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Benedikt kommt nach Freiburg - Warum?

Heinz-Joachim Fischer in Freiburg

Bericht

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Auch in Freiburg wird die Debatte um den Besuch des Papstes Benedikt XVI. sehr emotional geführt. So fanden nicht alle Gäste einen Sitzplatz im Haus zur Lieben Hand. Über 130 Menschen waren der Einladung der Konrad-Adenauer-Stiftung und des Colloquium politicum gefolgt.

„Wir freuen uns auf den ersten offiziellen Staatsbesuch des Papstes Benedikt XVI. in seinem Heimatland Deutschland!“, stellte Thomas Wolf, der Leiter des Freiburger Bildungswerkes der Stiftung, eingangs fest. Mehr als 100.000 Menschen hätten sich allein in Freiburg zu den Messen des Papstes angemeldet. Wann seien jemals zuvor in Freiburg so viele Menschen auf den Beinen gewesen?

Bei allem Respekt müsse aber auch Raum für kritische Fragen bleiben, wie sie beispielsweise im aktuellen Band der Stiftung „Politik und Religion – Der Papst in Deutschland" von Vertretern verschiedener Religionen und Konfessionen formuliert werden.

Der Referent, Heinz-Joachim Fischer, ist promovierter Theologe, Journalist und Publizist und hat sich in über drei Jahrzehnten als Korrespondent der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ für Italien und den Vatikan tiefe Einblicke in die Welt des Vatikans erworben. Er begleitete Papst Benedikt – wie schon dessen reisefreudigen Vorgänger Johannes Paul II. - auf ihren pastoralen Reisen und schrieb zwei Bücher über den deutschen Papst.

Mit Konrad Adenauer, der als gutes Beispiel für ein „nicht spannungsloses aber entspanntes“ Verhältnis zum Katholizismus und zum Vatikan dienen könne, begann Fischer seine Ausführungen.

Das Bild vom Papst und der katholischen Kirche in den Medien sei oft verzerrt und gebe nicht die wahren Proportionen wieder. Fischer warb um Verständnis für die Perspektive Roms. Er erklärte die Sichtweise des Papstes zu kritischen Themen wie etwa zur Ordination von Frauen oder zur Geburtenkontrolle. Die Kirche als „älteste Kulturinstitution der Menschheit“ sei nur deshalb so alt geworden, weil sie über Jahrhunderte stets an ihrer Lehre festgehalten, und ihr Mäntelchen nie nach dem Wind gehängt habe.

Aus Sicht des Papstes sei der Weg der Kirche von Gott vorgegeben. Sein großes Anliegen sei die Einheit und Einigung der Weltkirche.

Benedikt nehme sich dabei selbst nicht so wichtig. Als 265. Papst in einer langen kirchlichen Tradition könne er sich gewiss sein, dass ihm die Nummer 266 folgen werde. Sein Ziel sei es nie gewesen, die Kirche zu verändern oder zu reformieren, sondern sie zu erhalten, zu einigen und zu festigen. Die katholische Kirche werde in 50 Jahren vermutlich ein anderes Gesicht haben, an ihrem Fortbestehen sei jedoch - trotz aller Krisen - nicht zu zweifeln.

Der Deutsche Katholizismus sei einem Großunternehmen vergleichbar, das in verschiede Bereiche wie Gesundheits-, Bildungs- und Sozialwesen aufgefächert sei. Das Wesentliche der Kirche, die Verkündung des Glaubens, drohe dabei manchmal in den Hintergrund zu treten. Vielleicht, gab Fischer zu bedenken, sei es an der Zeit, sich wieder stärker auf den eigentlichen Kern der Lehre zu besinnen?

Der Referent verschwieg nicht die Pannen, Versäumnisse und Irrtümer der katholischen Kirche und ihres Oberhaupts. Die Regensburger Rede Benedikts, die zu heftigen Kontroversen im Dialog mit dem Islam geführt hatte, die Aufhebung der Exkommunikation des Holocaust-Leugners Bischof Williamson, die viele Juden vor den Kopf gestoßen hat, oder die gravierenden Missbrauchsfälle in Einrichtungen der Kirche.

Papst Benedikt unterscheide in seinem Festhalten an den Traditionen zu wenig zwischen dem „Unverrückbaren im katholischen System und dem Reformierbaren“. Während Fischer die Aufhebung des Zölibats unter den gegenwärtigen Bedingungen für wenig wahrscheinlich hielt, sei die Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zur vollen Kirchengemeinschaft in der Eucharistie durchaus vorstellbar.

Wohin führt Benedikt XVI. die Kirche? Fischer betonte, dass Papst Benedikt XVI. nicht führe, sondern lenke und leite. Im Unterschied zu Johannes Paul II., der auf seinen Reisen die Begegnung von Angesicht zu Angesicht suchte und auch die direkte Konfrontation nicht scheute, betreibe der Intellektuelle Benedikt lieber theologische Studien und vermittle seine Botschaft in Büchern.

Fischer sprach sich für einen „unaufdringlichen“, „gelassenen Katholizismus“ aus. Der Papst verkünde eine sehr alte Botschaft, die gerade heute ihre Bedeutung habe, und verdiene es, als wichtige Stimme im „schrägen Chor“ der Moderne gehört zu werden.

Nach dem Vortrag entspann sich eine angeregte Diskussions- und Fragerunde. So empfand mancher Katholik die zuweilen scharfzüngige Kritik am Besuch des Papstes, die in vielen Medien breiten Raum gefunden hat, als herabwürdigend. Heinz-Joachim Fischer blieb gelassen. Die Kritik an der Kirche, auch in polemischer Form, sei ein Erbe der europäischen Aufklärung. Schon vor Jahrhunderten seien die Kirchenfürsten heftigem Spott ausgesetzt gewesen, weil sie damals zugleich auch die weltlichen Herren waren.

Auch die Frage, ob die katholische Lehre zur Empfängnisverhütung in einer überbevölkerten Welt noch ethisch vertretbar sei, wurde kontrovers diskutiert.

Befragt nach der Zukunft der Weltkirche, hielt es Fischer für sehr unwahrscheinlich, dass die Kardinäle noch einmal einen Europäer zum Papst wählen würden. Es bleibe abzuwarten, wie sich die katholische Kirche dadurch verändern werde.

Auch die Frage, ob die Kirche in der heutigen Krise nicht mehr Führungsstärke brauche, ließ Fischer offen. Für eine Bilanz des Pontifikats Benedikts XVI. sei es noch zu früh. Erst mit einigem zeitlichen Abstand werde sich eines Tages herausstellen, ob das Beharren Benedikts XVI. auf dem Traditionellen der richtige Weg gewesen sei.

Bei einem Glas Wein wurde die Diskussion anschließend weitergeführt. Die Debatte wird auch in den nächsten Tagen nicht verstummen. Die Worte des Papstes in Deutschland werden mit Spannung erwartet.

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Papst in Freiburg keine
Papst in Freiburg keine
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