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Veranstaltungsberichte

"Nun sag, wie hast Du's mit der Religion?" - Bibel und Literatur

von Annika von Berg

Film, Lesung und Gespräch

Patrick Roth liest bei einer gemeinsamen Veranstaltung des Kirchentag auf dem Weg Jena/Weimar und des Politischen Bildungsforums Thüringen aus seinen Werken und spricht über Religion als Quelle von Literatur.

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Im Zuge des Kirchentag auf dem Weg Jena/Weimar lud die Konrad-Adenauer Stiftung zu einer Veranstaltung unter dem Titel „Nun sag wie hältst Du’s mit der Religion?“ ein. Die Veranstaltung war dabei in aller erster Linie eine Lesung von Patrick Roth, Preisträger des Literaturpreises der Konrad-Adenauer-Stiftung 2003, der hier aus seinen Romanen der Christus Triologie vorlas und erklärte woher seine Inspiration für die Geschichten und die bildgewaltigen Erzählungen kommen. Des Weiteren waren zur Moderation Professor Dr. Michael Braun, Leiter des Referats Literatur, und zur Diskussion Dr. Frank Hiddemann, Kulturbeauftragter der evangelischen Kirche Mitteldeutschlands und Geraer Pfarrer, geladen.

Zunächst begrüßte jedoch Maja Eib die Gäste. Sie verwies in ihrer Begrüßung auf die Bedeutung des Dialogs bei Kirchentagen und die gemeinsame Perspektive von Kirche und Politik auf den Menschen. Letztlich sei die deutsche Gesellschaft jedoch pluralistisch angelegt, sodass die Frage nach der Religion in der Öffentlichkeit immer wieder diskutiert wird. Und so fördere auch die kesse Frage „Nun sag wie hältst Du’s mit der Religion?“ das soziale Konstrukt der christlichen Wertegemeinschaft und die Thematik der Glaubensfrage an sich zur Sprache zu bringen und zu spezifizieren. Hierbei sei Patrick Roth eine wichtige Rolle als „Botschafter zwischen alter und neuer Welt“ zuzuschreiben, denn er vermag es Zeitfragen sensibel zu diskutieren und die Aktualität biblischer Themen in der säkularen Welt zu thematisieren.

Einführung in das Thema

Professor Dr. Michael Braun sprach in seiner thematischen Einführung von einem Autoritätssturz der Bibel. So sei etwa Goethe nicht mehr so religiöse gewesen wie sein Vater und Thomas Mann habe in seinen Werken lediglich Ironie für die protestantische Leistungsethik übrig gehabt. Eine lange Zeit sei somit Religion kein relevantes oder ernsthaftes Thema in der Literatur mehr gewesen. Dies habe sich inzwischen jedoch wieder geändert und Literatur und Musik finden in der Religion als Inspirationsquellen wieder Interesse. So sei dies auch bei Patrick Roth der Fall. Dabei schreibt Patrick Roth, bekannt durch die Christus-Triologie, über Mythen und Wundern in farbenfrohen, bildgewaltigen Erzählungen und entdeckt unerschlossene Pfade wie etwa die Magdalena am Grabe.

Er erzählt in Form einer Verfremdung der Bibel, erzählt in Gleichnissen und versucht Lücken aufzuzeigen und Geheimnisse zu visualisieren. Dies sei notwendig, denn man benötige der Interpretationen und der offenen Erzählungen, so wie sie Roth liefert.

Filmvorführung

In der anschließenden Filmvorführung wurden Ausschnitte aus Patrick Roths elektronischem Tagebuch „In My Life“ gezeigt. Der Film zeigte 12 Orte und Station auf Roths schriftstellerischer Reise. Als besonders beeindruckend blieben hier die Kontrast in Erinnerung. Während er in einer Station noch in Sherman Oaks verweilt, einem Ort an dem alles greifbar ist und mit Geborgenheit einhergeht, ist er bei der nächsten Station in der Wüste des Death Valleys. Er selbst sagte in diesem Film, dass diese Wüste ihn an die judäische Wüste, so wie er sie sich vorstellte, erinnerte und jene Traumbilder schuf, die auch in der Christus-Triologie zu finden sind. Untermalt waren diese Szenen der Einsamkeit und absoluten Menschenleere mit der sakral klingenden Musik von Gustav Maler, die hervorragend die Stimmung der von Roth erschaffenen Traumbilder transportiert.

Roth führte hier an, dass die Ausflüge in die Wüste einer Sinnsuche gleichzusetzen sind, die in der Stille unweigerlich erfolgt und letztlich notwendig ist um in der heutigen Welt nicht unterzugehen.

Lesung

In seiner ersten Lesung las Roth aus Johnny Shines vor. Einem Roman, der in den 2000er Jahren spielt. In dem ersten Abschnitt erzählt Johnny Shines von einer Erzählung, die sein Vater ihm immer wieder erzählte. Es handelt sich dabei um die Geschichte des kindlichen Jesus, der von den heiligen drei Königen entführt wird und erstmals auf Judas trifft. Diese Geschichte stellt eine der für Roth typischen Nebenerzählungen der Bibel dar und ist ähnlich wie der zweite Abschnitt, in dem Johnny in einen Kirchenbrand gerät von großer Bildgewalt.

In einem weiteren Ausschnitt kommt ebenfalls wieder die Nutzung von Seitenpfaderzählungen zu tragen. So erzählt Roth in seinem Buch hier von Tirsa, die sich in Jesus Grab schleicht und nutzt auch hier die emotionalisierte und bildgewaltige Sprache, die ihm eigen ist.

Diskussion

In der anschließenden Diskussion fragte Braun wie die Musik und Literatur in Roths Werken zusammenkämen. Roth antwortete hier, dass es einerseits Lieblingsstücke seien und andererseits die im Film erwähnten Hölderlin Aufnahmen sind, die Landschaft aufluden und somit Los Angeles, die Stadt der Träume, greifbarer, unmittelbarer machte. Hiddemann stimmte hier der Wirkung von Musik oder Literatur, die eine seltsame Synchronität mit der Umgebung aufbaut und der damit einhergehenden surrealen Erfahrung zu.

In einer weiteren Frage wird das Motiv des Kirchenbrandes thematisiert. Roth sagte hier aus, der Brand als Teil der Erzählung sei vor allem aus eigener Erfahrung entstanden. Gleichzeitig, so Roth, habe das Feuer in seiner Metaphorik etwas Reinigendes und etwas Unendliches, denn die Asche, die zurückbleibt bleibe ewig. Hiddemann führte hier des Weiteren an, dass Brand und Feuer als etwas positives zu deuten sind, ähnlich des islamischen Schmetterlingsbildes.

Als sprachliche Grundlage für Roths archaische Sprache diente, so Roth auf Nachfrage von Braun, eine dtv Bibel mit Luthersprache im Anhang, aber auch eine Buber-Rosenzweig Übersetzung des alten Testaments, die einerseits vergessene Worte und andererseits eine besondere Satzstruktur mit sich brachten. Hiddemann fügte hier hinzu, dass das Lesen dieser Ausgaben und das Lesen der Bücher Roths schwer ist, aber aufgrund der Art und Weise sie zu lesen gleichzeitig eine religiöse Erfahrung sei.

In der letzten Diskussionsrunde führt Hiddemann schließlich an, dass mit Roths Werken die Religion als Literaturgenre wieder ernstgenommen wird, denn erst jetzt wird Religion zu einer relevanten Quelle der Literatur. Die starken Emotionen und die religiösen Erfahrungen seien selbst in Predigten nicht vorhanden, denn sie sind nicht Bestandteil der alltäglichen Frömmigkeit.

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Kontakt

Maja Eib

Maja Eib bild

Landesbeauftragte und Leiterin Politisches Bildungsforum Thüringen

maja.eib@kas.de +49 (0) 361 65491-0 +49 (0) 361 65491-11

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