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Veranstaltungsberichte

Bildung statt Fundamentalismus

von Maja Eib
Einblicke in die aktuelle gesellschaftliche und politische Situation in Afghanistan

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Der Afghanistanexperte und langjährige Oberstarzt der Bundeswehr Dr. Reinhard Erös sprach am 18. April 2013 vor einem großen Auditorium von Studenten und interessierten Bürgern über die aktuelle Situation in Afghanistan. Die Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Erfurt öffnete hierfür ihre Türen, so dass der Vortrag in dem historischen Ambiente der Kilianikapelle im Kreuzgang des Erfurter Domes stattfinden konnte.

Nach einführenden Worten und einem Dank an den Dekan der Kath.-Theol. Fakultät Prof. Dr. Michael Gabel und die KAS-Stipendiaten durch die Thüringer Landesbeauftragte der Konrad-Adenauer-Stiftung Maja Eib berichtete Dr. Reinhard Erös mit seinen profunden Kenntnissen über das Land Afghanistan und dessen Entwicklung in den letzten 30 Jahren. Nach dem Motto „nur wer die Vergangenheit kennt, kann die Zukunft einschätzen und gestalten“ machte Erös deutlich, wie wichtig es ist Kenntnisse der historisch-politischen Gegebenheiten und des jeweiligen Kulturkreises zu besitzen, in dem man sich bewegt und arbeitet. In seinem Vortrag ging er sowohl auf die religiösen, als auch auf die gesellschaftspolitischen Prägungen insbesondere der Paschtunen ein. Erös machte deutlich, wo die aktuellen Herausforderungen des Landes liegen und verwies auf die nicht zu unterschätzenden komplexen Stammesstrukturen im Süden und Osten, die Beziehungen zwischen paschtunischen Dörfern, den oft undurchsichtigen Verbindungen zwischen Politikern, Drogenhändlern, Warlords, kriminellen Banden und den militanten Religiösen. Mit der Erfahrung von 14 Auslandseinsätzen mit UN- und Hilfsorganisationen in weltweiten Krisengebieten beurteilt er den aktuellen Einsatz der NATO kritisch. Es ist für ihn schier unmöglich als Soldat und Entwicklungshelfer gleichzeitig zu fungieren. Dies würde die Soldaten und die regionale Bevölkerung gleichermaßen überfordern. Von der normalen Bevölkerung Afghanistans geht keine Gefahr aus, so Erös, „die tatsächliche Gefahr kommt von den Koranschulen in Pakistan, die mehr als 5 Millionen Koranschüler – auch Taliban genannt – in mehr als 17.000 Schulen kostenlos unterrichten, verpflegen und unterbringen. Werden diese radikalisiert, bilden sie damit ein unerschöpfliches Reservoir an Taliban-Kämpfern für Afghanistan und Pakistan, ein Land welches mittlerweile mit zum gefährlichsten der Welt geworden ist.

„Will man Afghanistan nach vielen Jahren Krieg, Bürgerkrieg und Ausnahmezustand wieder eine Zukunft schenken, so muss man in die Köpfe investieren“, so Erös, der mit seiner Familie über die „Kinderhilfe Afghanistan“ als Privatinitiative ca. 2000 afghanische Mitarbeiter finanziert um Schulen, Krankenstationen, Waisenhäuser und Lehrlingswerkstätten zu baut und zu betreiben – vor allem in den gefährlichen Provinzen im Südosten Afghanistans. Erös betonte, dass seit gut 11 Jahren alle Einrichtungen der Kinderhilfe Afghanistan friedlich und ungestört arbeiten, auch ohne militärischen „Schutz“ durch ausländische Soldaten. Durch Bildung und Berufsausbildung erhalten junge afghanische Mädchen und Jungen, Frauen und Männer, eine Chance auf einen guten und angemessen bezahlten Beruf; „sie sind die beste Maßnahme gegen Fundamentalismus und Terrorismus“, so der Gründer der Kinderhilfe Afghanistan. Den angekündigten Truppenabzug der NATO wird man aus seiner Perspektive deshalb mit Gelassenheit entgegen sehen.

Am Ende der Veranstaltung gab es noch zahlreiche Publikumsfragen und viele persönliche Gespräche, die insbesondere die Koranschulen in Pakistan und die konkrete Arbeit der Kinderhilfe Afghanistan betrafen. Aus der Perspektive der Jugend bedankte sich Anna Mlejnek, Stipendiatensprecherin der KAS an der Uni Erfurt, bei der Familie Erös für ihr Engagement für die Menschen in Afghanistan und die persönliche Einschätzung der aktuellen Lage Afghanistans.

Einige Gäste nahmen sich vertiefende Literatur mit; so das Buch von Reinhard Erös:

Unter Taliban, Warlords und Drogenbaronen. Eine deutsche Familie kämpft für Afghanistan, 2008 erschien bei Hoffmann und Campe in Hamburg.

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