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Veranstaltungsberichte

Der Islam in seinen Facetten. Historische Hintergründe und aktuelle Entwicklungen

Gespräch im Altenburger Land

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Am 08.11.2016 fand im Ratskeller in Altenburg eine Veranstaltung zu dem Thema „Der Islam in seinen Facetten – Historische Hintergründe und aktuelle Entwicklungen“ statt. Als Referent war Dr. Carsten Polanz, Hochschuldozent für Islamwissenschaft an der FTH Gießen geladen. Die Moderation übernahm Christoph Zippel MdL. Nach einem einleitenden Grußwort durch Daniel Braun, wissenschaftlicher Mitarbeiter des PBf Thüringen, begann der Vortrag mit einer sich anschließenden Fragerunde.

„Toleranz ohne Wahrheit?“

Zu Beginn seines Vortrages stellte Dr. Polanz die Problematik im Umgang mit dem Begriff der Toleranz dar – die aktuelle Flüchtlingskrise habe mehr denn je die Frage nach den eigenen Werten und der Identität geschürt, sodass es schwer falle Toleranz eindeutig von Desinteresse zu unterscheiden. Den Menschen in den europäischen Gesellschaften sei es schlichtweg egal, ein hohes Maß an Gleichgültigkeit präge das gesellschaftliche Miteinander mehr als ein inhaltlicher Diskurs über Themen und Sachverhalte, die alle beträfen.

Der Islam und seine Facetten

Im weiteren Verlauf des Vortrags wurde auf Ereignisgeschichte in Bezug auf das Leben des Propheten Mohammeds Bezug genommen- so könne man zwei konkrete Lebensphasen identifizieren, die unmittelbar Auswirkungen auf die Außenwirkung der sich neu gebildeten Glaubensrichtung des Islams gehabt hätten. So seien die toleranteren und milderen Aussprüche jener Phase zuzuordnen in der sich der Prophet Mohammed mit seinen Anhängern noch in der Minderheit gegenüber den anderen verbreiteten Glaubensrichtungen auf der arabischen Halbinseln konfrontiert sah (610 n. Chr.), die aggressiveren und auf Expansion ausgerichteten Aussprüche auf der zweiten Phase (ab 622 n. Chr.) zugehörig, in der der Islam als Glaube einen großen Zustrom an Anhängern erfahren habe. Von 622 n. Chr. Bis zu seinem Tod 632 n. Chr. agierte Mohammed als Staatslenker und Kriegsherr in Medina. Neben den historischen Grundlagen ging Dr. Polanz auf die verschiedenen Konfessionen im Islam ein und betonte damit, dass man nicht von dem „einen“ Islam sprechen könne.

Die 6 Glaubensartikel und die 5 Säulen im Islam

Um ein Verständnis für den Islam zu entwickeln und sei es unerlässlich, laut dem Referenten, sich inhaltlich mit den Kernpunkten und Glaubensinhalten dieses Glaubens zu beschäftigen. Zum einen nannte Dr. Polanz die sechs Glaubensartikel , die den Glauben an Allah als alleinigen Gott, in Abgrenzung zum Polytheismus, beinhalten, sowie verschiedene Engel und böse Geister erwähnen, den Glauben an die Bücher Allahs aufzeigen , Propheten und Gesandte, den Glauben an den Tag der Auferstehung und zuletzt den Glauben an die göttliche Vorbestimmung aller Dinge inkludierten. Die fünf Säulen des Islam stellten das Glaubensbekenntnis, das rituelle Gebet, Entrichtung von Almosen das Fasten im Ramadan sowie nach individueller Möglichkeit die Pilgerfahrt nach Mekka dar.

Der Koran als sogenannte „Mutter der Schrift“ beinhalte Suren, die weder zeitlich noch inhaltlich geordnet seien und Reflektionen über Gottes Wesen, Prophetengeschichten und Straflegenden beschrieben. Man könne darüber hinaus von einer Adaption und Islamisierung biblischer Berichte und Gestalten sprechen – angefangen bei Adam über Noah bis hin zu Abraham, David und Jesus. Bemerkenswert sei der fehlende Bezug zur tatsächlichen Ereignisgeschichte.

Rechtslage im Islam

Im letzten Teil seines Vortrags sprach Dr. Polanz die Lage der Menschen-, Frauen- und Freiheitsrechte im Islam an. Man müsse sich darüber im Klaren sein, dass es im Islam eine klare Trennung zwischen Angehörigen des „wahren“ Glaubens, also des Islam, und eben jenen die „Andersgläubig“ sind, gebe. Trotzdem dürfe man nicht vergessen, dass zwischen der theoretischen Darlegung und der tatsächlichen Praxis im Alltag große Unterscheide vorherrschten. Gerade diese Diskrepanz mache das Thema und den Umgang mit Muslimen so komplex – die Praktizierung des Glaubens in unterschiedlicher Intensität und je nach Auslegung eröffne neue Facetten. Des Weiteren wurde der oftmals missverstandene Begriff des Dschihad vom Referenten angesprochen und klar definiert. So beschriebe das Wort an sich die Anstrengung eines jeden Gläubigen gotteskonform innerhalb der Gesellschaft zu agieren und durch gute Taten sich den Weg ins Paradies offen zu halten. So werde beispielsweise gegen die eigene Begierde gekämpft, gegen die Satangestalt und den Glaubensabfall. Auch Missionsarbeit zählt zum Dschihad. Zwar werde dieser Begriff häufig in Bezug auf Gewaltakte genutzt, allerdings müsse man sich darüber bewusst werden, dass dieser Begriff viel mehr bedeute. Anders als im Christentum gebe es kein Heilsversprechen, weswegen der Gläubige im Islam sich eher um sein Seelenheil kümmern müsse. Auch die Scharia als Regelwerk des islamischen Glaubens wurde angesprochen. Diese stelle allerdings einen nicht kodifizierten und interpretationsbedürftigen, nicht abgeschlossenen Strafrechtskatalog dar, die das Leben der Gläubigen bis ins Detail organisiere.

Die „Kairoer Erklärung der Menschenrechte im Islam“ von 1990 sei ein Beispiel für das Verständnis von Menschenrechten in der islamischen Welt gewertet werden und Dr. Polanz machte deutlich, dass die einzelnen Rechte, wie die Gleichheit der Menschen, nur unter der Bedingung der Konformität mit der Scharia als solche anerkannt werden würden. Gegen Ende des Vortrags beschrieb der Referent die aktuellen muslimischen Aufrufe zu mehr Nachdenklichkeit, Ehrlichkeit und Selbstkritik innerhalb des Islams.

In der sich anschließenden Fragerunde wurde unter anderem das Gebot der Verschleierung thematisiert, aber auch die Frage aufgeworfen, inwiefern man der Gleichgültigkeit in der „westlichen“ Gesellschaft entgegenstehen könne. Es wurde innerhalb des Gesprächs verdeutlicht, dass gerade auch der Begriff des „Friedens“ in der muslimischen Welt anders definiert sei als in westlichen Gesellschaften.

Nach einem kurzen Schlusswort von Christoph Zippel MdL endete die Veranstaltung.

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