwicklung, eine effektive Armutsbekämpfung, Solidarität und Kooperation und das Fehlen von interkulturellen Sichtweisen.

Der Unternehmer Guillermo Vidalón gab an, dass oft „der Westen“ als Ausbeuter wahrgenommen wird; die indigenen Völker sind dabei die „Ausgebeuteten“, da sie von der Natur leben. Allerdings ist anzumerken, dass die Ausbeutung natürlicher Ressourcen, die sich auf indigenen Territorien befinden, auch Vorteile mit sich bringt. Zum Beispiel seien der Index der menschlichen Entwicklung und die Lesefähigkeit in Gebieten, wo natürliche Ressourcen ausgebeutet werden, höher. Das bedeutet, dass das Problem eigentlich in der Wachstumsrate der Bevölkerung und der wirtschaftlichen Ungleichheit zwischen Indigenen und nicht Indigenen liege. Diese Probleme müssen aber vom Staat gelöst werden und nicht von den Unternehmen. Ein interkulturelles Verständnis zwischen Unternehmen und indigenen Völker sei trotzdem von großer Wichtigkeit.

In ihrem Kommentar, hob Alma Sacalxot vor allem den Artikel von Kinyapiler Johnson und Freddy Limaco hervor, die Beispiele von „Entwicklung mit Identität“ zeigen. Auch ging sie auf den Artikel der Abgeordneten Perez ein, die eine staatliche Selbstkritik äußert. Der Artikel von Lorena Terrazas erwähne das Konzept „Vivir bien/Buen vivir“, was sich in der Theorie gut anhört, aber noch immer zu philosophisch sei und keine konkrete realisierbare Alternative zum aktuellen Entwicklungskonzept bietet. Das Buch lade zur Reflexion und dem Dialog ein, was genau das sei, was Guatemala brauche.

Jose Carlos Sanabria stimmte Frau Sacalxot zu. Er hob die Elemente des Buches hervor, die wichtig für Guatemala sind. In Guatemala sei das politische Problem, dass es keine Verbindung zwischen den verschiedenen Entwicklungskonzepten und der staatlichen Einrichtungen gäbe. Auch wäre keine integrierte Entwicklung sichtbar, vor allem in Bezug auf die indigenen Völker Guatemalas. Was fehle, sei eine gegenseitige Anerkennung, vor allem seitens der staatlichen Einrichtungen, die ja eigentlich die indigene Repräsentativität garantieren sollten, dem Staat die Funktion des Regulator der politischen und wirtschaftlichen staatlichen Maßnahmen zusprechen sollte und einen respektvollen Dialog zwischen allen Beteiligten versichern sollte. Es sei wichtig die Machtasymmetrien richtig zu verwalten und einen effektiven Konsensmechanismus zu identifizieren.

Die Buchvorstellung endete mit Fragen vom Publikum an die Autoren. Die Abschlussworte gab Ruben Hidalgo, Direktor des INCEPs.

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Tapa de libro Valeria Castro

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