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Veranstaltungsberichte

Islamophobie – Die Angst vor der Islamisierung Europas

Prof. Udo Steinbach in Lörrach

Vortrag des Bildungswerkes Freiburg der Konrad-Adenauer-Stiftung in Zusammenarbeit mit der Stadtbibliothek Lörrach

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Trotz herrlichen Sommerwetters war der Saal der Stadtbibliothek Lörrach überfüllt als der Islamwissenschaftler Professor Udo Steinbach, der ehemalige Leiter des Orient-Institutes in Hamburg, zum Thema: Islamophobie – Die Angst vor der Islamisierung Europas sprach.

Steinbach beschrieb zunächst die historische Dimension der Herausforderung Integration. Das Verhältnis zwischen Christentum und Islam sei jahrhundertlang stark belastet gewesen. Aus islamischer Perspektive galt das Christentum als Religion der Ungläubigen.

Aus Sicht des Westens ermöglichte erst die Aufklärung ein Nebeneinander der beiden Weltreligionen. Im 19. und 20. Jahrhundert dominierte der Westen die islamische Welt, der Islam spielte in dieser Wahrnehmung nur eine geringe Rolle. Mit der islamischen Revolution im Iran, dem Erwachen eines neuen islamischen Selbstbewusstseins, der Suche nach einem eigenen, islamischen Weg und der – nach Einschätzung Steinbachs – falschen Reaktion der westlichen Welt auf diese Entwicklung, spitzten sich die Probleme zu.

Das „Wiedererwachen“ des Islam sei mit einer Phase starker Migration zusammen getroffen: Millionen von Zuwanderern trafen auf eine verunsicherte westliche Kultur. Zwei Kulturen, zwei Lebensentwürfe, prallten aufeinander. Stereotypen verfestigten sich und führten zu einer negativen Wahrnehmung des Islam.

Weder die deutsche Mehrheitsgesellschaft noch die islamischen Zuwanderer waren auf diese Situation vorbereitet. Die Terroranschläge des 11. September 2001 waren eine weitere Zäsur, die das Verhältnis zwischen der islamischen und der westlichen Welt erheblich belastet haben. Der folgende „War on terrorism“, habe zu einer Welle der Gewalt geführt, anstatt den Terror einzudämmen.

Eine wichtige Weichenstellung sei das Eingeständnis gewesen, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist. Die Migranten bleiben auf Dauer und planen ihren Aufstieg. Die Ernennung einer türkischstämmigen Muslima zur Sozial- und Integrationsministerin in Niedersachsen sei ein ermutigendes Beispiel für die muslimische Gemeinschaft in Deutschland. Für eine Begegnung „auf Augenhöhe“ sei es auch wichtig, dass Moscheen in die Mitte der Gesellschaft gehörten. Die Einrichtung von theologischen Fakultäten an deutschen Universitäten und die Einführung von muslimischem Religionsunterricht an deutschen Schulen seien weitere positive Entwicklungen, die zu einem modernisierten Islam führen könnten, der vollkommen „kompatibel mit dem Grundgesetz“ sei. Die Lehrer und Imame müssten in Deutschland ausgebildet werden, nicht in den Herkunftsländern.

Integration, nicht Assimilation sei die Zielsetzung. Auch in der islamischen Gemeinschaft in Deutschland setze sich nach und nach die Einsicht in die Notwendigkeit einer Erneuerung des Islam durch. Die Muslime seien aufgefordert, sich als Staatsbürger stärker im politischen und gesellschaftlichen Leben zu engagieren.

Integration sei eine gewaltige Herausforderung für beide Seiten. Die Mehrheitsgesellschaft müsse Raum schaffen für den Islam, ohne ihre essentiellen Werte aufzugeben: Religionsfreiheit ohne Nivellierung. Der Islam sei dagegen aufgefordert, sich für westliche Werte zu öffnen, ohne die eigene Religion zu verleugnen.

Viele Medien werfen nach Ansicht des Referenten ein „schräges Licht“ auf den Islam. Einzelfälle würden pauschal dem Islam angelastet. Sogenannte „Ehrenmorde“, die einen breiten Raum in der Berichterstattung einnehmen, seien kein Problem des Islam sondern ein Phänomen archaischer Gesellschaften.

Die weltpolitische Dimension des Dialogs des Westens mit dem Islam konnte nur angedeutet werden: Der Streit um die Aufnahme der Türkei in die EU, der Nahostkonflikt oder die kriegerischen Konflikte im Irak und Afghanistan seien wichtige Faktoren.

Das Zugehen Barack Obamas auf die muslimische Welt habe ein wichtiges Zeichen gesetzt. Der Ball müsse nun auch in die islamische Welt gespielt werden, auch dort müsse damit begonnen werden, Religionsfreiheit ernst zu nehmen.

In der Diskussion ging es unter anderem um den Beitrag der muslimischen Welt zu einer Verfestigung negativer Stereotype über den Islam. So habe der Zustand der islamischen Welt, in der es große Defizite bei Menschenrechten, Meinungsfreiheit und Demokratie gebe, nicht dazu beigetragen, im Westen das Vertrauen in die Reformfähigkeit und –Bereitschaft des Islam zu stärken.

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