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SEMINARREIHE: POLITISCHE BILDUNG FÜR INDIGENE FÜHRUNGSKRÄFTE IN LA PAZ

Modul 3: Öffentliche Verwaltung und Strategische Planung

Vom 12. bis zum 14. August dieses Jahres wurde das dritte Modul der Seminarreihe „Politische Bildung für indigene Führungskäfte“ für eine Gruppe von 24 jungen Indigenen des Westens Boliviens in La Paz durchgeführt.

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Vom 12. bis zum 14. August wurde das dritte Modul der Seminarreihe „Politische Bildung für indigene Führungskräfte“, gerichtet an eine Gruppe ausgewählter Teilnehmer der indigenen Völker des Hochlands, in La Paz durchgeführt. Der eingeladene Dozent Vladimir Ameller, tätig für die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und spezialisiert in strategischer Planung von autonomen Gemeinden in Bolivien, leitete den Workshop „Öffentliche Verwaltung und Strategische Planung“ während der drei Tage. Dabei legte er besonders Wert auf interaktive Kommunikation, Beteiligung der Teilnehmer und Gruppenarbeit.

Am ersten Seminartag begann der Dozent den Workshop, indem er den jungen indigenen Führungskräften deutlich machte, wie wichtig ihre Funktion als Agent des Wandels sei. Anstatt zu warten und zuzuschauen was in der heutigen „schwierigen Realität“ Boliviens passiere, sei es ihre Aufgabe darüber nachzudenken, wie man besser leben könnte in einem Land wie Bolivien mit einer hohen Armutsrate und Analphabetismus sowie niedrigen Lebenserwartungen und Bildungsstandards. Gleichzeitig machte er die Teilnehmer darauf aufmerksam, dass jeder Mensch nur einen kleinen Anteil der Realität heutzutage verstehen könnte und dass sie sich darüber bewusst sein sollten, dass alle Phenomene mulitdimensional seien. Deshalb sei es essenziell zu bedenken, dass Entscheidungen während der Umsetzungen eines Projektes immer mehr Systeme bzw. Themenfelder (Bildung, Ernährung, Gesundheit, Politik, Wirtschaft etc.) beinflussen als ursprünglich geplant und dass man dabei die Mehrheit der Auswirkungen erst sehr viel später sehe. Eine genaue und nachhaltige Projektplanung sei deshalb der Schlüssel zum Erfolg.

Im weiteren Verlauf des Workshops sprach Vladimir Ameller über den Paradigmawechsel und die damit verbundenen Veränderungen der Machstrukturen in den vergangen Jahrzehnten in der Welt. Er erklärte, dass sich die Industrieländer das Zeitalter der Agrarwirtschaft, der Industralisierung und der Information bis hin zum heutigen Zeitalter des Wissens durchgangen seinen, während Bolivien beim Zeitalter der Agrarwirtschaft stehen geblieben sei. Er betonte jedoch die Wichtigkeit des Wissens für die Entwicklung eines Landes in unserer Zeit: nicht die Länder, die das meiste Kapital, die meisten Ressourcen oder die besten Technologien besäßen, hätten die meiste Macht inne, sondern diejenigen, die ihr Wissen für die Produktion schlau einsetzten. Das Problem Boliviens sei deshalb ein Mangel an Wissen: obwohl das Land zahlreiche gefragte Ressourcen vorzuweisen habe, exportiere es 85% der letzteren für verhähltnismäßig wenig Einnahmen ohne jegliche Weiterverarbeitung.

In diesem Zusammenhang sprach Vladimir Ameller auch über zehn neue Tendenzen, die sich zur Zeit der Globalisierung bemerkbar machen: 1) eine radikale Transformation der Gesellschaft; 2) eine extreme Polarisation; 3) neue Formen der Friedensbedrohung; 4) der demographischer Wandel; 5) Umwelt- und Klimaherausforderungen; 6) steigende digitale Ungleichheit, 7) eine unmenschliche Verweltlichung; 8) eine immer wichtigere Rolle der Frau; 9) kulturelle und digitale Pluralität und 10) das Dilemma zwischen der Wissenschaft und der Ethik. In dieser komplexen Umstrukturierung, so der Dozent, sollte man besonders auf die Beziehung zwischen sich selber als Individuum und der Gesellschaft achten, denn nur die Nationen, die über ein hohes soziales Kapital verfügen, könnten Fortschritte in ihrer Entwicklung verzeichnen. Bolivien mangele es jedoch an dieser sozialen und zivilen Komponente sowie dem nötigen Grad an Vertrauen, um seine Produktivität zu steigern. Diese Hintergrundinformationen über die „kritische“ Lage Boliviens nutzte der Dozent, um den Teilnehmern die Notwendigkeit der effizienten und strategischen Projektplanung in ihren Gemeinden deutlich zu machen.

Am zweiten und dritten Seminartag bekamen die Teilnehmer deshalb die Aufgabe sich in Gruppen ein eigenes Projekt auszudenken und dieses in strategischen vom Dozenten angeleiteten Schritten zu planen. Der erste Schritt der Projektplanung war das Erschaffen einer Vision, die das übergeordnete Ziel des Projektes darstellt. Während sich die erste Gruppe zum Ziel setzte San Pedro de Buena Vista, eine Gemeinde im Südwesten Boliviens, zur führenden Gemeinde in der Bildung mit historisch-kulturellem Hintergrund zu machen, verfolgte die zweite Gruppe die Vision ihre Gemeinde in der Produktion und Vermarktung einer bestimmten Pfirsichsorte zu spezialisieren. Die dritte Gruppe hingegen strebte danach Führungskräfte und Experten auszubilden, um die Lebenssituation in ihrer Gemeinde zu verbessern und den Zugang des verwundbaren Teil der Bevölkerung zu stärken. In einem zweiten Schritt identifizierten die drei Gruppen die nötigen Ressourcen für die Umsetzung ihrer jeweiligen Projekte und überlegten wie man diese am besten erlange. Hierbei war die Kreativität der Teilnehemer besonders gefragt, denn wie der Dozent erläuterte, stehen die benötigten Ressourcen oft nicht zur Verfügung. Der dritte Schritt der Projektplanung beeinhaltete die Aufstellung konkreter Mikroziele, um die übergeordnete Vision zu erreichen. Dabei sollten die Teilnehmer bei jedem Ziel überprüfen, ob dieses spezifisch genug, messbar, an eine oder mehrere Aktionen angelegt, realistisch und zeitlich durchführbar sei. Im vierten Schritt der Projektplanung lernten die Teilnehmer wie man am geschicktesten an die verschiedenen Personen, zuständig für die Umsetzung des Projektes, herantritt, damit sie von der Vision überzeugt sind, kooperieren und sich völlig ihrer jeweiligen Aufgabe hingeben. Schließlich beschäftigten sich die Teilnehmer in einem fünften Schritt mit verschiedenen Methoden der Projektevaluierung.

Der Workshop kam insgesamt sehr gut bei den Teilnehmern an, die mit viel Kreativität und guten Ideen die neuerlenten Strategien der Projektplanung ins Praktische umsetzten. Die Gruppenarbeiten hatten zum Ziel, die jungen indigenen Führungskräfte durch das Prinzip „Learning by Doing“ auf Schwierigkeiten und Herausforderungen der öffentlichen Verwaltung und strategischen Projektplanung aufmerksam zu machen sowie das große Potential einer effizienten Projektführung aufzuzeigen.

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