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Volkspartei im Stimmungstief

von Michael Däumer

PSOE als klarer Favorit bei der Europawahl

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Die sozialistische Arbeiterpartei (PSOE) des neuen Ministerpräsidenten José Luis Rodríguez Zapatero führt einer von der spanischen Tageszeitung El País im Auftrag gegebenen Meinungsumfrage zufolge sechs Prozentpunkte vor der Volkspartei (PP) bei den Prognosen für die Europawahl am 13. Juni 2004. Die Umfrage deutet auf eine Wiederholung der Ergebnisse der Nationalwahl vom 14. März 2004 hin. Nach der Entscheidung der Zapatero-Regierung, die spanischen Truppen aus dem Irak abzuziehen, erfährt die Regierungspartei hohe Zustimmungswerte zuungunsten der Volkspartei. Im neu zu wählenden Europaparlament nach der Erweiterung der EU stellt Spanien nur noch 54 der 732 Europaabgeordneten und damit zehn weniger als in der auslaufenden Legislaturperiode.

Mit 43 Prozent kann der PSOE der Umfrage zufolge sein bestes Ergebnis seit dem Beitritt Spaniens in die EU einfahren. Das sind insgesamt 8 Prozent mehr als bei den letzten Wahlen zum Europäischen Parlament im Jahre 1999. Der Partido Popular verliert dagegen 2,7 Prozent und fällt auf 37 Prozent zurück. Die kommunistische Izquierda Unida, die zusammen mit den Grünen und der baskischen Linkspartei EUA in einem Parteienbündnis antritt, können lediglich mit 5 Prozent rechnen. Auf nur 6 Prozent kommt das Parteienbündnis der Regionalparteien unter anderen aus Katalonien (CiU), dem Baskenland (PNV) und aus Galizien (BNG). Die Regionalparteien CC (Kanaren) und PA (Andalusien), die sich eigens für die Europawahl zum Parteienbündnis Coalición Europea zusammengeschlossen haben, erzielen in der Umfrage gerade 1,5 Prozent.

Als größter Unsicherheitsfaktor bei der Umfrage erweist sich die Wahlbeteiligung. Bei der Europawahl im Jahre 1999 gingen 64 Prozent der Wählerinnen und Wähler an die Urnen. Wenn auch 76,3 Prozent der Befragten geäußert haben, zur Wahl zu gehen, so betrachten nur 47,7 Prozent die Europawahl als genauso wichtig wie die Nationalwahlen. Die Parteien stehen vor der Herausforderung, ihre Wählerinnen und Wähler zu mobilisieren. Die Umfrage hat ermittelt, dass mehr Anhänger des PP der Wahl fern bleiben wollen als die des PSOE. Dadurch ergibt sich der enorme Zuwachs an Zustimmung für die Sozialisten. Darüber hinaus profitiert der PSOE durch den Regierungsbonus und die ersten politischen Entscheidungen der Zapatero-Regierung. Während sich der Wahlkampf der Sozialisten auf die negativen Folgen der Irak-und Europapolitik Aznars für Spanien konzentriert und den Rückzug der spanischen Truppen als konsequente Umsetzung des Volkswillens durch die neue Regierung darstellt, greift der PP unter seinem Spitzenkandidaten Jaime Mayor Oreja die alten sicherheits- und europapolitischen Leitlinien der abgewählten PP-Regierung auf. Aus der Umfrage ergibt sich, dass die neue Regierungspolitik allgemein anerkannt wird. So wird die Arbeit der Regierung auf einer Skala von 0 bis 10 mit 6,01 bewertet; die der Opposition dagegen mit 4,42. Auf der gleichen Skala verbessert sich nach Ansicht der Befragten die politische Situation in Spanien sprunghaft von 4,66 im März auf nun 5,71. Insgesamt befürworten 63,2 (gegenüber 26,5) Prozent der Befragten den Regierungswechsel. Selbst die Hälfte der PP-Anhänger hat sich positiv zum Rückzug aus dem Irak geäußert. Entsprechend schnellten die Popularitätswerte für Zapatero auf der Skala von 5,94 im April auf 6,49. Das Stimmungshoch für den PSOE wird auch dadurch deutlich, dass 48,3 Prozent der Ansicht sind, dass der PSOE die Europawahl gewinnt, während nur 16 Prozent den PP als Gewinner sieht. Hieraus erklärt sich nicht zuletzt das gegenwärtige Stimmungstief für die Volkspartei.

Wenn auch Meinungsumfragen in Spanien generell ungenau sind, so ist in der Bewertung der Ergebnisse festzustellen, dass die Verluste für den PP als reell einzuschätzen sind. Interessanterweise verliert der PP deutlich weniger als der PSOE zugewinnt. Klare Verlierer sind hingegen die Regionalparteien, was zum einen damit zusammenhängt, dass sich der Wahlkampf hauptsächlich zwischen PSOE und PP abspielt. Andererseits hat der PSOE durch seine Ankündigung, die Autonomiestatuten der Regionen zu verändern, dazu geführt, das wichtigste Wahlkampfthema der Regionalparteien zu neutralisieren. Zapateros Politik und Entschlossenheit, die Truppen abzuziehen, hat auch die Anhängerschaft der Kommunisten und Grünen deutlich schrumpfen lassen.

Die Volkspartei stellt sich bereits innerlich auf die Niederlage ein. Der Wahlkampf des PSOE hat erfolgreich den PP aus der politischen Mitte verdrängt, so dass Oppositionsführer Mariano Rajoy und Spitzenkandidat Mayor Oreja keine andere Alternative hatten, als die alten Positionen der Aznar-Regierung zu vertreten. Die Wahl am 13. Juni wird zeigen, ob die Wähler dem Wahlkampfmotto der Sozialisten „Was für Europa gut ist, ist auch gut für Spanien“ oder dem der Volkspartei „Was für Spanien gut ist, ist auch gut für Europa“ folgen. Nachdem in der Endphase der Aznar-Regierung die spanische Europapolitik zunehmend im Lande kritisiert wurde, ist zu erwarten, dass die neue Europalinie Zapateros als positive Wende vom Wähler verstanden und bei der Europawahl anerkannt wird.

Rajoy fällt die schwierige Aufgabe zu, die mögliche Niederlage gegenüber seiner Partei schlüssig erklären zu müssen. Deutliche Wahlverluste werden mit großer Wahrscheinlichkeit sein politisches Schicksal besiegeln. Denn der nächste Parteitag der Volkspartei, der für Oktober vorgesehen ist, entscheidet über die kommende Führung und damit politische (Neu-)Ausrichtung des PP. Hält der PP jedoch sein Ergebnis von vor fünf Jahren, kann Rajoy dies als seinen Erfolg verbuchen und daraus politischen Profit für seine Zukunft als designierter Parteivorsitzender ziehen. Letztendlich jedoch wird der PP einer ausführlichen Diskussion über seine Europapolitik nicht ausweichen können.

Michael Däumer

Bericht einschl. Umfrageergebnisse von El País, Mai 2004 im Vergleich zu den EP-Ergebnissen 1999: siehe PDF - Datei

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