Asset-Herausgeber

Veranstaltungsberichte

„Vorwärts und schnell vergessen? 25 Jahre Deutsche Einheit“

Ettersburger Gespräch

Gemeinsam veranstaltet Pfingst.Festival Schloss Ettersburg 2015

Asset-Herausgeber

Im Rahmen des Pfingstfestivals von Schloss Ettersburg fand eine gemeinsame Veranstaltung mit dem PBF Thüringen der Konrad-Adenauer-Stiftung statt, welche ebenfalls Themenkanon 25 Jahre Deutsche Einheit des diesjährigen Pfingsfestivals stand, wie der Direktor von Schloss Ettersburg Dr. Peter Krause in seiner Eröffnung unterstrich.

Der Historiker und Direktor der Stasi-Gedenkstätte Hohenschönhausen Dr. Hubertus Knabe widmete sich in einem Vortrag der nach seiner Auffassung ungenügenden und versäumten strafrechtlichen Verfolgung des SED-Unrechts und der ausführenden Täter.

In diesem Zusammenhang betrachtete er sowohl die Behandlung prominenter Täter als auch der Mitglieder der Sicherheitsorgane. Er bemängelte die unzureichende Ausstattung der Staatsanwaltschaften und Organe der Rechtspflege als auch die unterschiedliche Durchführung der Strafverfolgung und Überprüfung auf Tätigkeit bei der Staatssicherheit.

Größte Groteske bleibt dabei für ihn die Tatsache, dass das geltende DDR-Recht zur Bewertung der Verbrechen angewandt wurde, wodurch jede Diktatur proaktiv eine Präamnestierung der politischen Verhältnisse einer Diktatur theoretisch vornehmen könnte, wenn dies der übliche Weg der Sanktionierung von Diktaturen wäre.

Dabei geht es Dr. Hubertus Knabe nicht um Abrechnung oder Rache, sondern ethischer Bewertung beim gesellschaftlichen Neustart in der DDR. Die Opfer der SED-Diktatur, die zwar nicht inhaftiert oder offensichtlichen Repressalien unterworfen waren, aber deren Lebenswege durch Verweigerung von Aus-bildungs- und Berufschancen und durch nicht offensichtliche Zersetzungsmaßnahmen zerstört worden sind, hätten dies erwarten können.

Dennoch sei es sowohl bei der Verfolgung von Folterdelikten, Mauerschützen oder Fällen von Rechtsbeugung nur zu sehr wenigen Verurteilungen gekommen. Vermeintlich geringfügige Delikte wie Verletzung des Postgeheimnisses, für welche in der Gegenwart angesichts der Datenschutzdiskussionen höchste Sensibilität besteht, wurden kaum geahndet.

Bereits am 10 Jahre nach der Wiedervereinigung ist eine Verjährung für alle Delikte außer schwerer Kapitalverbrechen eingetreten. Dazu kam, dass in den Organen der Rechtspflege als auch Sicherheitsbehörden in den Neuen Ländern vielfach Personalkontinuitäten bestanden, wodurch die Opfer der SED auch im demokratischen Deutschland teilweise wieder mit den Tätern der DDR konfrontiert waren.

Diese pradoxe Situation wurde dadurch noch erhöht, dass DDR Funktionäre aus Regierung und Verwaltung entsprechend dem Rentenüberleitungsgesetz sehr gute Pensionen entsprechend ihrer früheren Tätigkeiten erhielten, während die SED-Opfer, die durch zerstörte Lebenswege und Haft große Einbußen erlitten, wiederum schlechter gestellt sind. Das nach Knabes Meinung langwierige Gezerre um Opferrenten und Haftentschädigungen mit sehr expliziten und strengen Voraussetzungen zur Auszahlung, sei in dieser Hinsicht kaum eine Anpassung an den Status der Täter.

Im anschließenden Gespräch mit dem Historiker Justus H. Ulbricht bedauerte Knabe gleichfalls den nachsichtigen Umgang mit der Partei SED, welcher es in ihren Nachfolge-parteien bedauerlicherweise gelungen sei ein Geschichtsbild zu etablieren, dass die SED-Diktatur häufig kaum als Diktatur wahrgenommen würde und das über die klassischen Milieus der heutigen Linkspartei hinaus.

Auf die Nachfrage Ulbrichts woran dies läge, führte Knabe aus, dass die DDR natürlich nicht im Gegensatz zum Nationalsozialismus offensichtliche Menschheitsverbrechen wie den Holocaust begangen habe, wodurch die Aufarbeitung der eher versteckten diktatorischen Elemente besonders wichtig sei. Allerdings habe er dabei Zweifel, da sowohl in den west- wie ostdeutschen Diskursen eher folkloristische Betrachtungen überwiegen.

Im Osten nachvollziehbar durch die Personalkontinuitäten und im Westen in Medien und teilweise Wissenschaft, die zur Zeit der Teilung häufig wohlwollend über die DDR als vermeintliche Alternative zur BRD berichteten und bei Politikern eher aus dem SPD-Bereich, die durch Abschluss von Verträgen und teilweise Duzfreundschaften mit SED-Führern harte Diskurse vermieden.

Daher glaubt Knabe auch nicht, dass ähnlich wie in der alten Bundesrepublik eine späte Auseinandersetzung mit der DDR-Diktatur erfolgt. Viel eher wird für ihn die DDR als unbewertete Episode ohne besondere Konnotation in die Geschichte Deutschlands eingehen, was auch daran läge, dass die Opfer auch in der DDR eher gesellschaftliche Randgruppen waren, während sich viele DDR-Bürger in der DDR eingerichtet hätten, wodurch die Repressionserfahrung kein Allgemeingut war.

Asset-Herausgeber

Kontakt

Daniel Braun

Daniel Braun

Leiter des Auslandsbüros Nordmazedonien und Kosovo

daniel.braun@kas.de +389 (2) 3217075 +389 (2) 3217076

comment-portlet

Asset-Herausgeber