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Veranstaltungsberichte

“Wie lange warten bis der Arzt kommt?“

Die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung in Thüringen

Erfolgreiches 37. Oppurger Gespräch

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Die Konrad-Adenauer-Stiftung geht in die Region – mit diesen einführenden Worten begrüßte Helmut Kranz zahlreiche interessierte Bürger und Ärzte zum Oppurger Gespräch. Die Veranstaltungsreihe im gleichnamigen Schloß erfuhr dabei am 4. April ihre inzwischen 37. Auflage.

Bereits die Titelfrage der Veranstaltung macht auf ein Thema aufmerksam, dass sich mehr oder weniger alle Thüringer stellen. Bevor jedoch das Podium von OTZ-Journalist Uli Drescher eröffnet wurde, boten zwei Impulsreferate Einblicke in die reale Ärztesituation in Deutschland und Thüringen. In einer Präsentation offerierte zuvorderst der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen Matthias Zenker die Aufgaben der Kassenärztlichen Vereinigung. So definierte Zenker anhand von Zahlenmaterial den möglichen Ärztemangel in Thüringen, wies zudem 247 offene Hausarztsitze aus. Probleme wie der Bevölkerungsrückgang, die Altersstruktur der Vertragsärzte in Thüringen und die fehlende Attraktivität der „Hausarztsitze“ im ländlichen Raum nannte der Thüringer beim Namen, sicherte gleichzeitig den Gästen zu, dass die aktuellen aber auch kommenden Probleme in der Kassenärztlichen Vereinigung erkannt seien. (Die PPT zum Vortrag von Herrn Zenker finden Sie hier.)

Das bestätigte auch Michael Domrös, der als nächster Referent eine Bresche für die Aufgaben der VDEK – Verband der Ersatzkassen schlug. Der Leiter der Landesvertretung Thüringen warf die Frage auf, ob es einen Unterschied zwischen gefühlten und realen Ärztemangel gäbe. In seinem Impulsreferat zeichnete sich ab, dass Handlungsbedarf besteht und der VDEK nach Ideen sucht, um Thüringer Standorte für junge Ärzte attraktiver zu machen. (Die PPT zum Vortrag von Herrn Domrös finden Sie hier.)

Die Podiumsdiskussion war schnell eröffnet, denn um die Versorgungssituation in Thüringen, besonders im ländlichen Raum zu sichern, eventuell noch zu verbessern, machen sich Entscheidungsträger wie Kommunen, Land, Wirtschaft und ärztliche Standesvertreter inzwischen ernsthafte Gedanken. Schnell entspann sich im Oppurger Schloß ein lebhaftes Gespräch über die Versorgungssituation vor Ort, dem Saale-Orla-Kreis, aber auch den regionalen Standortfaktoren wie Infrastrukturen, wirtschaftliche Dynamik oder attraktive Wohnmöglichkeiten.

Das erkannte auch MdL Christian Gumprecht. Der Gesundheitspolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Thüringer Landtag wies dabei die aktuellen Trends im Gesundheitswesen auf. Nach seinen Recherchen bevorzugen junge Ärzte die Klinik als Arbeitsplatz und wohnen viel lieber in den Städten, obwohl die Wurzeln oft in den ländlichen Räumen liegen. Ein weiterer deutschlandweiter Trend bezieht sich auf artverwandte Berufe, die die jungen Mediziner nach ihrem Studium bevorzugen. Gumprecht erkannte, dass der Arztberuf einem Wandel unterliege.

Anschließend kommentierte Dr. Nils Dorow die beiden Impulsreferate „Die Statistiken hängen dem realen Leben hinterher“. Der Facharzt für Allgemeinmedizin mahnte fehlende Rahmenbedingungen für junge Ärzte an. Gleichfalls stellte der Neustädter die Abrechnungsmodalitäten der Thüringer Ärzte in Frage. Das Ausfüllen zahlreicher Anträge erschwere den Ärzten die eigentliche Arbeit. Zukunftsträchtig klangen die Forderungen „Patienten müssen wissen, Medizin kostet Geld“ und die „Forderung nach transparenten Zahlen bei Leistungen“, die auch von den weiteren Rednern des Abends aufgegriffen wurden. Denn unter den Zuhörern befanden sich zahlreiche Haus- und Fachärzte der Region, die täglich mit Problemen zu kämpfen haben: So wurden die Stundenlimits kritisiert, die Hausarztarbeit als Knochenarbeit betitelt. Die hohen Belastungen, ungeregelte Arbeitszeiten, unattraktive Standorte und an vierter Stelle die Bezahlung seien Ursachen für einen immer größer werden Ärztemangel, der übrigens in anderen Bundesländern noch gravierender ausfällt.

Gottfried Schugens indes rät zur Schaffung von interessanten Ansiedlungsbedingungen für junge Mediziner. Das Landesvorstandsmitglied beim Sozialverband VdK Hessen-Thüringen sprach dabei auch die Sorgen der Wohlfahrtsverbände und Pflegedienste in Thüringen an. Einen weiteren Impuls gab Christian Gumprecht, der das Technologiezentrum in Altenburg hervorhob. Der Landtagsabgeordnete schlug vor, ähnliche Zentren auch für den medizinischen Bereich zu initiieren, um den Standort attraktiver zu mache. Gleichfalls berichtete Gumprecht über Kommunen, die die ärztliche Versorgung vor Ort mit eigenen Praxen sicherten. Der Landtagsabgeordnete forderte gesetzgeberische und organisatorische Maßnahmen auf Bundesebene an und erinnerte an das Versorgungsgesetz. Er verlangte eine neue Sicht auf die Definition zur Unterversorgung. Gleichfalls forderte Gumprecht eine gerechte Finanzierung sowie eine Reduzierung der Barrieren zwischen ambulant und stationär.

Ein weiterer Redebeitrag spann einen Bogen über neue Zugangsvoraussetzungen an Universitäten für angehende Mediziner. Gleichfalls verstand ein interessierter Bürger nicht die Maßnahmen der Zentralisation der Rettungsdienste und formulierte die Frage nach möglichen Fahrkostenrückerstattungen. Genauso mahnten die Ärzte an, dass eine hohe Bürokratisierung die eigentliche Arbeit in den Hintergrund stellt.

Die Ärzte forderten das Streichen von Regress- sowie Regelleistungsansprüchen. Ein freiberuflicher bzw. selbständiger Arzt solle, wie auf dem freien Markt, die Möglichkeit haben, Gewinne zu erzielen. Der Moderator Uli Drescher bat im Anschluss der Vorträge das Podium zu einem Abschlussplädoyer.

So waren sich die Teilnehmer einig, dass das Standortproblem in den nächsten Jahren bei den Hausärzten eine immer größere Rolle spielen wird. Jedoch kann diesem Anliegen nur mit einer hohen Sachlichkeit begegnet werden. Und mit dem Resümee: Ärzte und Patienten sollten gemeinsame Lösungen finden, fand sich ein breiter Konsens, der noch auf lange Sicht intensivere Gespräche und Diskussionen bedarf. ks

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