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Veranstaltungsberichte

Politische Bildung für indigene Führungskräfte in Santa Cruz

Modul 2: Politische Systeme und Akteure

Vom 1. bis zum 3. Juli wurde das zweite Modul der Seminarreihe „Politische Bildung für indigene Führungskräfte“ für eine Gruppe von 27 jugen, indigenen Führungskräften in Santa Cruz durchgeführt.

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Vom 1. bis zum 3. Juli wurde das zweite Modul der Seminarreihe „Politische Bildung für indigene Führungskräfte“, gerichtet an eine Gruppe ausgewählter Teilnehmer der indigenen Völker des Tieflandes, durchgeführt. Insgesamt waren während des Kurses 27 junge Indigene anwesend. Das Seminar behandelte das Thema „politische Systeme und Akteure und die aktuelle Konjunktur“. Die teilnehmenden Dozenten waren José Mirtenbaum, Manfredo Bravo und Evelio Arambiza.

Der erste Arbeitstag des Seminars wurde von Professor Mirtenbaum geleitet, welcher die fundamentalen Konzepte der Politikwissenschaft im Detail erklärte: Demokratie, Sozialismus, Liberalismus, Komunismus, Kapitalismus und Soziale Marktwirtschaft. Auch legte er Nachdruck auf das Konzept des Rechtsstaats, das eng mit der Gewaltenteilung (Legislative, Exekutive und Judikative), essenziell für die Kontrolle des Staates, verbunden ist. Ebenfalls erläuterte er die Relevanz der verschiedenen politischen Akteure, wie zum Beispiel die politischen Parteien und die Zivilgesellschaft, welche sich aus Arbeitern, Bauern, indigenen Völkern, Unternehmern etc. zusammensetzt. Mirtenbaum erklärte, die Zivilgesellschaft bestehe aus Bürgern, die sich in einer stabilen Demokratie als „Souverän“ representieren sollten, was heisst, dass das Volk die höchste Machtinstanz sei.

Während des zweiten Arbeitstages sprach der Dozent Manfredo Bravo von der aktuellen Konjunktur Boliviens. Dabei zeigte er auf, wie die oben genannten politischen Systeme im politischen Werdegang des Landes reflektiert sind und welche Rolle verschiedene Akteure gespielt haben bzw. spielen. Zunächst erklärte er, dass der traditionelle Rechtsstaat auf gewissen Normen, die die Beziehung zwischen Staat und Bürgern kennzeichnen, beruhe. In der neuen Konstitution des Staates würde Bolivien als ein sozialer und gemeinschaftlicher Rechtsstaat aufgefasst, was eine ideologische Konnotation, basierend auf dem Sozialismus, impliziere. Aufbauend auf diese Einführung wies der Dozent auf die Beeinflussung des Sozialismus des 21. Jahrhunderts auf das neue Staatsmodell Boliviens hin und erklärte, wie die neoliberale Politik der neunziger Jahre zur aktuellen Lage des Landes geführt hat.

Danach teilte der Dozent die Teilnehmer in fünf Arbeitsgruppen auf, die die folgenden Fragen beantworten sollten: Wie macht sich Ihre Gemeinde innerhalb des plurinationalen Staates sichtbar?; Glauben Sie, dass sich die Sachlage Ihrer Gemeinde seit der Einführung des plurinationalen Staates verbessert hat? Auf welche Weise könnte man, Ihrer Gemeinde nach, eine gerechtere Gesellschaft formen? Generell stimmten die Antworten der Gruppen zur ersten Frage überein: die indigenen Völker hätten im plurinationalen Staat an Sichtbarkeit gewonnen und die politische Partizipation der Indigenen sei gestiegen. Im Bezug auf die zweite Frage waren die Teilnehmer der Meinung, dass sich die Situation der indigenen Gemeinden zwar in Hinsicht auf die politische Partizipation verbessert hätte, dass aber die generellen Konditionen keine Verbesserung erfahren hätten. Zur Zeit glaubt man, dass eine gewisse ideologische Abhängigkeit notwendig sei, um die Entwicklung der Gemeinden voranzutreiben. Um jedoch sagen zu können, ob das aktuelle politische Modell langfristig funktioniere, müsse man abwarten. Bezüglich der letzten Frage waren sich alle einig, dass es notwendig sei einen Dialog aufzubauen und Kooperationsbereitschaft zu schaffen. Ebenfalls müsse man durch ertragreiche Projekte positiv Einfluss auf das Geschehen ausüben. Dafür fehlten jedoch offensichtlich Ausbildung und Bildung, Bereiche in denen der Staat verpflichtet sei mehr zu tun.

Der letzte Seminartag wurde von Evelio Arambiza, des Volkes der Guaranís, gestaltet.

Er sprach über die aktuelle politische und teritoriale Organisation der indigenen Völker des Tieflandes. Die Indigenen streben danach die teritoriale Organisation wenigstens zu einem bestimmten Grad zu erhalten durch ihre Gemeinderäte, Führerschaft und des Amt des Kaziken. Auf nationaler Ebene repräsentiert die Konfederation der indigenen Völker von Bolivien (la Confederación de Pueblos Indígenas de Bolivia (CIDOB)) die indigenen Völker des Westens, des Chaco und des Amazons. Die CIDOB nahm diesen Platz dank der Befreiungskämpfe für die Rechte der Indigenen, im speziellen wegen dem sogenannten „Marsch für das Teritorium und die Würde“ bis zur Hauptstadt des Landes in 1990, ein. Zur Zeit, neben all den Herausforderungen, die sich die indigene Bevölkerung stellt, ist besonders die Landverteilung ein Thema. Die Konstitution von 1994 im Rahmen der Agrarreform, etablierte die ‚ursprünglichen Gemeindeländer’ (las Tierras Comunitarias de Origen (TCOs)), wo Bauernvölker und indigene Gemeinden ihre eigenen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Systeme entwickelten. 2009 hat die Regierung Morales die TCOs in ‚Länder der Indigenen ursprünglich Bauern’ (Territorios Indígenas Originario Campesinos (TIOCs)) umbenannt.

Zu diesem Thema sollten die Teilnehmer des Seminares in Fünfer-Gruppen nun folgende Fragen bearbeiten, um sie danach im Plenum zu diskutieren: 1) Was wurde im Veränderungsprozess von TCOs zu TIOCs von den Führungskräften umgesetzt?; 2) Welche Sektoren sollten indigene Führungskräfte beinflussen, um die Kontinuität der TCOs zu gewehrleisten? und 3) Schlagen Sie Stragegien, die von Führungskräften der indignen Bewegungen verfolgt werden sollten, vor. Die Teilnehmer waren sich einig in ihrer Antwort auf die erste Frage. Alle sagten, das Einzige, was sich geändert hätte, sei der Name. Die TCOs bezogen sich nur auf das Konzept der Erde, im Sinne von Erdboden, ohne Fauna und Flora in Betracht zu ziehen. Die TICOs hingegen beschreiben das Teritorium mit Fauna und Flora. Ausserdem wird der Terminus „indígena originario campesino“ benutzt, der nach Meinung vieler, vor Allem den Bauern und weniger den Indigenen zu Gute kommt. Bezüglich der zweiten Frage argumentierten die Teilnehnmer, dass es wichtig sei durch die gleichen Kanäle Einfluss zu nehmen, aber auch durch entsprechende Autoritäten, wie zum Beispiel die Verantwortlichen des Nationalen Agrarinstituts (el Instituto Nacional Agrario (INRA)). Vor Allem sei es wichtig, den Unterschied zwischen TCOs und TIOCs bekannt zu machen. Ausserdem betrachteten die Teilnehmer es als angemessen, dass die indigenen Völker einen Sozialpakt oder dergleichen in die Wege leiteten oder eine Versammlung, die über dieses Thema diskutieren soll, einberufe.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass das Ziel des Moduls II der Seminarreihe erreicht wurde, da, wie im Titel des Seminars „Politische Systeme und Akteure und die aktuelle Konjunktur“ angekündigt, fundamentale Grundbegriffe der Politik geklärt und anhand der Geschichte Boliviens und der aktuellen Konjunktur des Landes angewandt wurden. Des Weiteren wurde die Thematik der indigenen Völker in Bolivien aufgegriffen und in diesem Zusammenhang über einige Herausforderungen der Indigenen in der Gegenwart diskutiert.

Während des Seminars wurde die Koordinatorin des PPIs (Politische Partizipation der Indigenen) der KAS vom Team „Demokratischen Regierbarkeit“ des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (PNUD) in Bolivien interviewt. Unter folgendem Link kann das Interview sowie die Pressemitteilung gefunden werden:

http://www.gobernabilidad.org.bo/noticias/12-instituciones/1055-capacitacion-politica-indigena-un-curso-se-efectua-en-santa-cruz-y-la-paz

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