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Veranstaltungsberichte

60 Jahre Römische Verträge. Errungenschaften des Europäischen Binnenmarktes

von Daniel Braun, Katharina Wall
Gespräch

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Unter dem Thema „60 Jahre Römische Verträge. Errungenschaften des europäischen Binnenmarktes“ lud das Politische Bildungsforum Thüringen am 09. März in die Wisentahalle Schleiz ein. Geladene Referenten waren Ministerpräsident a.D. Dieter Althaus, Dr. Matthias Bauer, Leonhard Nossol, Stefan Gruhner MdL sowie als Moderator Ulli Sondermann-Becker.

Maja Eib, Leiterin des Politischen Bildungsforums Thüringen, eröffnete die Veranstaltung mit der Hervorhebung der aktuellen Relevanz der Römischen Verträge und wünschte den Anwesenden interessante Impulse und Gespräche.

Römische Verträge als Grundlage für Europas Zukunft

Zu Beginn seines Vortrages zitierte Dieter Althaus den ehemaligen Bundeskanzler Ludwig Erhard mit den Worten „Erst auf dem Boden einer gesunden Wirtschaft kann die Gesellschaft ihre eigentlichen Ziele erfüllen.“ Die Kraft der sozialen Marktwirtschaft schienen Erhard und Adenauer bewiesen zu haben und so versuchte Adenauer, die Nachbarn Deutschlands mit einzubinden. Althaus betonte an dieser Stelle, dass die Römischen Verträge die Grundlage für ein starkes Westeuropa waren und es auch heute noch sind und dass Integration hauptsächlich durch freien Handel geschieht.

Als Vizepräsident Governmental Affairs von Magna Europe stelle Althaus besonders heute fest, dass gerade technologische Entwicklungen aber auch die Bedürfnisse der Menschen im Bereich der Mobilität sich rasant verändern und neue Antworten gefunden werden müssen. Um diese auch weiter liefern zu können braucht es zum einen freie Märkte mit Spielregeln, welche regulierend wirken und zum anderen sich profilierende Unternehmen, die neue Technologien integrieren.

Zum Schluss seines Vortrages betonte Althaus, dass die Römischen Verträge ihre Struktur- und Politikfähigkeit bewiesen hätten und auch weiterhin die Grundlage für Europas Zukunft seien.

Rückblick und aktuelle Perspektiven Europas

Dr. Matthias Bauer strukturierte seine Ausführungen in vier Punkte und stellte diese unter den Titel „EU 2017 – Sanierungsfall, aber kein Auslaufmodell“. Zu Beginn beschrieb er den Geist der Gründerväter 1957 in Rom, wo sich die Idee einer „Europäischen sozialen Marktwirtschaft“ entwickelte und die Römischen Verträge unterzeichnet wurden. Anschließend nannte Bauer in wenigen Punkten die wichtigsten Meilensteine in der Geschichte Europas. Auch auf die Frage, inwiefern Thüringer von der EU profitieren würden, ging er ein und merkte an, dass 33% der Umsätze von Thüringer Unternehmen Exportumsätze seien, was bereits recht gut zu bewerten sei. In seinem letzten Punkt konzentrierte sich der Referent auf die Probleme Europas. Zu kritisieren sei die Komplexitätsreduktion in der öffentlichen Debatte, in welcher es stetig um „immer mehr Europa“ bzw. „weniger Europa“ ginge. Generell seien als Fehlentwicklungen derzeit die Forderungen nach einem europäischen Finanzministerium und die schlecht regulierte EU-Migration in nationale Sozialsysteme zu bewerten. Aufgrund der aktuellen Einstellung der Bürger gegenüber der EU sei es höchste Zeit für Ehrlichkeit, Aufklärung und eine sachlich geführte Grundsatzdiskussion.

Europa à la carte als Modell für die Zukunft

Im Anschluss an die beiden Vorträge übernahm Ulli Sondermann-Becker das Wort und leitete die Podiumsdiskussion ein. Stefan Gruhner beschrieb in einigen Sätzen die Aufgaben des Europaausschusses im thüringischen Landtag, wobei es hauptsächlich darum geht, die Gesetzesinitiativen der EU auf die Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips zu prüfen. Leonhard Nossol ging als Geschäftsführer der Zellstoff- und Papierfabrik Rosenthal auf die Erleichterungen ein, welche der europäische Binnenmarkt dem Unternehmen beschert. Hierzu gehören demnach vor allem das unkomplizierte Leisten und Empfangen von Gütern und Dienstleistungen aus dem europäischen Ausland sowie das Beschäftigen ausländischer Arbeitnehmer. Während dem Gespräch betonte Althaus an einer Stelle, dass der Grund für die Schwierigkeit, in einer Gemeinschaft Regeln festzulegen, in der mangelnden Diskussionsbereitschaft der Politik läge, was vor allem mit der Angst vor einer Gefährdung des Gesamtprojektes zusammenhängen würde. Er sprach sich demnach für eine echte Inhaltsdebatte sowie mehr effektive Regeln und Standards aus. An Bauer gewandt stellte Sondermann-Becker die Frage, worin er eine stabile Zukunft für Europa sehen würde. Dieser plädierte für ein „Europa à la carte“, wonach sich jeder Staat aussuchen dürfe, was er in Europa mitmacht und was nicht. Somit würde man die Lehren aus dem Brexit ziehen und die einzelnen Länder entscheiden lassen, ob sie in den Bereichen der Wirtschaft, inneren Sicherheit und anderen involviert sein möchten. Auch manche Gäste aus dem Publikum beteiligten sich an der Podiumsdiskussion mit einzelnen Fragen oder Anmerkungen zu dem Thema und merkten beispielsweise an, dass der Drang der EU zu einer Regulierung von alltäglichen Gebrauchsgegenständen doch sehr stark sei oder dass der vorangehenden Diskussion der Aspekt des Wertewandels innerhalb der einzelnen Nationalstaaten fehlen würde.

In einer letzten Fragerunde wollte Sondermann-Becker von den Gästen wissen, was sie von Europa in den nächsten zehn Jahren erwarten würden. Nossol, Althaus und Gruhner teilten eine recht positive Einstellung gegenüber den hoffentlich kommenden Veränderungen, betonten jedoch auch, dass Europa aus den jüngsten Geschehnissen wie dem Brexit und auch den kommenden Ereignissen wie den Wahlen in den einzelnen Nationalstaaten lernen müsse. Bauer war an dieser Stelle verhaltener und wünschte sich eine engere Zusammenarbeit in den Themen innere und äußere Sicherheit sowie eine andere Migrationspolitik. Außerdem warb er erneut für die Vorzüge eines „Europa à la carte“.

Am Ende des Abends bedankte sich Maja Eib bei den Gästen für die spannende Diskussion und ergänzte zum Schluss die Bedeutung mutiger Politiker, Bürgerinnen und Bürger für die Zukunft Europas.

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