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Veranstaltungsberichte

Das SED-Justizunrecht und seine Aufarbeitung

Vortrag mit Gespräch

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Dr. Grasemann stellte in seinem detailreichen und juristisch exzellenten Vortrag die Herrschaftspraxis im DDR-Justizwesen dar. Dabei stellte er die normale Justiz der politischen Justiz gegenüber und verdeutlichte die permanent gegebenen Interventionsmöglichkeiten, um in allen Bereichen gewünschte Urteile zu erhalten. Anhand bestätigter Dokumente zeigte er die Praxis bereits vor der Gerichtsverhandlung bis ins Detail den Ablauf und Strafmaß zu planen. Ziel war auch bei politisch motivierten Prozessen dennoch juristisch stringente Beweisketten aufzuzeigen, damit ein rechtsstaatlicher Charakter postuliert werden konnte.

In diesem Zusammenhang wies er auch die Beteiligung des Politbüros der SED nach, welches stets letztinstanzliches Kontroll- und Urteilsorgan blieb, wie etwa in einem Beispiel, wo Walter Ulbrichts persönliche Randnotiz als Festlegung des Strafmaßes für das Gericht identifiziert werden konnte. Die daraus resultierende Willkür im Einzelfall arbeitete Dr. Grasemann ebenfalls hervorragend aus, womit er gleichzeitig den unbestimmten Charakter politischer Paragraphen wie gegen politische Hetze, Staatsverleumdung, verbotene Kontaktaufnahme etc. darstellte, da Verfolgung und Strafmaß situationsbedingter Beliebigkeit folgten. Dabei wurden Verstöße gegen die auch von der DDR unterzeichneten Schlussakte von Helsinki der KSZE deutlich bzw. sogar offene Intervention gegen Rezipienten des Reformprozess in der Sowjetunion seit Gorbatschow.

In diesem Zusammenhang erörterte Dr. Grasemann auch den schwierigen Weg der Rehabilitierung der Opfer, da laut Einigungsvertrag nur nach DDR-Gesetzen rechtswidrige Taten verfolgt werden konnten, was im Einzelfall häufig langwierige Aufarbeitung erforderte bzw. nicht möglich war. Diese Tatsache steht der häufig von ehemaliger Täter- und Funktionärsseite angeprangerte „Siegerjustiz“ gegenüber, welche eben nicht Rechtsnormen als Grundlage der Verurteilung heranzog, die in der DDR nicht existierten.

Ein weiteres Problem bei der Aufarbeitung ist, dass die DDR-Organe häufig politisch Verfolgte kriminalisierte und sie wegen „normaler“ Vergehen aus dem Strafrecht inhaftierte. Die häufig fingierten Verfahren sind leider aufgrund der lang zurückliegenden Zeitspannen oft nicht mehr rekonstruierbar gewesen, wodurch keine Rehabilitierung erfolgen konnte. Die anschließende Diskussion richtete sich insbesondere auf diese Fälle.

Gerhard Günther wies dabei auf die Notwendigkeit der Aufarbeitung hin, die insbesondere für die Opfer wichtig ist. Gleichzeitig stellte er die teilweise schlechtere Lebenssituation der ehemaligen Opfer gegenüber den Tätern dar, welche mit der Durchsetzung der Opferrenten zumindest teilweise ausgeglichen werden können.

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