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Amtsinhaber Gašparovič gewinnt Präsidentenwahl

von Dr. Hubert Gehring, Christoph Thanei
Mit größerer Mehrheit als zuletzt erwartet ist der slowakische Staatspräsident Ivan Gašparovič in seinem Amt bestätigt worden. Laut dem offiziellen Endergebnis erhielt der regierungsnahe Dozent für Rechtswissenschaften im entscheidenden zweiten Wahldurchgang am 4. April 55,53 Prozent der gültigen Stimmen. Auf Iveta Radičová, die gemeinsame Kandidatin der drei christlich-demokratischen Oppositionsparteien SDKÚ-DS, KDH und SMK, entfielen 44,46 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag mit 51,67 Prozent deutlich höher als im ersten Wahlgang. Das hat Gašparovič offensichtlich mehr genützt als Radičová.

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Mit größerer Mehrheit als zuletzt erwartet ist der slowakische Staatspräsident Ivan Gašparovič in seinem Amt bestätigt worden. Laut dem offiziellen Endergebnis erhielt der regierungsnahe Dozent für Rechtswissenschaften im entscheidenden zweiten Wahldurchgang am

4. April 55,53 Prozent der gültigen Stimmen. Auf Iveta Radičová, die gemeinsame Kandidatin der drei christlich-demokratischen Oppositionsparteien SDKÚ-DS, KDH und Ungarn-Partei SMK, entfielen 44,46 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag mit 51,67 Prozent deutlich höher als im ersten Wahlgang, in dem sie nur 43,63 Prozent betragen hatte. Das hat Gašparovič offensichtlich mehr genützt als Radičová. Auf den gemäßigten Nationalisten entfielen 1.234.787 Stimmen der 4,3 Millionen Wahlberechtigten, auf die christlich-liberale Radičová 988.808.

Beobachter werteten den Wahlsieg des amtierenden Präsidenten, der zwischen den beiden Wahlgängen gerade 68 Jahre alt wurde, vor allem als Erfolg für den sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Robert Fico, dem Gašparovič in einer ersten Stellungnahme ausdrücklich dankte. Fico wertete den Wahlerfolg „seines“ Präsidenten als „Garantie für politische Stabilität in einer Zeit der ernsten weltwirtschaftlichen Probleme“. Gašparovič war aber auch von der mitregierenden minderheitenfeindlichen Slowakischen Nationalpartei SNS unterstützt worden. Dass er sich von deren aggressiven Attacken gegen die ungarische Minderheit im Wahlkampf nicht distanziert hatte, könnte seine Akzeptanz unter der Minderheit stark beeinträchtigen. Die christlich-demokratischen Oppositionsparteien, die in den Meinungsumfragen seit mehr als zwei Jahren kontinuierlich noch unter den Werten der Wahlniederlage vom Sommer 2006 liegen, hatten vergeblich gehofft, aus einem vorübergehend realistisch scheinenden Wahlsieg ihrer Kandidatin neuen Schwung auch für sich selbst schöpfen zu können.

Der alle fünf Jahre direkt vom Volk gewählte slowakische Staatspräsident hat nicht nur eine ausschließlich repräsentative Funktion. Nach Wahlen entscheidet er über den Auftrag zur Regierungsbildung. Auch kann er unter bestimmten Umständen vom Parlament beschlossene Gesetze blockieren.

Ausgangsposition: Sieben Kandidaten, davon drei Frauen

Im ersten Wahlgang am 21. März hatten sich vier Kandidaten und drei Kandidatinnen um das höchste Amt im Staat beworben. Slowakische Medien hoben mehrfach hervor, dass der Anteil der weiblichen Kandidatinnen somit höher als bei allen bisherigen Wahlen war. Im Quartett der laut Umfragen aussichtsreichsten Bewerber betrug der Frauenanteil sogar die Hälfte.

Haushoher Favorit war laut allen Umfragen von Anfang an der Amtsinhaber Ivan Gašparovič. Auch darin, dass die 52-jährige ehemalige Sozialministerin und nunmehrige stellvertretende SDKÚ-Vorsitzende Iveta Radičová seine stärkste Herausfordererin und voraussichtliche Gegenkandidatin in der Stichwahl werden würde, stimmten alle veröffentlichten Umfragen überein. Nur geringe Außenseiterchancen, eine Überraschung zu schaffen, gaben Beobachter den wie Radičová zum weiteren christlich-demokratischen Lager zählenden Bewerbern František Mikloško und Zuzana Martináková. Der Ex-Dissident František Mikloško war Kandidat der von der konservativen KDH abgespaltenen Splittergruppe Konservative Demokraten der Slowakei und war auch von mehreren Vertretern der Kirchen öffentlich unterstützt worden, die Radičová als zu liberal empfanden. Martináková wiederum stammt aus der schon vor mehreren Jahren von der SDKÚ des christlich-liberalen Ex-Premiers Mikuláš Dzurinda abgespaltenen Kleinpartei Freies Forum. Drei weitere Kandidaten galten von Anfang an als völlig chancenlos.

Überraschender Hoffnungsschimmer nach dem ersten Wahlgang

Gemessen an den Umfrageergebnissen schnitt die Soziologieprofessorin Radičová im ersten Wahlgang geradezu sensationell ab, während Gašparovič deutlich unter seinen Umfragewerten blieb. Die Ex-Sozialministerin erhielt im ersten Wahlgang nur achteinhalb Prozentpunkte weniger als der Hobbyrennfahrer und Eishockeyfan Gašparovič. Die Umfragen hatten ein Verhältnis von 50 zu 30 Prozent erwarten lassen.

Radičová war daher von ihrem unerwartet starken Abschneiden so bewegt, dass ihr bei Bekanntgabe des Wahlergebnisses vom 21. März vor Euphorie beinahe die Stimme versagte. Den Freudentränen nahe bezeichnete sie das Ergebnis als „große Herausforderung“. Und sichtlich bewegt setzte sie kurz nach Mitternacht hinzu: „Das ist eine wunderschöne Tageswende und ich hoffe, der zweite Durchgang wird erst recht eine (politische) Wende bringen.“

Radičová traute man nicht nur wegen der stimulierenden Wirkung ihres Starterfolges zu, den Rückstand noch aufzuholen, sondern auch weil sie mehr auf die Stimmen von Mikloško und Martináková hoffen konnte als der gemäßigte Nationalist Gašparovič. Die liberale Konkurrentin Zuzana Martináková und der klerikal-konservative Kandidat František Mikloško erreichten jeweils mehr als fünf Prozent. Gemeinsam also deutlich mehr als der Rückstand Radičovás auf Gašparovič. Zur Enttäuschung ihrer Wahlhelfer lehnten aber beide eine Unterstützungserklärung für Radičová als gemeinsame Kandidatin ab. Somit war das christlich-demokratische Lager auch in der Stichwahl nicht vollständig vereint.

Stichwahl geht klar an Gašparovič

Der zweite Wahlgang am 4. April machte aber dann alle Hoffnungen der Opposition zunichte. Statt des allseits prophezeiten Kopf-an-Kopf-Rennens war der Abstand zwischen Gašparovič und Radičová zuletzt noch größer als im ersten Wahlgang.

Die Stimmenaufteilung zwischen Regierungs- und Oppositionslager im zweiten Wahlgang spiegelt letztendlich das ungleiche Kräfteverhältnis wieder, das sich auch im gewählten Parlament und in den Umfragewerten der einzelnen Parteien zeigt. In den meisten Umfragen der letzten Monate kommen die beiden Gašparovič unterstützenden Regierungsparteien Smer und SNS gemeinsam in etwa auf den Stimmenanteil, den Gašparovič in der Stichwahl erreichte. Radičová schnitt hingegen als Oppositionskandidatin noch wesentlich besser ab als den Stimmenanteilen der drei sie unterstützenden Parteien bei der Parlamentswahl 2006 und erst recht in den Umfragen der letzten Monate entspräche.

Nationalistische Zündeleien mit der „Ungarischen Karte“

Auffallend war vor allem im zweiten Wahlgang die regionale Polarisierung der Stimmen, die auf eine tiefer werdende politische Spaltung des Landes hindeuten: In der relativ wohlhabenden Hauptstadtregion Bratislava und Umgebung errang die Oppositionskandidatin Radičová eine überlegene Zweidrittelmehrheit. In den von der ungarischen Minderheit bewohnten Bezirken der Südslowakei gewann sie noch weit höher - mit bis zu 95 Prozent in der Ungarn-Hochburg Dunajska Streda. Der Rest des Landes entschied sich hingegen klar für Gašparovič.

Diese Spaltung hat wohl nicht zuletzt mit der Agitation der extremen Slowakischen Nationalpartei SNS in der Endphase des Wahlkampfs zu tun, die sicher auch zur Steigerung der Wahlbeteiligung beitrug. „Lassen wir nicht zu, dass das reiche Bratislava und die Ungarn bestimmen, wer unser Präsident wird“, hatte die SNS an xenophobe Ressentiments und Neidkomplexe ihrer an den Stammtischen der Nordslowakei beheimateten Wählerschaft appelliert. Fast schien der Schuss nach hinten loszugehen. Denn offensichtlich als Gegenwehr gegen diese Ausgrenzung erreichte die Wahlbeteiligung ausgerechnet im so geschmähten Bratislava und in den zweisprachigen Bezirken der Südslowakei mit bis zu 95 Prozent die mit Abstand höchsten Werte. Das zeigt auch, dass nicht nur die dortigen Ungarn für sie gestimmt haben müssen, sondern auch die im Süden lebenden Slowaken sich ihr freundliches Zusammenleben mit den Ungarn nicht durch die nationalistischen Provokationen der SNS verderben lassen wollten.

Doch auch in den SNS-Hochburgen im Norden, wo man den Intellektuellen um die Soziologieprofessorin Radičová und erst recht den als „fremd“ empfundenen Ungarn mit tiefem Misstrauen begegnet, stieg die Wahlbeteiligung deutlich an.

Gašparovič hatte sich nicht nur während des ganzen Wahlkampfs nicht zu einer klaren Distanzierung von den aggressiven Attacken der SNS gegen die Minderheit durchringen können. Auch in den Siegerinterviews am Sonntag reagierte er geradezu aggressiv, als ihm der TV-Nachrichtensender TA3 eine versöhnliche Stellungnahme zugunsten der ungarischen Minderheit anbieten wollte: „Hören Sie endlich auf damit! Die ungarische Karte ist doch von Frau Radičová ausgespielt worden, nicht von mir!“ Das Vergehen Radičovás laut Gašparovič: „Sie hat sich von der Ungarn-Partei unterstützen lassen.“ - Diese normale demokratische Entscheidung in einem Staat mit mehreren Nationalitäten war bisher nur von der SNS zum „Verrat an den „anständigen Slowaken“ stigmatisiert worden.

Paradoxerweise wollte Gašparovič im Wahlkampf möglichst vergessen lassen, dass er seinen ersten Wahlsieg vor fünf Jahren zu einem beträchtlichen Teil jenen Hauptstadtbewohnern und ungarischen Wählern zu verdanken hatte, die er jetzt widerspruchslos den heftigen verbalen Attacken der radikalen Slowakischen Nationalpartei überließ. Damals hatten ihn nämlich gerade Bratislava und die Ungarn als „kleineres Übel“ in der Stichwahl gegen den von den Ungarn noch mehr gefürchteten Ex-Premier Vladimír Mečiar ins Präsidentenamt gewählt.

In den Medien wurde naturgemäß besonders aufmerksam registriert, dass nicht nur im Wahlkampf, sondern erst recht nach der Bekanntgabe der Wahlergebnisse wieder die Medien und Journalisten als Feindbild präsentiert wurden. Nicht nur Premier Fico, von dem man das schon seit Jahren gewohnt ist, sondern auch Wahlsieger Gašparovič attackierte die Medien heftig (und relativ pauschal) für ihre aus seiner Sicht einseitig gegen ihn voreingenommene Wahlkampfberichterstattung.

Iveta Radičová gratulierte dem Sieger noch in der Wahlnacht, betonte aber auch, „fast eine Million Wähler“ für sie sei eine „große Herausforderung für einen neuen Anfang“ ihrer politischen Tätigkeit. In den Medien wird schon länger spekuliert, dass sie damit liebäugelt von Ex-Premier Dzurinda die Führung der SDKÚ-DS und eventuell sogar eine einigende Führungsrolle für die gesamte christlich-demokratische Opposition übernehmen zu wollen. Dass ihr aber Teile des konservativen Spektrums sogar im Wahlkampf offen die Unterstützung versagten, dämpft sicher solche eventuellen Hoffnungen. Noch dazu sagte Ex-Außenminister Eduard Kukan, der wie sie zum engsten Führungskreis der SDKÚ-DS gehört, schon am Tag nach dem zweiten Wahlgang öffentlich, er wolle Radičová nicht als Parteichefin. Für die SDKU wird es jetzt darauf ankommen nach dem verpassten Erfolg bei den Präsidentschaftswahlen nicht zu lange der verpassten Chance nachzutrauern sondern sich möglichst geschlossen auf die nächste Herausforderung einzustellen- den Europawahlen im Juni und den Regionalwahlen gegen Ende des Jahres.

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