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Veranstaltungsberichte

Die Kirche und ihre Finanzen: Staatsleistungen-Aufsicht-Transparenz

von Elisabeth Helbig, Elisabeth Helbig
Vortrag und Podiumsdiskussion

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In Kooperation mit der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Erfurt, sowie mit dem Bund Katholischer Unternehmer, veranstaltete das Politische Bildungsforum Thüringen der Konrad-Adenauer-Stiftung am 21.01.2015 eine Podiumsdiskussion zum Thema: „Die Kirche und ihre Finanzen: Staatsleistungen-Aufsicht-Transparenz“.

Nach einleitenden Begrüßungsworten durch Maja Eib, Landesbeauftragte der Konrad-Adenauer-Stiftung, und Prof. Dr. Myriam Wijlens, Professorin für Kirchenrecht an der Ka-tholisch-Theologischen Fakultät, sprach der frühere Generalvikar und Ökonom und derzeitige Dompropst des Erzbistums Köln, Prälat Dr. h.c. Norbert Feldhoff, über das Thema Kirche und Vermögen.

Durch Skandale – wie bspw. um den Limburger Bischofssitz – sei nicht nur das Vertrauen in die Finanzaufsicht der Kirche stark gesunken. Vielmehr käme die Kirche in Erklärungsnöte hinsichtlich des Zweckes und der Verwendung der finanziellen Mittel. Prälat Feldhoff verwies auf jährlich etwa 11 Milliarden Euro an Kirchensteuermitteln sowie 480 Millionen Euro an Staatsleistungen für die katholische und evangelische Kirche in Deutschland. Dies werfe unweigerlich Fragen auf, wie solch hohe Einnahmen im Einklang mit den Lehren Jesu stehen könnten – gerade zu den Zeiten, in denen Papst Benedikt XVI. eine Entweltlichung der Kirche und Papst Franziskus eine arme Kirche für die Armen forderten.

Mit Blick auf den Fokus der Veranstaltung führte Feldhoff seine Gedanken zu Staatsleis-tungen, Aufsicht und Transparenz aus. Erstere sind vertraglich vereinbarte Vermögens-leistungen durch den Staat an die Religionsgemeinschaften (Artikel 138 Absatz 1 Weimarer Reichsverfassung; Artikel 140 GG), die aus teils Jahrhunderte zurückliegenden Enteignungen resultieren. Diese seien heute in ihrer Höhe kaum mehr zu vermitteln, zumal bereits die Weimarer Reichsverfassung 1919 eine behutsame Entflechtung durch eine wertgerechte Ablösung gefordert hatte. Ein solches Unterfangen sei jedoch weder vom Reichstag noch vom Bundestag angegangen worden.

Das mag daran liegen, dass die Umsetzung einer solchen wertgerechten Ablösung nicht mit einem abrupten Wegfall der Zahlungen vollzogen werden könne, sondern beispielsweise mit einer Einmahlzahlung, deren Höhe in Literatur auf das 15-40-Fache geschätzt werde. Diesen Betrag aufzubringen seien jedoch weder Bund und Länder in der Lage, noch könne die Kirche das Geld annehmen, ohne dem Verdacht der „Geldgier“ ausgesetzt zu sein. Ebenso sei eine einheitliche Regelung schon deshalb sehr schwierig zu erzielen, da die Staatsleitungen sowohl die katholische, als auch die evangelische und jüdische Glaubensgemeinschaft in Deutschland betreffen würden.

Feldhoff könne sich jedoch eine außerparteiliche Regelung vorstellen und fragt, ob es nicht an der Zeit wäre, mit neuen, kreativen Vorschlägen auf die Länder zuzugehen, um zu einvernehmlichen Lösungen zu kommen? Denkbar sei zum Beispiel eine Umorientierung der staatlichen Zahlungen zur Förderung eines gesellschaftlich relevanten Zweckes.

Feldhoff hob gleichzeitig hervor, dass ein solcher Ansatz für das Erzbistum Köln ohne wei-teres umsetzbar sei, da die Staatsleitungen dort lediglich einen Anteil von 0,3% des Ge-samthaushaltes ausmachten. Im Gegensatz dazu würden die Staatsleistungen in den neuen Bundesländern in einem erheblichen Umfang zur Finanzierung der Haushalte der Bistümer und Landeskirchen beitragen, sodass ihnen eine ganz andere Bedeutung zukäme (Bistum Magdeburg: 18%). In der Einschätzung der Situation der Kirchen in Ost- und Mitteldeutschland wurde Feldhoff innerhalb der anschließenden Podiumsdiskussion durch Stefan Große, Oberkirchenrat der Evangelischen Landeskirche Mittelthüringen (22,3%), und Winfried Weinrich, Ordinariatsrat des Bistums Erfurt, bestätigt. Aus diesem Grund, so Feldhoff, müsse es hier eigene, an die regionale Situation angepasste Denkanstöße geben.

Für die Rehabilitation kirchlicher Glaubwürdigkeit seien zwei weitere Punkte entscheidend: Aufsicht über kirchliche Verwaltung und Transparenz hinsichtlich der finanziellen Mittel. Nicht nur in kirchlichen Angelegenheiten, sondern grundsätzlich sei die Aufsicht durch Kontrollinstanzen immer ein wichtiger Aspekt, wenn es um die Verwendung von Vermögen gehe. Um dies zu gewährleisten gebe es entsprechende kirchenrechtliche Rahmenrege-lungen und ausreichend Kontrollorgane, sofern diese trotz einer Berufung und Ernennung durch den Bischof diesen sachlich und kritisch beraten würden. Feldhoff verglich die gel-tenden rechtlichen Bestimmungen und vom Recht vorgesehen Kontrollinstanzen mit der Straßenverkehrsordnung: auch diese sei im Prinzip gut, nur müsse man sich auch daran halten. Aufsichtsämter in Kontrollorganen müssten mit „nüchternen Gehorsam“ ausgeübt werden, der sich an der Wahrheit orientiere. Nur dann könnten Bischöfe sachlich, kritisch und persönlich unabhängig in finanziellen Fragen beraten werden. Dies wäre ein weiterer Schritt, die Glaubwürdigkeit der Kirche wiederherzustellen.

Mit Blick auf die hohen Einnahmen müsse Kirche darauf achten, dass in der Gesellschaft nicht der Eindruck entstehe, als sei ihr eigentlicher Gott der Mammon. Dies könne vor allem durch einen transparenten und kontrollierten Umgang mit finanziellen Mitteln verhindert werden. Feldhoff machte deutlich, dass die für Bistümer sehr schwer sei ihr Gesamtvermögen gemäß den Vorschriften des Handelsgesetzbuches zu bilanzieren, was bisher noch kein Bistum in Deutschland getan hätte. (Das Erzbistum Köln plane im Februar 2015 als erstes in Deutschland, seine Ausgaben und Einnahmen transparent der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.) Die Schwierigkeiten bestünden vor allem darin, den finanziellen Wert von nicht wirtschaftlich genutzten Gebäuden wie kirchlich getragenen Krankenhäusern, Kindergärten und Gottesdienststätten (z.B. Kölner Dom) zu ermitteln.

Nach all diesen Überlegungen dürfe nicht das Ziel sein, die finanziellen Mittel der Kirchen abzuschaffen und aus den Kathedralen auszuziehen. Vielmehr stünde die Kirche vor der Herausforderung, den eigenen Gläubigen als auch der Gesellschaft die kirchlichen Ver-mögensverhältnisse glaubhaft zu erklären, indem deren eigentlicher Zweck herausgestellt werde. Dieser liege bspw. in der Verkündigung der frohen Botschaft, der Ausübung von Seelsorge für alle Menschen, in der Übernahme sozialer Verantwortung und auch der kul-turellen Förderung. Dies könne jedoch nur durch gute und transparente Kommunikation erreicht werden. Dompropst Feldhoff endete mit einem Ausspruch von Johannes Chrysostomos, der ein Impuls für die Kirchen in Deutschland darstellen könnte: „Armut fürchte ich nicht, Reichtum begehre ich nicht“.

Im Anschluss leitete Prof. Dr. Myriam Wijlens in die Podiumsdiskussion über, die mit kurzen Statements der Podiumsteilnehmer Antje Tillmann MdB und finanzpolitische Sprecherin der CDU/CSU Fraktion im Deutschen Bundestag, Oberkirchenrat Stefan Große, Leiter des Finanzreferats der Evangelischen Kirche Mitteldeutschlands, und Thomas Höche, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater der Solidaris Revisions-GmbH, begann. Als Hauptpunkt der Diskussion kristallisierte sich die Thematik Staatsleistungen heraus. Unter den Referenten bestand vornehmlich Konsens, dass eine Gesetzesänderung zum jetzigen Zeitpunkt weder auf landes- noch bundespolitischer Ebene zur Debatte steht. Stefan Große, wie auch Winfried Weinrich für die katholische Kirche, erwähnten den besonderen Stellenwert der Staatsleistungen für die ostdeutschen Länder, die in die Ende des 20. Jahrhunderts geschlossenen Staats-Kirchen-Verträge aufgenommen wurden. Eine Ablösung im Sinne eines vorschnellen, großzügigen Verzichts lehnte Großeer daher ab, vor allem wenn man sich vor Augen führe, was die Kirche an die Gesellschaft zurückgebe. So flossen nach Großes Angaben allein im vergangenen Jahr ca. 72 Millionen Euro (Steuerabgaben, Gehälter, etc.) zurück in die Gesellschaft. Feldhoff begegnete der Diskussion mit dem Wunsch nach mehr Flexibilität. Man müsse eine Ablösung der Staatsleistungen nicht zwingend flächendeckend praktizieren. Man könne ja dort anfangen, wo es möglich sei.

Dem Vorschlag aus dem Publikum, dass einerseits der Staat auf den Ertrag verzichte, den er von den Kirchen erhält, um die Kirchensteuer einzuziehen, und andererseits die Kirchen auf einen gleichwertigen Teil der Staatsleistungen verzichten würden, begegnete sowohl die Bundestagsabgeordnete Tillmann als auch Stefan Große und Prälat Feldhoff mit Ablehnung, weil es zu schwierig sei, aufgrund der Komplexität von Kirchensteuer und Staatsleistungen einen für alle Beteiligten, d.h. katholische, evangelische und jüdische Glaubensgemeinschaft, befriedigende Lösung zu finden.

Zum Ende der Diskussion äußerte Dr. Feldhoff den Wunsch, dass innerkirchlichen Stimmen für die Ablösung der Staatsleistungen ernst genommen werden sollten, da sie nicht grundlos aufgekommen seien.

Abschließend bedankte sich Klaus Georg Schmidbauer, Mitglied des Bund Katholischer Unternehmer, sowie 1. Vorsitzender der Diözesangruppe Erfurt, mit einigen Worten für diesen gelungenen Abend bei den Teilnehmern der Diskussion, den Gästen und vor allem Prälat Feldhoff und lud zu weiteren persönlichen Gesprächen und Begegnungen im Rahmen eines Empfangs ein. Dieser Einladung folgten die Gäste gern.

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Maja Eib

Maja Eib bild

Landesbeauftragte und Leiterin Politisches Bildungsforum Thüringen

maja.eib@kas.de +49 (0) 361 65491-0 +49 (0) 361 65491-11

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